Die Hilfe für Griechenland hat die Wirtschaftsschlagzeilen auch am Wochenende dominiert. Wie üblich werden in den Medien hohe Summen herumgereicht. So schreibt etwa Spiegel Online: “Die Europäische Union will dem hochverschuldeten Griechenland im Notfall mit Krediten von bis zu 30 Milliarden Euro helfen – davon müsste Deutschland knapp 8,4 Milliarden Euro schultern.” (Übersicht hier im Wall Street Journal zur Verteilung)
Kaum jemand schreibt, was eigentlich “schultern” in diesem Zusammenhang heißt. Die Berichte suggerieren, dass die Unterstützungsleistungen Deutschland 8,4 Mrd. Euro und mehr kosten. Das ist vorsichtig ausgedrückt nicht richtig, deutlicher gesagt ist das Nonsens. In Wirklichkeit betragen die Kosten nach meiner Schätzung höchstens 500 Mio. Euro, wenn der Bund bereits in den vergangenen Wochen entsprechende Vorbereitungen getroffen hat.
Selbst Wirtschaftsblätter, wie die FTD, sprechen von Kosten in Höhe von 30 Mrd. € für die Eurozone. Kosten suggerieren, dass eine Zahlung ohne Gegenleistung erfolgt. In Wirklichkeit bekommt Griechenland aber eine Kredithilfe. Für Deutschland wird diese über die KfW vergeben, das Risiko für den Ausfall übernimmt freilich der Bund. Und die Kosten betragen mit Sicherheit keine 8,4 Mrd. Euro.
Mittlerweile dürfte aber bekannt sein, dass man sich gegen Kreditausfälle versichern kann (selbst dann wenn man keinen Kredit gewährt hat, so hat John Paulson Milliarden verdient). Kreditversicherungen kosten Geld und haben für Staaten und große Schuldner wie Banken und viele an Kapitalmärkten notierten Unternehmen einen Preis, der unter Finanzprofis bekannt ist und manchmal sogar in Zeitungen oder Blogs publiziert wird.
Um sich gegen sogenannte Kreditereignisse Griechenlands abzusichern, waren in der letzten Woche lt. einer Aufstellung der FTD 623 Basispunkte (6,23%) pro Jahr zu zahlen. Sichert sich Deutschland gegen den Ausfall griechischere Schulden also am Kapitalmarkt entsprechend ab und werden die Kredite für eine Laufzeit von 3 Jahren gewährt, dann belastet die Unterstützung den Haushalt zunächst mit etwa 1,6 Mrd. Euro bei 8,4 Mrd Euro Kredit für drei Jahre. Fällt Griechenland tatsächlich aus, erhält Deutschland von den Kreditversicherern 8,4 Mrd. Euro.
Da sowohl in der für die deutschen Verbindlichkeiten zuständigen Finanzagentur als auch in der KfW Finanzprofis sitzen, vermute ich, dass sie bereits in den letzten Wochen aktiv waren und Credit Default Swaps (so heißen die Ausfallsversicherungen) auf Griechenland erworben haben. Möglicherweise haben diese Aktivitäten ja erst den Preis für die Prämien so stark nach oben getrieben. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass sich Deutschland vielleicht im Mittel zu 5% abgesichert hat. Ich gehe sogar von noch niedrigeren Sätze aus, rechne aber mal fairerweise mit 5% p.A. weiter. Die Kosten würden dann etwa 1,3 Mrd. Euro betragen.
Nun bekommt Griechenland Kredite von Deutschland aber nicht zum gleichen Zinssatz, für den sich auch Deutschland verschulden kann. Deutschland zahlt per Stand 23.4. für Laufzeiten zwischen drei und fünf Jahren laut Übersicht der Bundesbank 1,74% Zinsen. Die genauen Konditionen für die Kredite an Griechenland sind nicht bekannt (Vermutungen hier im GF). Vor einigen Wochen war einmal von 5% die Rede. Dieser Zins läge um 3,26% über den Zinsen, die Deutschland selbst an Investoren zahlen müsste. Rechnet man diese 3,26% auf drei Jahre für 8,4 Mrd. Euro, dann erzielt Deutschland hier einen Überschuss von 820 Mio. Euro.
