Persönliche vs. automatisierte Anlageberatung: Ersetzt Yavalu den Anlageberater

by Dirk Elsner on 16. Juni 2011

Asset Management und Anlageberatung sind Synonyme für die großen Geldmaschinen im Finanzbereich. Es gibt Legionen von Büchern, Zeitschriften, Banken und Beratern, die damit Ihr Geld verdienen, dass sie mehr oder weniger vermögenden Personen, helfen ihr Vermögen anzulegen und zu verwalten. Genauer sollte man sagen, sie versuchen sinnvolle Tipps und Hinweise zu geben, um zunächst selbst Geld damit zu verdienen. Das ist natürlich vollkommen legitim, zumal neben der richtigen Nase eine Fülle von technischem Know how über Anlageklassen, Handelsplätzen, Risiken, Regularien, Besteuerung, Preisfindung und mehr erforderlich ist.

Über jedes dieser Themen ließen sich ganze Bibliotheken füllen. Kein Wunder also, dass viele Menschen in Ehrfurcht erstarren, wenn es um die Vermögensanlage geht. Sie vertrauen lieber ihrer Bank, einem unabhängigen Berater oder lassen ihr Vermögen komplett von einem Fonds oder einem professionellen Asset Manager verwalten. Über die Qualität ihrer Leistungen wird freilich heftig gestritten. Tatsächlich zeigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, dass die Wahrscheinlichkeit auf einen Top-Berater zu treffen, ausgesprochen gering ist (siehe unten). Dazu kommt, dass es gerade die Gelder vermögender Personen in Anlagekaskaden verschwinden, an denen viele Beteiligte mitverdienen wollen (siehe dazu Die Provisionsschneiderei der Vermögensverwaltungen und Versicherungen).

Angesichts der nicht gerade berauschenden Ergebnisse stellt sich die Frage nach möglichen Alternativen. Vor ein paar Wochen meldete sich Matthias Lamberti per Mail bei mir, um mein Interesse für sein Unternehmen zu wecken. Lamberti ist Gründer des Finanz-Start-ups www.yavalu.de. Sein Ziel mit Yavalu ist, Anleger einen Service an die Hand zu geben, mit dem er sein Geld erfolgreich selbst managen kann. Er sagt, dass eines der größten Ärgernisse die Kosten seien, die mit einer Geldanlage verbunden sind. Besonders bei aktiv gemanagten Investmentfonds oder Vermögensverwaltungen entstehen regelmäßig hohe Managementgebühren die einen Großteil der Erträge auffressen.

Mit Yavalu hat er einen Service gestartet, mit dem das Vermögensmanagement quasi automatisiert wird. Nach der Registrierung legt man auf Yavalu sein Profil an. Dazu wird man durch verschiedene Fragen geführt, die die Anlageziele und Risikoneigung ermitteln. Anschließend macht Yavalu auf dieser Basis einen Anlagevorschlag.

Ich habe das einmal durchgespielt mit einem fiktiven Anlageprofil, dass so aussieht:

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Im nächsten Schritt erhält man eine Übersicht der Zusammensetzung der empfohlenen Geldanlagen:

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Auf Basis dieser Struktur sucht dann Yavalu aus einer Fülle von Anbietern die passenden Indexfonds (ETFs) heraus. Wer nun glaubt, Yvalu erhält Vertriebsprovisionen für die Fonds, der irrt. Yavalu gibt für verschiedene Assetklassen eine konkrete Anlageempfehlung, die der Anleger dann aber selbst umsetzen muss. Er kann zwar das Depot seiner Bank automatisch einlesen lassen. Es gibt aber, soweit ich das sehen und auch von den technischen Abläufen her beurteilen kann, keine Möglichkeit, dass einer der ETF-Anbieter zurück verfolgen kann, dass der Anleger auf Basis einer Yavalu-Empfehlung gehandelt hat. Somit kann auch keine der vielfältigen sonst üblichen Provision fließen. Die Unabhängigkeit der Plattform ist also hochplausibel.

