Next Banking Smava: Ein Kreditmarkt, auf dem selbst bestimmt wird

by Dirk Elsner on 10. Juni 2009

Next Banking ist das Stichwort im Bankensektor. Der Blick Log schaut neugierig auf die Entwicklungen im Bankensektor. Über meinen Blog habe ich Kontakt zu Alexander Artopé erhalten, einem der Geschäftsführer und Gründer der Kreditplattform Smava. Smava vermittelt Kredite direkt zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber (Stichwort Peer-to-Peer Banking). Gespannt sah ich beim Aktiencamp in Berlin erstmals eine (hier abrufbare) Präsentation von Artopé und war sehr interessiert an weiteren Informationen zum Geschäftsmodell. Das Unternehmen zeigt sich im Gegensatz zu den traditionellen Banken offen für die Community und hat meinen Wunsch auf Fragen an die Geschäftsleitung gern aufgenommen.

Blick Log: Bevor wir in die weiteren Fragen einsteigen: Können Sie bitte noch einmal Ihr Geschäftsmodell von Smava in drei oder vier Sätzen zusammenfassen.

Artopé: smava.de ist ein Online-Marktplatz für Kredite von Mensch zu Mensch. Personen, die einen Kredit benötigen, können sich über unsere Plattform von anderen Privatleuten Geld leihen. Dabei entsteht eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Kreditnehmer können den Zinssatz, den sie zu zahlen bereit sind, selbst festlegen, Selbständige tun sich leichter, einen Kredit zu bekommen, und Anleger erzielen eine vergleichsweise gute Rendite. Anders als bei Banken, die Kreditnehmern den Zinssatz vorgeben, entstehen auf smava.de Preise durch Angebot und Nachfrage. Der smava Kreditmarktplatz punktet durch den hohen Sicherheitsfaktor und bietet den Nutzern ein hohes Maß an Transparenz und Fairness.

Blick Log: Wie sind die Gründer von Smava ursprünglich auf die Idee gekommen? Welche Vorbilder hat es gegeben?

Artopé: Ein Marktplatz für Geld, auf dem Privatleute selbst bestimmen, was mit ihrem Geld geschieht, war längst fällig. Bei Banken liegen der Einlagenzins und der Kreditzins relativ weit auseinander – wie man zur Zeit sehr schön beobachten kann. Mit smava wollten wir eine neue Finanzdienstleistung schaffen, die Verbrauchern eine faire und transparente Alternative zu traditionellen Finanzhäusern bietet. Wir wollten ein Modell, bei dem sich Kreditnehmer und Kreditgeber auf Augenhöhe gegenüber stehen und Prozesse so transparent wie möglich für alle Teilnehmer gestaltet werden. Bei vielen Diskussionen über denkbare Modelle standen „Marktplätze“ durch die Erfahrung von Jörg Rheinboldt als Geschäftsführer eBay Deutschland naturgemäß im Vordergrund. Als ZOPA in England auf den Markt kam, reifte in uns schließlich der Entschluss, auch in Deutschland so eine Plattform aufzubauen – allerdings mit einem Ansatz, bei dem die Gemeinschaft stärker im Mittelpunkt steht.

Blick Log: Wie beurteilen Sie im Nachhinein den Weg der Behörden in Sachen Banking in Deutschland die notwendigen Genehmigungen zu erhalten.

Artopé: Da es sich bei smava um ein neues Geschäftsmodell handelt, gab es zu Beginn einen gewissen Abstimmungsbedarf. Das bedeutet einerseits, dass wir erst einmal ein juristisches Grundgerüst für die Prozesse definieren mussten und andererseits, mit den jeweiligen Behörden diese interaktiv abzustimmen.

Blick Log: Gerade dass BaFin gilt nach meiner persönlichen Erfahrungen als konservativ. Standen die Beamten dem Modell offen gegenüber oder mussten Sie viel Überzeugungsarbeit respektive entsprechender Dokumentation leisten?

Artopé: In erster Linie haben wir unser Modell mit unserer Partnerbank biw AG abgestimmt, so dass wir hier keine Aussage treffen können.

Blick Log: Wie erleben Sie den Umgang mit ihren Investoren? Wie sieht neben der finanziellen Einlage konkret der Alltag in der Zusammenarbeit aus?

Artopé: Unsere Investoren Earlybird (Dr. Christian Nagel) und Neuhaus Partners (Paul Jozefak) gehören zu den Top 3 Internet-Investoren in Deutschland und unterstützen uns in jeder Hinsicht. Earlybird hat mit der Finanzierung von Interhyp (Online-Immobilienkreditvermittler) bereits erfolgreiche Erfahrung im Finanzbereich. Ebenso hat Neuhaus Partners mit z.B. Doc Morris oder Blau.de Internet-Geschäftsmodelle finanziert, die eine Revolution am Markt ausgelöst haben. Im Ergebnis ist die Unterstützung sehr wertvoll für uns.