Abschließend zieht man noch diese 820 Mio. Euro von den 1,3 Mrd. Euro für die Kreditversicherung ab, dann verbleiben an Kosten etwas 480 Mio. Euro, die wir auf 500 Mio. Euro großzügig aufrunden. 500 Mio. Euro kostet Deutschland höchstens die Griechenland Unterstützung, wenn sich Bund bzw. die KfW fachgerecht und rechtzeitig abgesichert haben. Bei diesen Kosten könnte Griechenland sogar komplett Pleite gehen, Deutschland hätte trotzdem keinen höheren Verlust (Folgekosten für die Rettung von Banken, Versicherungen und Unternehmen natürlich nicht berücksichtigt).
Grob fahrlässig wäre es, wenn Deutschland auf die eigenen Absicherung verzichten würde. Deutschland könnte dann zwar Geld “verdienen”, wenn Griechenland ordentlich zurückzahlt, trüge dann jedoch ein deutlich höheres Risiko.
Welt: Muss Deutschland jetzt für seine Schulden höhere Zinsen zahlen?
FTD: Pressestimmen „Geld für Griechenland-Rettung ist gut angelegt“
Griechen-Rating auf Ramschniveau
Die Sorgen um die hoch verschuldeten Länder der Euro-Zone wachsen. Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat ihr Rating für griechische Staatsanleihen auf ein Ramschniveau gesenkt.
Das Rating werde von bisher „BBB+“ auf „BB+“ reduziert, teilte S&P mit. Der Ausblick bleibe negativ.
Auch Portugal ist von einer Herabstufung betroffen. S&P geht mit dem Kreditrating für das südwesteuropäische Land von „A+“ auf „A-“ runter. Auch hier bleibt der Ausblick negativ.
@nigecus:
Eine halbe Milliarde ist viel? Rechne doch mal grob durch, was passiert, wenn die Griechen Bankrott gehen und was wir dann als Hilfe in die deutschen Banken stecken müssen, weil die die griechischen Anleihen abschreiben müssen und dann wieder nix als Löcher in den Bilanzen sind.
Ich denke auch nicht, dass der Kauf von CDS ein gangbarer Weg ist – und ich weiß auch nicht, ob man die Option wirklich als „verantwortungsvoll gegenüber dem Steuerzahler“ bezeichnen kann. Schließlich funktionieren CDS nicht richtig, wenn es um bestimmte Größenordnungen geht. Oder? Wenn man die Dinger kauft, hat man also garantierte Verluste (bzw. eine garantierte Minderung der Rendite, die mit Nebenkosten über den Zinsspread der Kredite zu Bundesanleihen hinausgehen dürfte), aber keine Garantie für eine funktionierende Versicherung.
Wobei das natürlich nichts daran ändert, dass die oft genannten „Kosten“ der Rettung halt erst mal nicht anfallen, weil wir ja alle davon ausgehen, dass Griechenland binnen zwei Jahren den Weg zurück zu einem soliden Haushalt und strammem Wirtschaftswachstum findet.
Sehr anregende Diskussion, an der ich mich tagsüber aus Zeitgründen leider nicht beteiligen konnte. Der Beitrag sollte ein wenig Gegengewicht zur zum Teil absurden öffentlichen Debatte darstellen. Tatsächlich weiß ich nicht, ob der Bund wirklich die Schulden versichert. Ich halte es nicht für ausgeschlossen und wie geschrieben, es wäre verantwortungsvoll gegenüber dem Steuerzahler. Ob eine solche Versicherung auch “politisch vermittelbar” ist, ist dabei fraglich.
Beste Grüße
dels
Kann mir eigentlich auch nicht vorstellen das Deutschland hier seine Hilfkredite mit CDS absichert. Dafür sind die Preise für CDS mitlerweile schon viel zu teuer und das Risiko würde sich kaum ein Kreditversicherer noch in dieser Höhe ans Bein binden. Das käme russischem Roulette gleich.
