Wie fein, die deutsche Finanzbranche entdeckt die Wirtschaftsblogszene und startet fast gleichzeitig zwei Castings auf der Suche nach den besten Finanzblogs. Bereits letzten Montag schrieb die Comdirect Bank AG den Finanzblog-Award aus. Und seit dem 27.2 dürfen Vorschläge für den Finance Blog of the Year von Smava eingereicht werden.
So ähnlich die Wettbewerbe klingen, so unterschiedlich sind die Verfahren. Bei der Comdirect Bank entscheidet allein die Jury nach klaren Kriterien über die Preisträger. Beim Wettbewerb der Kreditbörse Smava, die den Wettbewerb schon seit 2008 im Programm hat, entscheidet zunächst eine Jury und anschließend stimmt das Netz ab. Ich habe übrigens die Ehre erhalten, Teil der Smava-Jury sein zu dürfen. Ich entdecke so hoffentlich noch weitere Perlen für meine Mindmap der Wirtschaftsblogs, die mit Sicherheit noch nicht vollständig ist.
Natürlich helfen die Wettbewerbe ebenfalls den beiden Instituten, sich besser im Netz zu positionieren. Aber ist das ein Mangel oder gar ein Makel? Ich meine nicht, denn die Wirtschaftsblogosphäre kann sehr genau differenzieren und wird sich nicht durch das Sponsoring eines Wettbewerbs in der eigenen Kritikfähigkeit beeinflussen lassen.
Und was bedeutet der Wettbewerb für die Wirtschaftsblogosphäre? Lothar Lochmaier schrieb letzte Woche “Die Szene der klassischen Wirtschaftsberichterstatter, Marktanalysten und Finanzpropheten wird durch die einschlägige Blogosphäre bunter, vielfältiger, mitunter auch erheblich detailreicher und kritischer.” Ich schließe mich dieser Auffassung voll an und bin immer wieder erstaunt, welche interessanten Beiträge in Blogs zu finden sind. Und dennoch haben in Deutschland noch deutlichen Nachholbedarf, was die Wahrnehmung der Szene betrifft. Hier können die Wettbewerbe eine schöne Starthilfe sein (siehe auch Beitrag von gestern auf Social Banking 2.0)
Eine Starthilfe inhaltlicher Art gibt übrigens Robert Basic in seinem Beitrag “Wie vernetzt man sich als Blogger besser?” Er richtet den lesenswerten Artikel direkt an die Wirtschaftsblogger und gibt nützliche Hinweise zum Erhöhung der Aufmerksamkeit.
Ich denke, über seine Hinweise sollte man ernsthaft nachdenken, wenn man die Blogszene bereichern möchte. Gerade prominente US-Blogs machen es vor, wie man trotz Tiefgang auch unterhaltsam informieren kann. Ich denke dabei etwa an den Business Insider, der etwa einen Artikel wie “Hollywood’s Hottest Ladies In Wall Street Movies” auf einer Seite platziert mit einem Interview mit einem bekannten Ökonomie-Professor. Der Business-Insider hat es so innerhalb von zwei Jahren geschafft, sich unter die Top 1.000 Webseiten (lt. Alexa-Ranking) zu platzieren.
Freilich lassen sich Blogs wie Business Insider oder Zero Hedge nicht einfach nebenbei betreiben. Wer etwa wie ich, einen 10 bis 12 Stunden Arbeitstag häufig bis in die Abendstunden hinein hat, der ist froh, wenn er überhaupt nebenbei etwa schreiben kann. Um Konzepte, wie das des Business-Insiders hier in Deutschland zu realisieren, benötigte man schon langen Atem und vor allem genügend Kapital. Unterhaltsame Wirtschaftsthemen jedenfalls gäbe es auch in Deutschland genug.
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