noa bank-Bashing durch Spiegel Online

by Dirk Elsner on 9. April 2010

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Mag Spon nicht: Auf Website der noa bank tummeln sich fröhliche Kinder

Wer diesen Blog regelmäßig liest, der weiß, dass der Blick Log den Newcomern im Bankbereich eine relativ zu ihrem Geschäftsvolumen hohe Aufmerksamkeit entgegenbringt. Das liegt vor allem daran, dass ich als ehemaliger Banker der Überzeugung bin, dass sich auch im Wettbewerb der Banken noch viel mehr tun muss. Und ein Weg dazu sind innovative Vertriebsansätze und Produkte. Institute, die moderne und spannende Ansätze verfolgen sind die häufig erwähnten Häuser noabank, Fidor Bank und Smava.

Ich weiß heute nicht, ob ihre Geschäftsmodelle allesamt aufgehen. Ich weiß aber, dass alle stark wachsen und mittlerweile die Aufmerksamkeit der etablierten Institute erwecken. Ich habe bei verschiedensten Gelegenheiten die Leiter aller drei Häuser persönlich kennen lernen dürfen. Sowohl Alexander Artopé (Geschäftsführer Smava), Matthias Kröner (Vorstand Fidor) und auch Francois Jozic (Gründer noa bank) machen auf mich einen hoch engagierten, sehr professionellen und von ihren Ideen tief überzeugten Eindruck. Sie stecken alle viel Herzblut, Zeit und Geld in ihre Visionen einer neuen Form des Bankings.

Mir ist aber schon seit Monaten klar, dass es früher oder später zu einer Auseinandersetzung mit der etablierten Finanzwelt (Zitat Kröner: „“Ablehnen, kritisieren, nachmachen”) kommen muss. Francois Jozic hatte das bereits vor einigen Wochen angedeutet. Aber auch Smava und Fidor mussten sich bereits Angriffe des “Establishments” gefallen lassen. Neue Ideen werden zwar in Sonntagsreden immer gefordert, aber im Alltag nicht gern gesehen.

Gestern hat Spiegel Online einen, wie ich finde, sehr heftigen Angriff auf die noa bank gefahren unter dem Titel:  “Noa in der Kritik – „Grüne“ Bank mit dubiosen Gründern”. Inhaltlich hat sich bereits Lothar Lochmaier, der in Deutschland wohl beste Kenner der neuen Banken, in zwei Blogbeiträgen mit dem Spiegel Artikel zur noa bank befasst (siehe “Noa Bank: Spiegel Online setzt zum Angriff an” und Noa Bank: Wie verdient das Finanzinstitut eigentlich sein Geld?). Für diese deutlich differenziertere Sichtweise interessieren sich aber weder FTD noch Süddeutsche, die beide unkritisch die Inhalte des Spiegel Beitrags übernehmen.

Ich bin mir nicht sicher, ob sich DER SPIEGEL eigentlich seiner journalistischen Verantwortung bewusst ist, wenn solche Beiträge ein gerade gegründetes Unternehmen treffen. Während Goldman Sachs oder eine Deutsche Bank solche “journalistischen Attacken” weglächeln und im Normalfall gar nicht reagieren, kann ein Institut wie die noa bank dadurch vom Markt geblasen werden.

Die noa bank wurde überrascht von dem Einlagenzuwachs in den ersten Monaten seit ihrer Gründung. Wenn man ihr zum Vorwurf macht, noch nicht alle Einlagen sofort als Kredit herausgegeben zu haben, dann hat der Autor die Mit-Ursachen der Finanzkrise nicht verstanden. Bekanntlich haben hohe Anlagegelder viele US-Banken erst dazu verleitet, ohne Prüfung Immobilienkredite an bonitätsschwache Kunden zu vergeben.

Als Beweis für ruppigen Umgang bezieht sich der Autor auf einen nicht verlinkten Beitrag im Deutschen Factoring-Portal, einer Webseite mit viel Werbung für Konkurrenten der noa factoring Bank. Das schmerzt auch deswegen, weil nahezu Millionen Kunden aller Banken Geschichten über “ruppigen” Umgang zu erzählen wissen. Und ausgerechnet Spiegel Online macht es im Duktus des Artikels Jozic zum Vorwurf, dass er nicht zum Establishment gehört, sprich kein Verbandsmitglied ist.

