Menschen lassen sich auch durch Altruismus, Fairness- und Gerechtigkeitserwägungen leiten

by Dirk Elsner on 29. Juli 2009

Die aktuellen Berichte über Bonuszahlungen, Abfindungen und dem Managerverhalten sorgen für vorhersehbare Empörungsreflexartige des Publikums. Dabei wird gern übersehen, dass unbedingter Eigennutz gar nicht das Verhalten dominiert. In der FAZ war in einem Bericht über die immer mehr Anerkennung findende Verhaltensökonomik zu lesen:

“Die Ergebnisse der Experimentalökonomen zeigen den Menschen von seiner allzu menschlichen Seite: Er ist von Gefühlen und Neigungen, nicht allein von der Ratio bestimmt. Neben dem Streben nach Eigennutz gibt es auch andere Motive, die sein Handeln leiten: Altruismus, Fairness- und Gerechtigkeitserwägungen. Das Ziel der Verhaltensökonomik sei, eine allgemeine Theorie des menschlichen Verhaltens zu finden, hat der Münchner Spieltheoretiker Klaus Schmidt auf der vergangenen VfS-Jahrestagung gesagt. "Das ist ein bisschen wie die Suche nach dem heiligen Gral.

Bis zu einer universellen Theorie – so sie denn möglich ist – braucht es wohl noch viele Experimente, die in den Labors durchgespielt werden. Im Göttinger "Blauen Turm" wird Claudia Keser zunächst mit Varianten des sogenannten "Trust game" beginnen. Dabei geht es um die Frage, ob man anderen Vertrauen schenkt und ob diese vertrauenswürdig sind."

 

nixda Juli 29, 2009 um 11:40 Uhr

Die Frage ist, welche Erkenntnisse für die Praxis daraus zu ziehen sind. Fairness und Vertrauen hängen eng zusammen. Hier schließt sich auch der Kreis zu ihrem Beitrag über den „strukturellen Betrug in der Wirtschaft“. Wenn kein Vertrauen im Betrieb zwischen Management und Mitarbeitern und zwischen den Abteilungen herrscht, wird die tägliche Zusammenarbeit durch Absicherungs- und Kontrollhandlungen ineffizient. Dasselbe gilt für Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen.

Der Schluss aus der verhaltenssökonmischen Forschung, dass die hohen Bonuszahlungen für sich gesehen gar nicht so leistungsfördernd sind, wie häufig behauptet, ist natürlich naheliegend, und wahrscheinlich auch richtig.

Zwei weitere Aspekte sollten dabei aber nicht vergessen werden: Zum einen wirken die hohen Bonuszahlungen so, dass das Verhalten der Manager sich eindimensional nach erreichen der in den KPI festgelegten Messgrößen für die Bonusberechnungen ausrichten. Das kann nicht nur nach gesunden Menschenverstand nicht optimal sein, sondern stellt sich auch in der Praxis mittlerweile als evident dar.

Zweitens wirkt die intrinsische Motivation der Fairness natürlich auch auf die normalen Mitarbeiter und nicht nur auf die Führungskräfte. Eine Gehaltsverteilung, die als unfair oder ungerecht wahrgenommen wird, wirkt daher auch negativ auf die Mitarbeitermotivation.

dels Juli 29, 2009 um 12:36 Uhr

Danke für die Ergänzungen, die ich inhaltlich voll teile. In großen Betrieben sehe ich das immer häufiger bestätigt. Auf die Bonusproblematik ist der Blick Log zuletzt in diesem Beitrag eingegangen.

Die Bonussysteme können im betrieblichen Alltag nicht funktionieren, wenn Manager und Mitarbeiter jeweils ihre eigene Wohlfahrt maximieren. Sie steuern das Unternehmen damit direkt in eine Gefangenendilemma, unter dem das Unternehmen dann auch ökonomisch leidet. Die von Ihnen erwähnten Kontrollauswüchse gepaart mit Absicherungsmentalität und Reportingexzessen führen tatsächlich bei vielen Mitarbeitern, die nicht persönliche in Form von Bonizahlungen profitieren können, zu einer Dienst-nach-Vorschrift Mentalität oder gar zu innerer Kündigung.

Aber ich denke, man sollte fair sein. Vorgenannte Aussagen gelten nämlich längst nicht für alle Unternehmen.

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