Yavalu belässt es nicht bei der Empfehlung eines bestimmten Portfolios, sondern übernimmt auch die laufende Überwachung. Sollte es aufgrund von Marktentwicklungen Abweichungen vom Anlageziel geben, so wird auf der Webseite erklärt, werden die Anleger per Mail benachrichtigt und können ihr Portfolio anpassen, müssen es aber natürlich nicht.

Für diesen Service berechnet Yavalu nach einer Testphase von zwei Monaten 7,95 € pro Monat bzw. 5,95 € im Jahrespaket. Das ist ausgesprochen preiswert für eine Vermögensberatung. ETFs gehören außerdem zu den Anlageinstrumenten, die die Bundesbank etwas verklausuliert in ihrer sehr empfehlenswerten Untersuchung “Anlegerverhalten in Theorie und Praxis” (pdf, 14 Seiten) empfiehlt. Sie schreibt:

“Hingegen lässt sich über den Erwerb eines Investmentprodukts, das einen breit gestreuten Marktindex repliziert oder diesen zu schlagen versucht, transaktionskosteneffizient – da mit nur einer Transaktion verbunden – ein in der Regel breit diversifiziertes Portfolio erwerben.

Allerdings setzt die Bundesbank komplett auf eine passive Anlagestrategie. Die Empfehlungen von Yavalu können durchaus auch als aktive Strategie angesehen werden.

Nun stellt sich noch die Frage nach der Qualität der Vorschläge. Nicht offen legt Yavalu den Algorithmus, auf dessen Grundlage die Portfolio berechnet werden. Aber diesen Algorithmus legen auch Anlageberater und Vermögensverwalter nicht offen. Tatsächlich gibt es überhaupt kein einzig richtiges Verfahren zur Bestimmung einer Portfoliomischung auf Basis von ein paar Daten, sondern nur diverse Theorien zur optimalen Kapitalanlage.

Ich finde das Konzept durchaus interessant und sei es nur als Benchmark für die Empfehlungen des eigenen Anlageberaters. Der Performancevorteil resultiert vor allem aus den geringeren Transaktionskosten. Freilich bleiben noch ein paar Fragen. Die habe ich Matthias Lamberti gestellt. Die Antworten folgen in einem Beitrag in der nächsten Woche. Darin beantwortet er auch Fragen zum Auswahlalgorythmus.

Ausgewählte Berichte und Untersuchungen zur Qualität der Anlageberatung

House of Finance – Wissenschaftler des House of Finance untersuchen den Erfolg von Anlageberatung (30.5.11): Eine Untersuchung von Forschern der Goethe-Universität Frankfurt am Main gemeinsam mit der Universität Neapel liefert verblüffende Erkenntnisse über den Nutzen von herkömmlichen Beratungsangeboten für private Anleger. Andreas Hackethal, Professor für Finanzen, und Michael Haliassos, Professor für Makroökonomie und Finanzmärkte am House of Finance der Goethe-Universität, haben in einer umfangreichen Studie Anlegerdaten von einer großen deutschen Bank sowie einem großen Online-Broker mit angeschlossenen unabhängigen Finanzberatern untersucht. In beiden Fällen fanden sie heraus, dass sich Depots von Anlegern, die Beratung in Anspruch nahmen, nicht besser entwickelten als Depots vergleichbarer Anleger, die sich nicht beraten ließen.

  • ARD: Anlageberatung hilft Anlegern nicht (31.5.11): Glaubt man einer neuen Untersuchung von Wissenschaftlern, sind Anlageberater meist nutzlos. Wer ihre Dienste in Anspruch nahm, erzielt nicht mehr Rendite als Anleger, die sich nicht beraten ließen.

