Smava begrüßte Mikrokreditinitiative des Arbeitsministeriums

by Dirk Elsner on 14. September 2009

Am Samstag gab das Bundesarbeitsministerium bekannt, dass Gründer und junge Unternehmen mit geringem Kapitalbedarf künftig auf ein innovatives Förderinstrument zurückgreifen können: Der neue Mikrofinanzfonds Deutschland soll ihnen einen besseren Zugang zu kleinvolumigen Darlehen ermöglichen. Die Verträge für das Pilotprojekt, mit dem bundesweit Mikrofinanzierungen gefördert werden, wurden heute in Frankfurt unterschrieben. Initiatoren sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die GLS Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken sowie die KfW Bankengruppe. Der Fonds umfasst zunächst ein Volumen von insgesamt 2 Mio. EUR, jeder Projektpartner ist mit 500.000 EUR engagiert.

Nach Presseberichten in der vergangenen Woche über die Mikrokreditinitiative fragte ich bei Smava nach, wie man dort die Aktivität einschätzt und bewertet. Smava ist eine von mehreren Online-Kreditbörsen (Fachwort ist peer-to-peer-lending), die direkt Kredite zwischen Kreditnehmern und Kreditgebern bis 25.000 € vermitteln (mehr zu Smava in diesem Artikel). 

Mich interessiert, wie Smava diese Initiative bewertet und daraus möglicherweise sogar eine Konkurrenz sieht. Vom Smava-Geschäftsführer und Mitgründer, Alexander Artopé, erhielt der Blick Log das folgendes Statement noch vor der Bekanntgabe weiterer Details durch das Arbeitsministerium:

Ein genauer Vergleich ist schwer, da das Konzept noch nicht vorliegt, sondern nur in den Medien darüber berichtet wurde. Aber: smava findet diese Initiative gut! Sie bestätigt, dass bei jungen Unternehmen ein enormer Bedarf besteht, der durch Banken aktuell nicht gedeckt wird. Sehr viele Existenzgründer können notwendige Anfangsinvestitionen nicht tätigen oder keine Mitarbeiter einstellen. Gerade im europäischen Vergleich fehlt in Deutschland eine Mikrokredit-Initiative für junge Unternehmen.

Auf den ersten Blick richtet sich die Initiative des Bundes an dieselbe Zielgruppe wie smava, da junge Unternehmen Mikrokredite von bis zu 20.000 EUR in Anspruch nehmen können. Denn über smava werden Kredite an Selbständige von bis zu 25.000 EUR vermittelt.

Auf den zweiten Blick sieht man aber die Unterschiede recht deutlich: Erstens richtet sich der Mikrokredit-Garantiefonds primär an Existenzgründer. smava hingegen finanziert nur Selbständige mit einer Mindestbetriebsdauer von 2 Jahren, so dass bereits Daten über die Kapitaldienstfähigkeit vorliegen.

Zweitens erscheint die Antragsstellung bei smava einfacher und schneller: smava prüft nur die Kapitaldienstfähigkeit und nicht weitere Zusatzkriterien wie beispielsweise die Ausbildungsbereitschaft. Die Schnelligkeit der Geldbereitstellung beim Mikrokredit-Garantiefonds ist durch den Antragsprozess und die Zusammenarbeit mit einer Bank eher in Wochen, denn in Tagen zu taxieren. Bei smava hingegen ist der Prozess sehr schnell: eine Auszahlung des Kredites ist bereits innerhalb von 2-3 Tagen nach Antragsstellung möglich. Drittens gibt es smava schon heute – der Mikrokredit-Garantiefonds startet erst 2010. Wer heute einen Kredit braucht, sollte also lieber zu smava gehen 😉

Im Ergebnis wird deutlich, dass smava nicht direkt mit oben genanntem Garantiefonds verglichen werden kann. Insofern ist der Mikrogarantie-Fonds auch keine Konkurrenz zu smava. Im Gegenteil, viele Personen bezeichnen smava auch als Mikrokredit-Angebot, was stimmt. Denn: sowohl smava als auch die Initiative des Bundes finanzieren beide kleine Unternehmen – nur in verschiedenen Phasen.

Für klassische Banken sind Mikrokredite bisher nicht attraktiv. Gleichwohl sieht der Bundesverband nach einem Bericht auf Welt-Online steigenden Bedarf:

 

Das Potenzial für das Microlending ist groß. 400 000 Existenzgründungen gibt es jedes Jahr, viele aus der Arbeitslosigkeit heraus. "Wir rechnen damit, dass aufgrund der Wirtschaftskrise die Nachfrage nach Mikrofinanzierungen ab 2010 steigen wird", sagt Christine Münch, Mikrofinanzierungsexpertin beim Bundesverband deutscher Banken. Für gewisse Kunden wie Kioskbesitzer, Wirte und Studenten könne das gerade jetzt ein wichtiges Instrument sein, um ein Unternehmen zu starten.

