Ökonom Georg Erber: Eurokrise: Welche Eurokrise?

by Gastbeitrag on 11. Januar 2011

Die Stimmen mehren sich. Die Eurokrise wird als Missverständnis – so Ackermann – oder als beendet erklärt – so der Wirtschaftsweise Franz. Im Kern wurde die Krise an der Währung des Euro festgemacht. Die Krise hatte jedoch ihre Ursache in der Krise der Staatsfinanzen einiger Mitgliedsländer. Einerseits haben die globale Finanzkrise und die dadurch von Ländern – wie insbesondere Irland – durch Staatshaftungsgarantien übernommene Vergesellschaftung der Vermögensverluste durch unseriöse Bankgeschäfte, d.h. des privaten Finanzsektors, die Staatsfinanzen dieses Landes radikal in eine Finanzkrise gestürzt. Der Staat als lender-of-last-resort hat sich hoffnungslos übernommen. Doch auch Nicht-Eurostaaten wie beispielsweise Island oder Großbritannien haben ähnliche Probleme.

Mithin ist nicht der Euro die Ursache dieser Entwicklung. Die Fokussierung auf die Euro-Mitgliedsstaaten resultiert eher aus dem Konkurrenzverhältnis des Euro gegenüber dem US-Dollar als einziger derzeit ernstzunehmende Weltreservewährung. Mithin geht insbesondere von den USA die Kampagne aus, die Währungsunion fundamental in Frage zu stellen. Würde der Euro als Substitut zum US-Dollar international anerkannt, dann könnten die USA nicht geldpolitisch so schalten und walten, wie sie es derzeit mit dem Quantitativen Easing 2.0 tun.

Geldwertstabilität ist derzeit in der Eurozone nicht gefährdet

Was ist die Aufgabe einer Währung? Das Ziel einer Währung ist die Sicherung der Wertstabilität nach innen und außen. Diese Funktion erfüllt der Euro weiterhin hervorragend. Gemessen an dem Inflations-Ziel der EZB von um 2% für die gesamte Eurozone liegt die Inflationsrate sogar deutlich niedriger. Auch der Außenwert ist mit derzeit rund 1,33 US-Dollar für einen Euro mehr oder weniger stabil. Eine drastische Abwertung ist kaum zu befürchten.

Der Binnenwert ist also im Durchschnitt – und mehr kann die EZB ja nicht erreichen – gesichert. Das Problem liegt in der unterschiedlichen Inflationsentwicklung. Während die Inflationsrate in Deutschland seit Gründung der Eurozone tendenziell immer niedriger liegt als in den meisten anderen Mitgliedsländern insbesondere der Mittelmeerzone, entsteht aus dieser Divergenz der Inflationsentwicklung ein Wettbewerbsproblem für diese Länder, die ihre Preisdynamik nicht der der gesamten Eurozone anpassen können oder wollen. Es ist also die fehlende nachhaltige Konvergenz der Inflationsentwicklungen der Mitgliedsländer der Eurozone, die sie nicht als optimalen Währungsraum – im Sinne der Mundell-Fleming-Theorie auszeichnen. Wenn es den Ländern mit trendmäßig höherer Inflationsrate als dem Eurozonen-Durchschnitt nicht gelingt eine Konvergenz ihrer nationalen Inflationsrate herbeizuführen, dann wird dies letztendlich zu einer Krise aufgrund wachsender interner Leistungsbilanzdefizite zwischen den Mitgliedsländern der Eurozone führen.

Das interne Wettbewerbsfähigkeitsproblem führt dann dazu, dass es zu einer Verlagerung der Produktionsstandorte von den trendmäßig an preislicher Wettbewerbsfähigkeit verlierenden Ländern und Regionen zugunsten der umgekehrt relativ dazu an Wettbewerbsfähigkeit gewinnenden Ländern wie insbesondere Deutschland führen wird.

Die Gefahr für die Eurozone besteht also darin, dass es nicht gelingt die heterogene Entwicklung der nationalen Preisniveaus auf ein gemeinsames Eurozonenniveau zu gewährleisten. Es sind also strukturelle Defizite in der Entwicklung der einzelnen Mitgliedsländer wie Griechenland, Portugal oder Spanien, die mittelfristig zur Gefahr für den Bestand der derzeitigen Mitgliedsländer wird, die eine fehlende Preisstabilität gemessen am Durchschnitt der Eurozone aufweisen.

