Das Fieberthermometer der Finanzkrise: Credit Default Swaps

by Dirk Elsner on 14. November 2008

Entwicklung der Prämiensätze für Kreditausfallversicherungen

Entwicklung der Prämiensätze für Kreditausfallversicherungen

Ein besonderes Finanzmarktinstrument ist in den vergangenen Wochen verstärkt in das öffentliche Bewusstsein vorgedrungen, die so genannten Credit Default Swaps genannt (CDS) und vor allem ihre Preise, die auch als Credit Spreads bezeichnet werden. Spätestens seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers gelten die Instrumente als eine Ursache für die Vertrauenskrise.

Sie sind die Risikoprämien für Kreditabsicherungen und werden häufig auch als das Fieberthermometer der Finanzkrise bezeichnet. Dieser Markt reagiert viel sensibler als die Aktienbörsen auf vermeintliche und wirkliche Schieflagen eines Finanzinstituts. Jeder Anstieg kostet vor allem die Banken viel Geld. Steigen die Absicherungskosten, müssen sie meist auch bei der Neuemission ihrer Anleihen einen zusätzlichen Zinsaufschlag bieten. Das erhöht die Finanzierungskosten oder macht, was schlimmer sein kann, eine Emission gänzlich unmöglich. Auch für den Geldmarkt, wo sich die Banken untereinander kurzfristig Geld leihen, werden die CDS-Spreads aufmerksam beobachtet.

Ein kurzer Filmbeitrag der ARD, der einen guten Einstieg darstellt

Credits Spreads lösen Rating ab

Die Credit Spread erfüllen damit im Prinzip die Funktion von den Bonitätsnoten der Ratingagenturen. Das Vertrauen in deren Bewertungen hat jedoch in der Finanzkrise erheblich abgenommen. Die FAZ macht dies am Beispiel des größten Versicherungskonzerns der Welt, AIG, deutlich:

„Der Niedergang der American International Group verdeutlicht warum. Zu Jahresbeginn war AIG noch der wichtigste Erstversicherer der Erde. Der Börsenwert der europäischen Verfolger Axa und Allianz reichte nicht einmal in der Summe an die Bewertung von AIG heran. Bei den Ratingagenturen hatten die Amerikaner selbst dann noch einen exzellenten Ruf, als Aktionäre und Gläubiger sich schon in Scharen abwendeten. Am Freitag, den 12. September bestätigte S&P noch das sehr gute Rating mit „AA-“. Das ist die viertbeste Note. Am Montag darauf drohte dem Versicherer die Pleite, und nur eine riesige Bürgschaft des amerikanischen Staates verhinderte dies – zunächst. Heute ist AIG immer noch in Schwierigkeiten und hat die staatliche Hilfe nahezu aufgebraucht. S&P bewertet die Bonität von AIG nun mit „A-“, was immer noch eine gute Note ist.

Die Risikoprämien auf dem CDS-Markt sprechen dagegen eine ganz andere Sprache. Wer heute eine erstrangige Forderung über 10 Millionen Dollar gegen AIG für fünf Jahre absichern will, zahlt 2,5 Millionen Dollar im Jahr. Mit anderen Worten: Eine Zahlungsstörung wird als nahezu sicheres Ereignis angesehen.“

Riesiger Markt mit Schrumpfungstendenzen

Der Nominalwert gehandelter Kreditderivate war nach Angaben des Branchenverbands, die International Swap Dealer Association (ISDA), in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres bis auf 62 Billionen Dollar gewachsen. Im Rahmen der Kreditkrise und der durch die Bankenpleiten verursachten Turbulenzen ging es in der ersten Hälfte des laufenden Jahres zwar zurück auf 54,6 Billionen Dollar. Allerdings ist der Markt weiterhin sehr aktiv.

Die Marktteilnehmer hatten in der Woche bis zum 31. Oktober insgesamt knapp 2,5 Millionen Kreditderivate mit einem Nominalwert von 33,56 Billionen Dollar gehandelt. 88,4 Prozent der Geschäfte wurden unter den professionellen Händlern selbst gehandelt, lediglich 11,6 Prozent der Kontrakte gingen im Kundengeschäft über den virtuellen Tresen. An der Spitze lagen Kreditversicherungsverträge, die die Kreditrisiken von Italien, Spanien, Brasilien, Deutschland sowie der Deutschen Bank und General Electric finanziell abfedern sollen. Die Nettowerte lagen zwischen 22,6 und 11,4 Milliarden Dollar.