Natürlich könnte es sein, dass Francois Jozic mit der noa bank dunkle Absichten hegt. Es könnte aber auch sein, dass die Deutsche Bank intern weiter hohe Risiken eingeht, um doch noch ihre 25% Rendite zu erzielen, Goldman Sachs weiter zockt, um Rekordboni zu ermöglichen, Sparkassen unter der Finanzkrise mehr leiden, als sie zugeben oder eine Volksbank schon einmal einen Kredit verweigert hat und ein Unternehmen deswegen Insolvenz anmelden musste. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit führt die Bankenaufsicht derzeit zahlreiche § 44 KWG Prüfungen (die unangenehmste Form der Sonderprüfung) gegen verschiedene Kreditinstitute durch. Unter Beobachtung stehen sollten außerdem eigentlich alle Finanzinstitute, denn das ist ja gerade die Aufgabe der BaFin.

Was ich damit sagen will. Ich kann nichts Außergewöhnliches erkennen in dem Beitrag von Günter Heismann. Ich vermag natürlich ebenfalls nicht meine Hand für die noa bank ins Feuer legen. Dazu wäre ein tiefer Einblick in die Bücher der Bank nötig. Es kann sein, dass Herr Jozic nicht alle Absichten offenbart hat. Es kann aber auch sein, dass Heismann von Konkurrenten der noa bank angespitzt ist oder der Blick Log zu naiv gutgläubig ist. Jozic zeichnet freilich aus, dass er sehr offensiv mit Vorwürfen umgeht. Ausgezeichnet fand ich, dass er die beantworteten Fragen bereits zwei Tage vor Veröffentlichung des Spiegels Beitrags selbst ins Netz gestellt hat.

Unfreiwillig liefert die noa bank aber einen starken Grund dafür, warum es für Banken besser ist, weiter intransparent zu bleiben. Wenn man viel informiert, dann liefert man auch mehr Angriffsfläche. Wenn man schweigt, dann kann höchstens das Schweigen kritisiert werden. Aber Schweigen ist in Deutschland ja bekanntlich Gold wert.

Nachtrag

Das Thema bewegt weiter die Wirtschaftsblogosphäre

Carta: Gute Zinsen, gutes Gewissen – aber schlechte Presse? Die Noa Bank in den Medien

Egghat: noa Bank – Der Skandal ist die Presse …

Finance 2.0: Ein zweifelhafter Artikel, der aber auch Hoffnung macht

SB 2.0: Noa Bank: Diskussion um (un-)seriöses Geschäftsmodell hält an – Deutsches Factoring-Portal kritisiert Spiegel online wegen irreführender Recherche

DFP:  Richtigstellung und Korrektur eines Artikels bei Spiegel-Online.de

Suttnerblog: Spiegel Online über die Noa Bank: ein Kommentar.

SB2.0: Noa Bank: Wie verdient das Finanzinstitut eigentlich sein Geld

Geld & Finanzen: Noa Bank: Kundenbetreuung von Spanien aus?

egghat April 9, 2010 um 13:45 Uhr

Die FTD schreibt heute lustig beim Spiegel ab.

http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/:gebrochene-versprechen-noa-bank-holt-der-alltag-ein/50098372.html#utm_source=rss&utm_medium=rss_feed&utm_campaign=/

In der Überschrift werden „gebrochene Versprechen“ angekündigt, gehalten wird die Ankündigung nicht. Der Artikel fügt dem Artikel beim Spiegel faktisch nichts hinzu, im Gegenteil: Es wird noch nebulöser „argumentiert“: In Finanzkreisen werden ihr [der BAFin] allerdings „ungute Gefühle“ nachgesagt. Aha Finanzkreise. Aha ungute Gefühle. Aha aha aha.

Übrigens kann ich nur allen nur empfehlen, denen die noa Bank zu „suspekt“ ist, sich die GLS Bank aus Bochum anzuschauen. Von der Idee sehr ähnlich (man kann den Verwendungszweck des Gelds angeben), aber eine alte, bewährte Bank, die im Haftungsverbund der Genossenschaftsbanken steckt.

Student April 9, 2010 um 11:41 Uhr

Spiegel.. war mal gut, wird immer schlechter. Ist so relevant wie die Bildzeitung: Man guckt ab und zu mal rein..

Mario Meister April 9, 2010 um 08:52 Uhr

In Deutschland scheint man es Newcomern nicht zu gönnen, wenn sie Erfolg haben. Immer wieder wird in Deutschland die mangelnde Gründungskultur beklagt. Kommt dann jemand um die Kurve, dann muss er sich aber an die Regeln des Establishments halten. Und dazu gehört mittlerweile auch der Spiegel.
VG
MM

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