Da jedoch ein Austritt derjenigen Mitgliedsländer mit einer trendmäßig höheren Inflationsrate als der Durchschnitt der Eurozone wegen der in der Regel damit gekoppelten hohen Auslandsverschuldung gegenüber anderen Mitgliedsländern der Eurozone gekoppelt ist, ist ein Austritt bei gleichzeitiger deutlicher Abwertung der danach neu zu etablierenden nationalen Währung ohne einen gleichzeitigen Staatsbankrott nicht möglich. Das Wettbewerbsproblem ist daher durch einen Austritt nur um diesen Preis lösbar. Der Austritt ist deshalb für die Krisenländer wie Griechenland oder Portugal äußerst unattraktiv. Es ist quasi nur als aller letzte Option denkbar.

Langfristige Lösungen notwendig

Die Lehre aus dem bisher rund zehnjährigen Experiment der Währungsunion ist daher, dass sich der institutionelle Wettbewerb mit unterschiedlichen Steuersystemen, Lohnfindungen, etc. nicht bewährt hat. Offenbar waren die durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt gegebenen Zielsetzungen aufgrund des mangelnden politischen Willens, diese dann auch im Krisenfall auch konsequent anzuwenden, ein Konstruktionsfehler der Währungsunion. Es nützt ja nicht sich hehre Ziele zu setzen, wenn man sie dann nicht umsetzt, wenn es notwendig wäre.

Ziel muss daher sein, dass es langfristig nicht zu langfristigen internen Leistungsbilanzungleichgewichten innerhalb der Länder der Eurozone kommt. Die derzeitigen Rosskuren denen sich Griechenland, Irland, Portugal oder Spanien unterziehen müssen, sind ja nur ein Ergebnis einer wirtschaftlichen Entwicklung, die aus der Mitgliedschaft zur Währungsunion die falsche Konsequenz gezogen haben, dass es ihnen jetzt möglich wäre langfristig über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse leben zu können. Hierzu müsste jedoch eine adäquate Erfassung dieser Leistungsbilanzungleichgewichte erst einmal statistisch erfasst werden. Derzeit wird der Binnenhandel nur noch unzulänglich statistisch erfasst.

Die Schuldenkrise dieser Länder beschränkt sich ja nicht nur auf die Staatsverschuldung, sondern schließt auch den privaten Sektor mit ein. Letztendlich geht es um den nachhaltigen Abbau der internen Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der Währungsunion.

Was Länder mit internen Leistungsbilanzüberschüssen tun können

Umgekehrt können Länder mit hohen internen Leistungsbilanzüberschüssen einen Beitrag zur nachhaltigen Stabilität der Währungsunion leisten, indem sie durch eine stärkere Einkommensentwicklung insbesondere auch bei Löhnen und Gehältern die relativen Abstände von ihrer Seite her abbauen helfen. Dies sollte jedoch nur insoweit geschehen, dass die Leistungsbilanz gegenüber der übrigen Welt dadurch nicht passiv wird, d.h. der Wohlstandsgewinn beispielsweise in Deutschland nicht zu Lasten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone geht. Letztendlich sollte es zu einer internen Konvergenz bei den Leistungsbilanzungleichgewichten der Eurozone kommen bei gleichzeitiger Bewahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, d.h. einem Leistungsbilanzgleichgewicht zur übrigen Welt. Hierdurch wäre dann eine nachhaltige interne wie auch externe Stabilität gewährleistet.

* Beitrag übernommen gem. Lizenzbedingungen der Readers Edition, die hier nachzulesen sind.

Cangrande Januar 17, 2011 um 21:08 Uhr

Dass wir keine Eurokrise hatten wird hier so ernsthaft und bieder vorgetragen, dass man glauben könnte, die gegenteiligen Behauptungen (oder häufiger wohl: Insinuationen), von Politik und Medien wären gleichfalls ernst gemeint gewesen.

Tatsächlich waren sie aber – und das kann man nicht oft genug herausstellen – lediglich ein Propagandatrick, um die deutschen Steuerzahler für die Hilfe an andere Euroländer (bzw. im Ergebnis für eine versteckte Subventionierung der Anleihebesitzer der Wackelländer) weichzuklopfen.

Was wäre mit dem Euro geschehen, wenn Griechenland pleite gegangen wäre? Gar nichts! Kalifornien ist mehr oder weniger pleite, aber dem Dollar schadet es überhaupt nichts.
Auch die Show einer (allzu öffentlichen!) Schein-Verschwörung von US-Fondsmanagern mit Drohungen, gegen den Euro zu spekulieren, war ein abgekartetes Spiel der Finanzbranche – nicht gegen den Euro, sondern gegen die deutschen Steuerzahler.

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