Blick Log: Welche Erweiterungspläne sind bei Smava geplant.

Artopé: Wir arbeiten permanent an unseren Produkten und Dienstleistungen. Die letzte Neuerung für Anleger war beispielsweise „smava professional“, ein standardisiertes Anlage-Portfolio für Anleger, die nur begrenzt Zeit zur Verfügung haben, um sich um ihre smava Geldanlage zu kümmern. Auch in den nächsten Wochen und Monaten sind einige Neuerungen geplant. Welche das im Einzelnen sind, möchten wir an dieser Stelle noch nicht verraten. Wir berichten jedoch zeitnah im smava Blog und im Forum über neue Features und Produkte, wenn es soweit ist.

Was die Erschließung neuer Märkte betrifft: Vor wenigen Monaten haben wir unser Geschäftsmodell auch auf dem Polnischen Markt eingeführt. Dass dieser Schritt die richtige Entscheidung war, zeigt sich in der positiven Entwicklung von smava.pl. Weitere Expansionen sind in naher Zukunft aber nicht geplant.

Blick Log: Bisher ist das Modell neben Privatkunden auch auf Kleingewerbekunden ausgerichtet. Denken Sie auch an die Vermittlung größerer Beträge, so dass möglicherweise auch mittelständische Unternehmen die Plattform für größere Summen nutzen könnten?

Artopé: Die Erweiterung des smava Kreditmarktplatzes um zusätzliche Kreditnehmer-Zielgruppen sowie die Erhöhung der maximalen Kreditsumme, die über smava.de vermittelt werden kann, ist natürlich immer eine Frage des Risikos. Selbständige und Freiberufler müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um für den smava Kreditmarktplatz zugelassen zu werden. Wir möchten das Risiko auf dem smava Kreditmarkplatz auch weiterhin so transparent und planbar wie bisher halten. Grundsätzlich sind wir aber nicht davon abgeneigt, über Erweiterungen nachzudenken.

Blick Log: Smava gehört ja zu den Vorzeigeunternehmen in Richtung Banking 2.0. Im welchem Umfang beziehen Sie die Kunden noch mit ein Foren, Bewertung, etc.

Artopé: Von unseren Nutzern bekommen wir häufig positives Feedback – insbesondere was die Transparenz auf unserem Marktplatz sowie die Möglichkeiten, aktiv Einfluss zu nehmen, anbelangt. Dennoch scheuen wir auch keine Kritik. Durch Tools wie das smava Forum oder die Kommentar-Funktion in unserem smava Blog räumen wir den smava Nutzern ganz bewusst die Möglichkeit ein, positive wie auch negative Kritik zu äußern. Und das nehmen auch viele smava Kunden wahr. Insgesamt ist die smava Community sehr aktiv. Es gibt Anleger, von denen man schon fast den Eindruck gewinnt, sie verbrächten 24 Stunden am Tag im Forum 😉 Im Forum diskutieren viele smava Nutzer intensiv über verschiedene Themen: Welche Auswirkungen haben Anleger-Pools auf einzelne Anlageentscheidungen? Lohnt es sich, in ein bestimmtes Kreditprojekt zu investieren? Mit welcher Anlage-Strategie fährt man am besten? etc. Die erfahrenen smava Anleger geben smava Neulingen dabei hilfreiche Tipps und Ratschläge. Und so soll es in einer Community schließlich auch sein.

Blick Log: Haben Sie Beispiele, welche Änderungen bei Smava von der Community bewirkt worden sind.

Artopé: In direkten Gesprächen mit smava Nutzern erhalten wir oft gewinnbringende Vorschläge. Beispielsweise haben wir in Gesprächen mit Anlegern herausgefunden, dass das Interesse und der Wille, Geld auf smava.de anzulegen, vorhanden ist, dass die Leute aber oft keine Zeit haben, sich mit dem smava Kreditmarktplatz und den einzelnen Projekten zu beschäftigen. Von einigen Anlegern wird die Geldanlage auf smava.de als relativ zeitintensiv empfunden. Das gab uns den Anlass, über eine einfachere, schnellere Geldanlage-Form nachzudenken. Im Ergebnis ist aus dieser Idee unser Anlageprodukt „smava professional“ entstanden.

Blick Log: Wie erleben Sie die traditionellen Institute in Bezug auf die Lessons learnt aus der Finanzkrise.

Artopé: Banken haben die Vertrauenskrise an den Finanzmärkten am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Ich denke, dass Selbstbestimmung und Transparenz, die zentraler Baustein eines Marktplatzes wie smava sind, auch mehr und mehr von Konsumenten bei Banken eingefordert werden. Hier haben Banken sicher noch Nachholbedarf.

Wer sich sonst ein wenig in das Social Banking einlesen will, dem empfehle ich die Artikelreihe von Lothar Lochmaier in Telepolis. Hier geht es zu Teil 1.

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: