Ein Jahr heiße Phase der Finanzkrise

by Dirk Elsner on 7. September 2009

Die zweite Septemberwoche ist angebrochen. Damit sind wir in der Woche, an derem Ende sich vor einem Jahr die Finanzkrise in das weltweite kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Am Sonntag Abend, dem 14. September scheiterten nämlich die Versuche, die Investmentbank Lehman zu retten (siehe dazu: Showdown für die Finanzmarktkrise an Wall Street). Ab diesem Zeitpunkt überschlugen sich die Meldungen.

Geglüht hat es freilich schon viel länger. So datiert das IWH-Halle in seiner Chronik den Beginn der Finanzkrise auf den Herbst 2006. Aber erst ab September 2008 erfasste die Feuerwalze die gesamte Branche, um dann auf die Realwirtschafts überzuspringen.

Heute, ein Jahr danach, scheinen zwar die größten Brände gelöscht. Es glüht aber immer noch an vielen Ecken. Und der Löschdampf vernebelt weiterhin den Blick auf den wirklichen Zustand der Finanzmärkte und der Realwirtschaft. Die Feuerwehren Notenbanken, Aufsichtsbehörden und Regierungen stehen weiterhin in Bereitschaft, um ein neues Aufflackern zu bekämpfen.

Die Autopsie der Krise hat längst begonnen, ohne bisher abschließendes Erklärungen zu bieten. Natürlich gibt es neben populären Ad-hoc-Erklärungen zahlreiche wissenschaftliche Tiefenbohrungen, mit denen sich schon jetzt eine Bibliothek füllen ließe. Allein die Lektüre des online verfügbaren Material lässt sich kaum noch überblicken.

Auffällig ist dennoch, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung der Krise im Sinne einer Gesamtschau im deutschsprachigen Raum vergleichsweise dünn ausfällt. Klar, es gibt eine Vielzahl von hervorragenden Einzelartikeln (siehe dazu Grundlagenbeiträge und Gesamtdarstellungen). Wirklich umfassende Gesamtdarstellungen sind aber bislang nur wenige zu finden. Die meiner Ansicht beste Darstellung kommt dabei von der Bank für internationalen Zahlungsausgleich, die in ihrem 79. Jahresbericht umfassend die Krise analysiert.

Überhaupt scheint die BIS die fleißigste Institution zu sein, was die Aufarbeitung der Finanzkrise betrifft. Enttäuschend dagegen, was deutsche Forschungsinstitute, Bundesbank oder BaFin bisher anbieten. Zwar finden sich immer wieder lesenswerte Einzelaufsätze, den Versuch einer vorläufigen Gesamtschau bleiben die Institutionen mit Ausnahme eines Themenheft Weltfinanzkrise des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle und des Sachverständigenrates bislang schuldig.

Von der deutschen Finanzbranche selbst erwarte ich keine publizistische Aufarbeitung der Ursachen der Finanzkrise mehr. Hier schlägt die Internationale Selbstanalyse der Finanzbranche ganz deutlich die dünne deutsche Analyse. Die deutschen Institute enttäuschen hier auf ganzer Linie.

Der Blick Log hat aus Anlass des Jahrestages seine Mindmaps zur Finanzkrise aktualisiert und wird diese ab Dienstag vorstellen. Außerdem ist in den letzten 12 Monaten eine umfangreiche Linksammlung entstanden, in der sich die Finanz- und Wirtschaftskrise noch einaml durchstöbern lässt. Hier die Themen:

1. Specials und Übersichtseiten

2. Grundlagenbeiträge und Gesamtdarstellungen

3. Wirtschafts- u. Immobilienkrise, Geld- und Währungspolitik

  1. Wirtschaftslage und -politik
  2. Geld- und Währungspolitik

  3. Ausgewählte betroffene Länder und Branchen

  4. Immobilienkrise

4. Prognosen

5. Banken, Finanzmärkte und -instrumente

1. Bankenkrise

2. Finanzmärkte und -instrumente

3. Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften

4. Bad Banks, Verbriefungen und “toxische Wertpapiere”

5. Finanzierungs- und Kreditklemme für Unternehmen

6. Zur neuen Finanzordnung

7. Psychologie

8. Philosophie, Ehtik und Gesellschaft

9. Wissenschaft und Medien

10. Krisenmangement für Unternehmen

11: Weitere Links

1. Blogs

2. Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute

3. Humor

tunk September 12, 2009 um 13:13 Uhr

Erstmal, großartige Aufbereitung der Krise … man wird zwar fast erschlagen mit Infos, findet aber eine Menge Rosinen.

Zu Peter Schiff muss man sagen, dass er der österreichischen Schule anhängt und sich darauf versteift, dass die Wurzel ALLEN übels nicht in der Übertreibung der Märkte und ihrer Irrationalität liegt, sondern in der losen Zentralbankpolitik der letzten Jahre … Markets are still perfect …

Dazu vielleicht auch ganz interessant:
http://www.wifo.ac.at/wwa/servlet/wwa.upload.DownloadServlet/bdoc/VT_2009_104$.PDF

tunk September 12, 2009 um 14:15 Uhr

Einen hab ich noch: Beitrag von Deutschlands Chef-Reformator Otmar Issing

Anforderungen an eine neue Finanzmarktordnung

https://www.schaeffer-poeschel.de/download/leseproben/978-3-7910-2917-7.pdf

Joss September 12, 2009 um 09:50 Uhr

Fuer einen Rueckblick im weitesten Sinn,
falls noch unbekannt (habe darauf hier schon mal darauf
hingwiesen) das „Peter Schiff Video“, bestehend aus drei
News Shows im US Fernsehen mit Finanzexperten, die schon
mal ziemlich daneben prognostizieren und empfehlen:
http://www.youtube.com/watch?v=2I0QN-FYkpw

und, dazu passend, Bill Maher. TV Moderator, der spaeter
dann Art Laffer, zu sehen im ersten Teil des Videos, und der schon recht daneben lag, in einer Comedy-show eben dazu
befragt, auch zu einer Penny Wette, auf die er sich einliess.
Da lernt man Art Laffer als Windbeutel kennen, der erst
mit groester Gewissheit Sachen sagt und behauptet und
letztendlich froh sein muss wenn bloss in einer Comedy
Show darueber gelacht wird.
http://www.youtube.com/watch?v=z3WjgKUf-kA

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