Transparenz und zentrale Clearingstelle

Die EZB hat in der vergangenen Woche beschlossen, eine zentrale Regulierungsstelle für Credit Default Swaps zu unterstützen. Eine Reihe von Initiativen versucht, diese Ziele durch die Einführung einer zentralen Clearinglösung für außerbörslich gehandelte Derivate zu erreichen. Das Eurosystem sieht die Einführung zentraler Kontrahenten für außerbörslich gehandelte Derivate als eine angemessene Lösung der oben genannten Probleme, da zentrale Kontrahenten durch die Konzentration ausstehender Positionen an einem Ort

a) das Kontrahentenrisiko der Marktteilnehmer reduzieren,

b) die Integrität, Transparenz und Verfügbarkeit von Informationen an den Märkten erhöhen,

c) die Kriterien zur Bewertung von Engagements standardisieren und

d) Sicherheiten freisetzen.

Ein zentrales Anliegen von Politik und Aufsicht ist dabei die Schaffung eines zentralen Kontrahenten. Ein solches „Clearinghouse“ wird zwischen die Handelsparteien geschaltet und springt bei Zahlungsausfall ein.

Aktuell kursieren vier verschiedene Planungen, schrieb die Financial Times in der vergangenen Woche. Weiter heißt es dort:

„Bei allen spielen Börsen eine entscheidende Rolle. Konkret geht es um die deutsch-schweizerische Terminbörse Eurex, Nyse Euronext, ein Verbund aus der elektronischen Börse Intercontinental Exchange ICE und Clearing Corp. sowie eine Kombination aus Chicago Mercantile Exchange (CME) und dem Hedge-Fonds Citadel.

Als Favorit gilt ICE-Clearing-Corp-Lösung, bekannt unter der Bezeichnung ICE TCC. Grund dafür ist, dass dieses Modell auch ohne gesetzliche Änderung der Aufsicht der Fed unterläge. Denn: Geplant ist, eine Körperschaft in New York zu gründen, die nicht nur der Fed, sondern auch der Bankenaufsicht des Bundesstaates New York Bericht erstatten müsste. Kooperationspartner sind die Datendienstleister Markit und Riskmetrics. „Das ist aus unserer Sicht der Favorit. Allerdings gehen wir davon aus, dass verschiedene Modelle parallel umgesetzt werden könnten“, sagte Brian Yelvington, Analyst beim Researchhaus Creditsights. Er fügte an: „Wir sind zuversichtlich, dass bis Jahresende mindestens eine der diskutierten Lösungen realisiert ist.“

Von einer konkreten Umsetzung  sind die Beteiligten aber offenbar noch ein Stück entfernt. Persönlich  unterstütze ich die Vorstellungen, um die Transparenz und Stabilität dieses Marktes zu erhöhen. Zu einer zentralen Abwicklungs- und Handelsstelle gehören für mich mich aber auch Standards, die die Käufer der CDS erfüllen müssen.

Hintergrund Credit Default Swaps

Was genau dahinter steckt hat der Sachverständigenrat im vergangenen Jahr in seinem Gutachten erklärt:

Der Credit Default Swap (CDS) ermöglicht es einer Bank, sich gegen den Ausfall eines einzelnen Kredits abzusichern, ohne dass ein Verkauf des Kredits stattfinden muss (siehe Schaubild). Bei der standardisierten Form des CDS zahlt eine Bank, das heißt der Risikogeber, eine periodische Prämie an einen Risikonehmer für die Risikoübernahme (CDS-Spread). Im Gegenzug erhält der Risikogeber beim Eintritt eines vorher definierten Kreditereignisses eine Ausgleichszahlung in Höhe der entstandenen Verluste (Cash Settlement). Es handelt sich dabei also um eine synthetische Verbriefung, da kein Transfer von Krediten stattfindet, und um einen Unfunded Sale, da eine Zahlung vom Risikonehmer an den Risikogeber nur im Schadensfall erfolgt. Alternativ kann vereinbart werden, dass der Risikonehmer das Referenzaktivum gegen Zahlung des Nominalwertes (Physical Settlement) vom Risikogeber übernimmt. Die Prämienhöhe bestimmt sich nach der Bonität des Referenzschuldners, der Bonität des Risikogebers, der Laufzeit des CDS und der Definition des Kreditereignisses.

Konstruktion eines Credit Default Swaps
Konstruktion eines Credit Default Swaps

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