FAZ: Die Vermögensfrage – Es gibt kein Universalwerkzeug zur Bewertung von Geldanlagen (29.1.11): In der Wissenschaft wird über Effektivzinsen, Barwerte und Endwerte gestritten, doch in der Praxis kommt es darauf an, für bestimmte Probleme die richtige Lösung zu finden. Die Vermögensfrage erläutert die wesentlichen Schritte

HB: Überteuerte Produkte: Bundesbank warnt Anleger vor Banken (18.1.11): Die Notenbank hält viele Anlageprodukte für zu teuer und rät Investoren davon ab, auf die Kauf- und Verkaufempfehlungen der Finanzinstitute zu hören. Die Vorstellung, Anleger könnten durch geschickte Aktienauswahl den Anlageerfolg verbessern, sei eine Illusion. –> Bundesbank: Anlegerverhalten in Theorie und Praxis (1/2011)

Finanzversteher Juni 17, 2011 um 10:06 Uhr

Eine ordentliche Beratung in Sachen Geldanlage muss zumindest am Anfang ganzheitlich sein. Nur zu fragen, wieviel Geld man gerage mal anlegen möchte springt zu kurz. Die Frage nach sonstigem Vermögen, insb. Immoblien und bestehenden Krediten gehört zwingend dazu. finanzversteher.de bietet unter „Meine Vermögensstruktur“ ein Tool, das etwas weiter ausholt. Im Ergebnis kommt auch eine Allokation in Richtung Geldmarkt, Renten und Aktien-ETF heraus. Vorher werden aber Kredite getilgt und konkrete Anschaffungen (Haus, Auto, eiserne Reserve) „abgearbeitet“. Ferner wartet das Tool mit deutlich mehr Erläuterungen auf. De facto kann man den Algorythmus nachvollziehen. Das hat allerdings zur Folge, das das ganze Tool deutlich „schwerer“ daherkommt – im Gegensatz zu der sehr übersichtlichen und einfachen Nutzerführung bei yavalu.

Matthias Lamberti Juni 17, 2011 um 07:21 Uhr

@ nigecus: Vielen Dank für Ihren Kommentar und die Kritikpunkte, die mir auch alle bei der Planung über den Weg gelaufen sind. Aber ich kann Sie beruhigen, Sie sind nicht der einzige, der „ein wenig neidisch“ sein muss. In den letzten Wochen habe ich schon mehrere Gespräche geführt mit Gleichgesinnten, die auch vorhatten einen ähnlichen Service anzubieten. Da Dirk Elsner in etwa dieselben Fragen wie Sie gestellt hat, würde ich gerne auf den Beitrag in der nächsten Woche verweisen, sonst sprenge ich das Kommentarfeld. Nur eins an dieser Stelle: Der Service für den Massenmarkt ist bereits bei uns in der Entwicklung. Vielleicht hätten Sie ja Interesse an einem Sparring bevor wir damit online gehen?

@ Uwe Heinz: Ihnen auch vielen Dank für den Kommentar und ich möchte kurz auf Ihre Fragen eingehen. Selbstverständlich ist der Handel über die Börse bzw. ein Onlinedepot möglich. Das ist ja auch der sinnvollste / günstigste Weg. Bei der Auswahl der ETFs berücksichtigen wir in mehreren Schritten die wesentlichsten Parameter wie Größe, Kosten, Liquidität und die Abbildungsgenauigkeit. Es werden dabei sowohl voll replizierende als auch Swap-basierte ETFs empfohlen, solange diese liquide besichert sind bzw. die Sicherheiten und Vertragspartner werthaltig sind und bleiben. Der Forderung, dass die ETF Branche die in den Beiträgen angesprochene Kritik positiv umsetzt stimme ich voll zu. Der Markt für Indexfonds ist mittlerweile leider wieder so komplex geworden, dass der Grundgedanke der Einfachheit, Flexibilität und Transparenz immer mehr verloren zu gehen droht. Privatanleger haben kaum eine Chance mehr, sich selbst ein vernünftiges Bild zu machen. Hier sind wir wieder beim Thema, dass die Finanzbranche Dinge häufig unnötig kompliziert macht. Deshalb haben wir einen systematischen Auswahlprozess entwickelt.

nigecus Juni 16, 2011 um 22:30 Uhr

Vorab, ich finde Serviceangebote wie yavalu ganz gute Vorstoße.

Ich kann auf dem ersten Blick keine größeren Unterschiede zu EDV-gestützten Systemen erkennen, die Privatkundenberater in Banken benutzen. Diese fragen auch nur irgendwelche Standardfragen ab (wie yavalu) und tippen es in einen Computer der eine Asset Allokation ausspuckt (oder sie lassen es, weil sie die Antwort schon kennen).

