Finanzierungsklemme wirklich beendet?

by Dirk Elsner on 5. November 2010

In diesen Wochen häufen sich die Schlagzeilen über das Ende der Finanzierungsklemme. Ich kann diese Sichtweise nur eingeschränkt bestätigen. Einerseits sind die Banken etwas, aber wirklich nur etwas weniger restriktiv bei der Vergabe neuer Mittel. Andererseits kämpfen nach wie vor viele Unternehmen mit Liquiditätsproblemen und sind auf der Suche nach Finanzierungsmitteln. Dies wird nicht zuletzt durch die hohe Zahl der Firmenpleiten untermauert.

Erfreulich ist, dass sich viele Institute bei der Prolongation von Krediten nicht ausschließlich an den schlechten 2009er-Abschlüssen für die Risikoeinstufung orientieren, sondern auch Planzahlen berücksichtigen. Andererseits klagen viele Unternehmen, mit denen ich spreche, über die restriktive Einforderung von Sicherheiten für Kredite. So manch ein mittelständischer Unternehmer dürfte mittlerweile neben privaten Festgeldkonten und Wertpapierdepots auch Haus und Hof verpfändet haben, um an Finanzierungen zu gelangen. Besser schlafen lässt dies viele nicht.

Glaubt man den Zahlen der KfW, dann ist das Kreditwachstum weiterhin negativ. Eine positive Trendwende wird allein daraus interpretiert, dass die Veränderungszahlen nicht mehr so negativ sind, wie zum Jahresanfang. Entsprechend vorsichtig titelt die KfW eine Presseerklärung zum aktuellen Kreditmarktausblick und spricht nur davon, dass eine Erholung in Sicht aber noch nicht erreicht ist.

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Im zweiten Quartal 2010 schrumpfte das von der KfW berechnete Kreditneugeschäft deutscher Banken mit inländischen Unternehmen und Selbstständigen um rund 8% gegenüber dem Vorjahresquartal. Die KfW sieht darin eine Normalisierung. Ich nicht und frage mich gleichzeitig, wie wird eigentlich der Aufschwung finanziert?

Mir ist es daher viel zu früh von einem Ende der Finanzierungsklemme zu sprechen. Auch Banken selbst warnen noch vor einem Kreditengpass, sehen dies ist allerdings mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Regulierungsdebatte und Basel III. Tatsächlich gibt es Berechnungen, nach denen sich die Kreditvergabe nach Umsetzung der noch in der Diskussion befindlichen neuen Kapitalregeln (Basel III) um 0,15% verteuern würde. Dieser Betrag ist freilich für die Unternehmen nicht entscheidungsrelevant. Für sie ist viel wichtiger, dass überhaupt ein Kredit vergeben wird.

Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass es in der Praxis bei Finanzierungen mehr klemmt, als es die Berichterstattung und Verbandsmeldungen ahnen lässt. Natürlich darf man dabei nicht von einer Kreditklemme sprechen, nach deren Definition die Kreditvergabefähigkeit der Banken selbst erheblich eingeschränkt ist. Das liegt derzeit nicht vor. Aus Sicht der Unternehmen bleiben Finanzierungen aber weiterhin problematisch und das nenne ich Finanzierungsklemme.

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