Außerdem was sollen dann noch Rettungsgelder wenn die gebenden Staaten am Ende davon ausgehen das Griechenland doch Pleite geht. Dann kann man Griechenland am besten gleich Pleite gehen lassen mit einem Hair-cut für die Anleihegläubiger. Sonst blähen die Rettungsgelder die Größe des Schadens nur auf, anstatt zu helfen.
Der wichtigste Kostenblock für Deutschland werden aber die eigenen steigenden Zinsen sein, zwar verändern diese sich nicht auf die bisher eingegangenen Verbindlichkeiten, doch die nächsten Anleiheauktionen werden durch die Griechenlandhilfe mit Sicherheit teurer.
Griechenland erwartet schnelle Hilfe
Griechenland rechnet trotz der Widerstände in Deutschland mit einer Einigung auf das Hilfspaket der Euro-Partner Anfang Mai.
„Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Verhandlungen ziemlich schnell abgeschlossen werden können“, sagte der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Zur endgültigen Höhe der Hilfe wollte er sich nicht äußern.
Anfang Mai als Zeitpunkt für eine Entscheidung sei eine gute Schätzung. Deutschland sei komplett mit an Bord.
“Rettung” Griechenlands kostet Deutschland höchstens 500 Mio. Euro
Hahahaha.
Warum dann der Zirkus in den Medien. Dann kann Deutschland doch auch die kompletten 45 Mrd. übernehmen und nicht nur 8,4 Mrd.
Klar, und wenn dann Griechenland als Rückzahler ausfällt, wird genau dieser kolportierte Betrag von 8,4 Mrd. Euro zu diesem Zeitpunkt der einzige Betrag sein, den die Rückversicherer stemmen werden.
Aber so wird es nicht sein. Wenn GR fällt, fällt noch viel mehr! Und auch diese dann nichtrückzahlbaren Kredite sind versichert.
Also, dieser Artikel ist schlichtweg eine Milchmädchenrechnung, man kann nicht derartig lineare Prognosen abgeben, abgekoppelt von anderen Wirklichkeiten.
Und wenn dann vielleicht diese Rückversicherer nicht zahlen können – siehe AIG – dann kommt der Staat und zahlt den Rest.
Denke mir auch, dass es schwierig sein wird, CDS auf das Kreditversagen von Griechenland zu bekommen.Vorallem in der Höhe.
Meiner Meinung nach gehen nur „Too-Big-To-Fail“-Institutionen das Risiko ein,gegen eine Griechenlandpleite zu versichern da sie darauf spekulieren, im Falle einer Pleite von einem Staat gerettet zu werden.
Aber wenn Deutschland schlau ist, holt es sich die CDS von amerikanischen Institutionen, bei denen ist eh anzunehmen, dass bei Problemem wieder der amerik. Staat eingreifen wird.
fällt Griechenland fallen die Kreditversicherer.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die nun zu zahlenden Darlehen einfach bevorrechtigt zurück gezahlt werden sollen. Das kommt ja einer Art Massekredit gleich.
Setzen Sie den Politikern bloß keine Flausen in den Kopf. Am Ende holt sich das BMF noch CDS von einer Landesbank, der HRE, KfW, usw womit sich dann die Geschichte im Kreis dreht. Ich denke, dass die Hilfspaket-Länder keine CDS kaufen müssen, weil sie ihre Kredite einfach senior zu allen bisher existierenden Schulden von Griechenland stellen können, d.h. wenn Griechenland eine Zahlungsverzögerung oder Zinsen garnicht begleicht, wären diese neuen Schulden als letztes davon betroffen. Aber es wäre dann keine Hilfe aus Sicht der Investoren
http://ftalphaville.ft.com/blog/2010/04/22/209836/rbs-a-greek-default-would-be-tantamount-to-the-end-of-the-euro/
Angenommen die Bundesregierung holt sich CDS auf ihr echtes Exposure, dann würde dieses Ausfallrisiko am Ende doch bei den Investoren landen, was die Frage aufwirft, warum die nicht direkt die griechischen Anleihen kaufen.
Und nunja laufende Kosten von einer halben Milliarde nur damit Griechenland ihr Haushaltsdefifizit finanzieren kann, ist kein Pappenstiel.
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