Ackermann mit vier Lehren auf der Finance Week

by Dirk Elsner on 17. November 2009

Als ich am Montag Abend durch meine Standard Wirtschaftstreams scrollte, fielen mir verschiedenste Schlagzeilen vom Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann auf. Allerdings vier so unterschiedliche Schlagzeilen, dass ich unter dem Eindruck stand, er hat vier Reden auf vier verschiedenen Veranstaltungen gehalten. Dabei stammten die unterschiedlichen Schlagzeilen alle von der Finance Week im Congress Center der Messe Frankfurt. Der gestrige Tag stand unter dem Motto: “Finanzstandort Deutschland – Lehren und Konsequenzen aus der Finanzkrise” (hier das Programm als pdf)

FAZ: Neue Kapitalregeln – Ackermann warnt vor Überforderung der Banken

“Josef Ackermann hat davor gewarnt, dass strengere Regeln für die Banken mehr Kosten als Nutzen für die Allgemeinheit stiften könnten. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank regte auf einer Bankentagung in Frankfurt an, schärfere Eigenkapitalregeln für die Banken nur zeitlich gestaffelt einzuführen und Vorschriften für größere Kapital- und Liquiditätspuffer nicht an der Größe, sondern dem Risiko einer Bank festzumachen.”

Handelsblatt: Krisenprävention: Ackermann skizziert Banken-Notfallfonds

“Die Rettung von Banken soll zukünftig über einen „Notfallfonds“ finanziert werden, an dem sich die Kreditwirtschaft und die Staaten gemeinsam beteiligen könnten. Mit diesem Vorschlag überraschte gestern der Vorstandschef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, die Zuhörer auf der Branchenveranstaltung „Euro Finance Week“ in Frankfurt. Zwar werde man „möglicherweise am Ende akzeptieren müssen, dass der Staat in systemischen Bankenkrisen der Aktionär der letzten Instanz bleibt“, sagte Ackermann. Es lohne sich aber, über einen Fonds unter privatwirtschaftlicher Beteiligung nachzudenken, aus dem Banken im Notfall rekapitalisiert oder für eine geordnete Abwicklung gestützt werden könnten.”

FTD: Frankfurter Krisenorakel – Ackermann hält hohe Bankengewinne für Ausreißer

“Josef Ackermann hält die Krise für noch nicht ausgestanden. Der Vorstandschef der Deutschen Bank machte deutlich, dass die Milliardengewinne seines Hauses und vieler Rivalen in diesem Jahr noch kein Zeichen für normale Zeiten seien. "Die guten Zahlen spiegeln eine Sondersituation wider", betonte Ackermann am Montag.

Banken hätten zuletzt stark von den Stützungsaktionen der Notenbanken und Staaten weltweit profitiert. Diese löste zwar eine Anleiheflut an den Finanzmärkten aus, an der Investmentbanken kräftig Geld verdienten. Wie sich die Banken nach einer Normalisierung – ohne die staatlichen Milliarden am Markt – schlagen werden, ist Ackermann zufolge noch offen. Viele Experten erwarten, dass die Gewinne der Investmentbanken bereits 2010 wieder sinken.”

Spon: Finanzgipfel in Frankfurt – Banker lästern über Regulierungschaos

Ein Jahr nach dem Beinahe-Kollaps der Finanzbranche fassen die Banker wieder Mut: Bei einem Gipfeltreffen in Frankfurt debattierten Ackermann und Co. die Lehren aus der Krise – und mokierten sich vor allem über die Regulierungswut der Regierungen. …

[A]uch Ackermann streut Skepsis über die Rolle der Regierungen – und trägt dies eindringlich vor: Er fürchte die "Refragmentierung der Märkte", weil vor allem auf nationaler und regionaler Ebene strengere Regeln drohten. Global scheint die Regulierung der Finanzmärkte gewaltig zu stocken. Ackermanns Kommentar zu den internationalen Anstrengungen hört sich so auch an wie das Arbeitszeugnis für einen Mitarbeiter, in dem der Vorgesetzte durch die Blume dessen Unfähigkeit mitteilt. Es sei "anzuerkennen", dass die G-20-Staaten sich um ein koordiniertes Vorgehen "bemühen", sagt Ackermann.

Mit solchen Warnungen spricht er vielen Teilnehmern der Konferenz aus der Seele. Von den unterschiedlichen Ansätzen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank im Krisenmanagement wird an diesem Tag gesprochen. Ein Banker empört sich in der Pause darüber, dass die USA bislang nicht einmal die schärferen Eigenkapitalvorschriften des Regelwerks "Basel II" umgesetzt hätten. "Ich würde mir einmal wünschen, dass sich da eine internationale Phalanx bildet", sagt er. Davon sei aber nichts zu sehen.

Was da in der Summe allerdings von der Konferenz über die Medien vom heutigen Tag in die Öffentlichkeit geschwappt ist, klingt dünn und mager. Damit bestätigt sich das, was ich bereit Anfang November geschrieben haben: Nahtoderfahrung der Finanzkrise ist verblasst: “Waste of a crisis”?. Die Finanzkrise ist von der Tagesordnung von Banken, Regulierern und Regierungen verschwunden.  Viele der ursprünglichen Ansätze für eine neue Finanzordnung (siehe dazu Überblick in dieser Mindmap) werden in Ausschüssen und Konferenzen bis zur Unkenntlichkeit zerrieben. Vermutlich bis zum nächsten Crash. Danach wird wieder die Frage gestellt werden, wie es dazu kommen konnte, dass sich nach den Erfahrungen der Lehman-Pleite in den Jahren 2008 und 2009 so wenig geändert hat.

Und dennoch muss ich Herrn Ackermann hier ein Lob aussprechen. Ausgestattet mit dem Selbstbewusstsein eines gut laufenden Instituts unterstreicht er, wem die Bank die hohen Gewinne zu verdanken hat. Ich weiß zwar nicht, ob er den Beitrag “Goldman-Gewinn: Bonus-Anspruch für Geithner und Bernanke” gelesen hat, in jedem Fall hebt sich Ackermann mit diesen Aussagen wohltuend vom peinlichen Fauxpas des Goldman Chefs Lloyd Blankfein ab, der für sein Gewerbe in Anspruch nahm, nur "Gottes Werk" zu verrichten.

Weitere Berichte von der Finance Week

FAZ: Euro Finance Week Auf der Suche nach dem „Neuen Normal“

Zeit: Bundesbank-Chef fordert Ausstieg aus Krisenhilfen

Focus: Bankenbranche: Ackermann warnt vor Zerschlagung großer Institute

FTD: Bankenfonds Schützt euch selbst!

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