Die Provisionsschneiderei der Vermögensverwaltungen und Versicherungen am Fall Madoff

by Dirk Elsner on 18. Februar 2009

Am Dienstag hatte der Blick Log über die Verluste des “Gerling Portfolio Total Return”-Fonds und die trübe Informationspolitik von HDI-Gerling sowie des Fondsverwalters ampega Gerling berichtet. Dieses nehme ich zum Anlass, heute noch einmal die Aufmerksamkeit auf die Provisionsmaschine der Vermögensverwaltung zu lenken, diesmal mit einer konkreten Beispielberechnung. Am Ende des Beitrags folgen auch Links zum Stanford-Betrugsfall, der aber mit diesem Beispiel hier nichts zu tun hat.

Dabei gehe ich nun davon aus, dass eine bestimmte Einmalanlage in Höhe von 100.000 € in einer fondsgebundene Lebensversicherung angelegt wird. Dieses Beispiel bezieht sich nicht auf ein konkretes Angebot von HDI-Gerling, sondern ist fiktiv berechnet auf Basis öffentlich verfügbarer Informationen bzw. Schätzungen, sofern die Informationen nicht vorliegen oder verschleiert werden.

Das Beispiel beruht auf der sogenannten Anlagekaskadierung, über die der Blick Log bereits  im Dezember hier und in diesem Jahr diesem Artikel und sowie hier geschrieben hat. Anlagekaskadierung bedeutet, dass der den Kunden direkt betreuende Vermögensverwalter, nicht selbst das Vermögen managet, sondern es von einem Dritten managen lässt oder es in einen bestimmten Fonds investiert, der wiederum Teile des Anlagebetrags in andere Fonds investiert oder seinerseits von Vermögensverwaltern managen lässt. Zahlreiche solcher Beispiele sind durch den Fall Madoff nun wieder an die Öffentlichkeit gelangt. Die Abzüge der einzelnen Stufen werden unten erläutert.

Und los geht es: Für einen Versicherungsnehmer, der einen Einmalbetrag von 100.000 € in eine fondsgebundene Lebensversicherung investieren möchte, ergibt sich folgenden Anlagekaskade:

Anlagebetrag* 100.000 €
Stufe Verwalter Provision Betrag
1. Stufe Versicherung 4,50% 95.500,00 €
2. Stufe Gerling Portfolio Total Return Fonds 4,00% 91.680,00 €
3. Stufe HERALD ABSOLUTE RETURN FUND 5,26% 86.857,63 €
4. Stufe Bank Medici 4,00% 83.383,33 €
5. Stufe Madoff Investment Securities 4,00% 80.047,99 €
6. Stufe Anlage an Börse 1,00% 79.247,51 €

tatsächlicher Investitionsbetrag

79.247,51 €

*Anmerkung: Die Herkunft der einzelnen Entgelte werden unten erläutert. Es ist klar, dass nach den Anlagerichtlinien die Beträge nicht in einem einzigen Fonds angelegt werden, sondern auf verschiedene Fonds verteilt werden. Außerdem, erfolgt die Anlage nicht unmittelbar, sondern wird über einen bestimmten Zeitraum verteilt. Die Strukturen und Abschlusskosten werden aber in ähnlicher Größenordnung berechnet, auch wenn man die Anlagekaskadierung auf verschiedene Fonds und Vermögensverwalter aufteilt.

Vom ursprünglichen Anlagebetrag von 100.000 € kommen also letztlich weniger als 80.000 € in der finalen Endanlage an. Nun sollte man schauen, was am Ende des Jahres an weiteren Kosten anfällt. Hier wird es leider noch intransparenter.  Zu den jährlichen Kosten gehören z.B. Verwaltungsentgelte, Verwahrungsentgelte, Depotbankvergütung, Managementgebühren und weitere Kosten. Ich habe hier für die weitere Berechnung unterstellt, dass pro Stufe 0,75% berechnet werden und der Einfachheit auf den Endanlagebetrag. Dies ist genau genommen nicht richtig, weil in jeder Anlagestufe ein eigener Anlagebetrag und auch Entgelte in unterschiedlicher Höhe ausgewiesen werden. Berechnet nun jede Verwaltungsinstanz der jeweils über ihr liegenden Instanz 0,75%, dann errechnen sich daraus 4,5% p.A. an jährlichen Entgelten. Und diesen Betrag halte ich für das Minimum, weil häufig noch erfolgsabhängige Komponenten berechnet werden. Unterstellt man eine Jahresrendite des tatsächlichen Investitionsbetrags in Höhe von durchschnittlich 7%, dann ergibt sich folgende Rechnung:

tatsächlicher Investitionsbetrag

79.247,51 €
jährliche erwartete Rendite 7,00% 84.794,84 €
Jährliche Verwaltungskosten pro Stufe 0,75%

Jährliche Verwaltungskosten alle Stufen 4,50% -3.815,77 €
Betrag am Ende des 1. Anlagejahrs

80.979,07 €

Natürlich freue ich mich, wenn ein Vermögensverwalter oder Fonds diese These von der Provisionsmaschine anhand konkreter Beispiele widerlegt. Dazu wäre eine sogenannte Durchschautransparenz notwendig, mit der deutlich gemacht wird, in welche produktive Endanlage das Geld am Ende tatsächlich fließt und welche Provisionszahlungen und Transaktionskosten jeweils bezahlt werden. Interessant übrigens am Rande: Aus diesem Beispiel errechnet sich ein Gesamtsumme des verwalteten Vermögens (= “asset under management”) in Höhe von fast 700.000 €.