Microlending richtet sich aber nicht nur an Existenzgründer. Gerade Kleinunternehmer, die bereits am Markt tätig sind, benötigen oft weitere Darlehen von geringer Höhe – um zum Beispiel kurzfristig ein Projekt zu finanzieren. 40 Prozent von ihnen haben laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Interesse an einem Mikrokredit (siehe Interview). Falk Zientz von der GLS Bank schätzt die Anzahl möglicher Interessenten auf eine Million Unternehmen.

Einen kurzen Überblick über den internationalen Stand des P2P-Lendings ist hier bei American Banking News zu finden. Die Website TheNational aus Abu Dhabi sieht im Peer2Peer-Lending eine Antwort auf die Kreditkrise, eine Auffassung, die ich voll teile. Dabei werden sich künftig Peer2Peer-Kredite nicht auf Mikrokredite beschränken. Denkbar sind hier selbstverständlich auch andere Größenordnungen, zumal ein diese P2P-Marktplätze ja nicht einfach Kreditnehmer und Kreditgeber zusammenbringen. Ein Kreditnehmer kann durchaus durch verschiedenste Kreditnehmer finanziert werden, was für den Kreditgeber den Vorteil hat, sein Investment diversifizieren zu können.

 

Weitere Informationen zu Initiative des Arbeitsministeriums:

Innovativ ist der Mikrofinanzfonds aufgrund seiner besonderen Struktur: Er arbeitet wie ein Garantiefonds und nimmt Banken, die an Existenzgründer und junge Unternehmen Mikrokredite von bis zu 10.000 EUR mit kurzen Laufzeiten (ca. 2 Jahre) vergeben, das Kreditausfallrisiko vollständig ab. Die Vergabe eines Kleinstkredits wird dabei eng mit der Gründungsberatung verknüpft. Dazu bindet der Fonds bestehende Beratungseinrichtungen von  Ländern, Kommunen oder Städten ein. Diese müssen sich zuvor vom Deutschen Mikrofinanzinstitut e.V. akkreditieren lassen.

Die Betreuung durch einen Berater sorgt dafür, dass Erfolg versprechende Geschäftsideen identifiziert und den Banken zur Kreditvergabe empfohlen werden. Ferner muss sich die Beratungseinrichtung am Ausfallrisiko des Kredits beteiligen. Sie übernimmt 20% der Haftung der von ihm empfohlenen Mikrokredite. Deshalb hat sie ein wirtschaftliches Interesse, nur aussichtsreiche Fälle zu vermitteln. Gleichzeitig reduzieren sich durch die Beteiligung eines Beraters die Kosten der Kreditbearbeitung bei der Bank, da er bei der Kreditvergabe, der laufenden Betreuung sowie der eventuellen Schadensverfolgung eingebunden ist.

Deutsche und europäische Förderinstrumente werden beim Mikrofinanzfonds miteinander verknüpft: Neben Mitteln aus dem ERP-Sondervermögen, die das BMWI bereitstellt, sowie den Finanzierungsbeiträgen der KfW Bankengruppe und der privaten GLS Gemeinschaftsbank, fließen in den Fonds auch Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds, die vom BMAS verwaltet werden. Gleichzeitig optimiert der Fonds die Effizienz des öffentlichen Fördermitteleinsatzes: Gründungsberatung wird in der Regel öffentlich gefördert, ohne dass bislang für Unternehmen in der Gründungsphase ein Mikrofinanzierungsangebot sichergestellt werden konnte.

Der Zugang zu Mikrokrediten ist besonders problematisch, weil Darlehen an Gründer und junge Unternehmen mit höheren Ausfallrisiken behaftet sind. Zudem sind kleinvolumige Kredite aufgrund des Bearbeitungsaufwands und des vergleichsweise hohen Fixkostenanteils für Banken wenig attraktiv. Der neue Fonds soll durch sein innovatives Konzept dazu beitragen, den Kreditzugang für Gründer und kleine Unternehmen zu verbessern.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) will Kleinunternehmen in der Wirtschaftskrise mit Mikrokrediten helfen. Dafür soll ein Fonds mit einem Volumen von 100 Millionen Euro aufgelegt werden, aus dem kleine Firmen jeweils Darlehen von maximal 20.000 Euro erhalten können, wie aus einem Eckpunktepapier des Ministeriums hervorgeht

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