Anhand der 7 Fragen vermute ich ca. 2 bis 3 Parameter mit denen man ein ganz simples Modell füttern könnte (z.B. erwartete Lebenserwartung, simple Risikopräferenz) aus der man so eine statische Asset Allokation herbeizaubern kann. Wenn man garkeine Ahnung hat (und potentielles Beratungsopfer ist), dann ist yavalu vielleicht eine Alternative zum Bankberater (aber ca. 90 Euro pro Jahr ist auch nicht gerade umsonst).

Aber ehrlich bin ich ein wenig neidisch, dass jemand anderes so ein yavalu gebastelt hat. Andererseits ist es Ok, weil ich meine eigenen Gedanken über so eine web-basierte Do-it-yourself Vermögensverwaltung verworfen haben, genau wegen Nachteilen wie es yavalu inne hat:

– Vorsorgemodell: Zu simples statisches Modell (Es ist kein dynamisches Lifecylce Modell für 1 Mensch)
– Vorsorgemodell: Nur Financial Assets seien wichtig (d.h. keine andere Nicht-Finanz-Assets und deren Nutzen und Neubeschaffung, keine Einkommenserwartung, kein Veerbungsmotiv, … und vieles mehr was wichtiger im Leben ist)
– Vordefinierte Auswahl: Vernachlässigung von Finanzrrisiken und deren Erwartung (z.B. ETFs sind i.d.R. Inhaberschuldverschreibungen oder Total Return Swaps und haben somit ein Counterparty Default Risk)
– Geschäftsmodell: yavalu verlangt Fixgebühren (ca. 90 Euro p.a.), was jemand mit 100k wesentlich mehr egal ist als jemand mit 5k Anlagebetrag. Da ja gerade Leute mit weniger Geldvermögen der „Massenmarkt“ ist und eine „günstige“ Anlageberatung wohl nötiger haben, ist das Pricing von yavalu „etwas am Markt vorbei“.

So eine web-basiertes Anlageberatungssystem kann inhatlich eine Menge Abstriche machen (Allokationmodell, etc.), aber wenn der relative Preis (=Fixkosten/Anlagebetrag) bei Anlageverlust steigt und „Reiche“ bzw. „reichere“ systematisch bevorteilt, dann kann man auch zu einer Bank, versicherung oder Fondsgesellsschaft gehen. yavalu stellt sich durch sein Pricing selbst in Konkurrenz zu etablierten Marktteilnehmern. Haben die yavalu Leute bei der Ausarbeituung ihres Marketingplans gepennt? Auf den Massenmarktt zielt das Angebot auf jedenfall nicht ab (oder halt auf solche Leute die nicht rechnen können).

Uwe Heinz Juni 16, 2011 um 16:39 Uhr

Vielen Dank für Ihren Hinweis. Es ist sehr zu begrüßen, wenn neben der Beratung durch Banken und Vermögensverwalter mit den bekannten Problemen andere Modelle entstehen. Für mich wären aber folgende Fragen noch von Interesse:
1. es ist sehr positiv, wenn die Anlagen bei der eigenen Bank gehalten werden können. Warum ist der Fondskauf aber auch über die Börse (ohne Ausgabeaufschlag – nur geringer Spread – Verkauf mit Limitsetzung) und über das Depot bei Flatex (in der Regel nur 5,90 € pro Kauf unabhängig von der Orderhöhe) nicht möglich? Dies wäre doch einer der günstigsten Wege?
2. wird bei der Anlageempfehlung zwischen voll replizierenden ETF’s (die Titel des Index werden im Original gehalten)und synthetischen ETF’s (die Index-Abbildung wird ergänzt duch Swaps)unterschieden. Aus Sicherheitsgründen sollte der Schwerpunkt bei voll replizierenden ETF’s liegen. Siehe:
http://www.morningstar.ch/ch/funds/article.aspx?articleid=91087&categoryid=438
http://www.extra-funds.de/etf-news-/1445-etfs-systemrelevantes-risiko.html

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