Erläuterungen der Abschlusskosten

1. Stufe: Abschlusskosten einer fondsgebundenen Lebensversicherung

Diese Kosten sind äußerst intransparent. Ich habe verschiedenen Schätzungen gefunden, die zwischen 3% und 6% liegen. Für diese Berechnung lege ich mal den Mittelwert zu Grunde, also 4,5% auf den Anlagebetrag.

2. Stufe: Anlage in Dachfonds: Gerling Portfolio Total Return Fonds

Ausgabeaufschlag laut Fondsbedingungen: 4%,

dieser legt an in*

3. Stufe: HERALD (LUX) US ABSOLUTE RETURN FUND

Ausgabeaufschlags 5,26% laut Fondsbedingungen (S. 48)

der Fonds legt an  bzw. lässt verwalten von

4. Stufe: Bank Medici

Anlageprovision unbekannt: Ich schätze mal konservativ 4%

diese legt an bzw. lässt verwalten bei

5. Stufe: Madoff Investment Securities

Anlageprovision unbekannt: auch hier schätze ich mal konservativ 4%

dieser hätte direkte oder indirekte Anlagen getätigt bzw. tätigen sollen z .B. durch

6. Stufe: Kauf über eine Börse,

wofür diese bzw. die Broker etwa 1% durch direkte Provision oder die Spreadprämie berechnen

Auszug aus den Fondsbedingungen des HERALD (LUX) US ABSOLUTE RETURN FUND

Managementgebühr: Der Investmentmanager hat Anspruch auf Managementgebühren in Höhe von 2% p.a. des (vor Abzug von aufgelaufenen Managementgebühren und/oder etwaig angefallenen Performancevergütungen) an jedem Bewertungstag berechneten Nettoinventarwerts des Fonds. Diese Gebühren sowie die Erstattung für alle in angemessenem Ausmaß getätigten Auslagen sind aus den Mitteln des Teilfonds monatlich im Nachhinein zu bezahlen.

Erfolgsabhängige Gebühr: Der Investmentmanager hat ferner Anspruch auf eine erfolgsabhängige Gebühr, die an die Steigerung des Nettoinventarwerts der Anteile von einem Bewertungstag auf den nächsten gekoppelt ist (die „Performancevergütung“). Diese Performancevergütung beträgt 10 Prozent des erzielten Wertzuwachses, sofern der betreffenden Nettoinventarwert je Anteil den höchsten Nettoinventarwert je Anteil, der an allen vorangegangenen Bewertungstagen erzielt wurde (High

Water Mark), überschreitet. Die Performancevergütung errechnet sich auf Basis des Nettoinventarwerts.

Weitere Berichte

HB: USA: Neuer Milliarden-Betrugsfall?

HB: Geldsegen für Madoffs Frau

FAZ: SEC wirft Milliardär Stanford Investmentbetrug vor

Weissgarnix: Jetzt ruft doch mal bitte den Madoff an!

NYT: U.S. Accuses Texas Financial Firm of $8 Billion Fraud

HB: Bündnis gegen Madoff

Alphaville-Serie: [The Stanford Series] The fractal Stanford

Egghat: It’s all over now, Stanford Group

Alphavile: The full SEC complaint against Stanford

eachtradingday Februar 19, 2009 um 23:31 Uhr

da helfen dann wirklich nur zwei dinge

1. in index produkte wie z.b. etfs investieren
oder
2. doch alles selber machen

gruss
eachtradingday

Ulf Hamster Februar 18, 2009 um 10:56 Uhr

@Coien

Wie lange dauert eine solche Recherche ungefähr? (Über’m Daumen)
– für Coien
– für den Durchschnittsanleger

Coien Februar 18, 2009 um 12:56 Uhr

@Ulf
Für diese Recherche gab es ja öffentlich verfügbare Daten, dann geht es schneller Mit Sichtung der Prospekte etc. ich denke mal 1-2 Stunden.
Schwieriger ist es, wenn die Daten nicht zur Verfügung stehen. Dann dürfte es deutlich länger dauern, weil die Daten bei jedem Vermögenverwalter angefragt werden müssten.

Ulf Hamster Februar 18, 2009 um 23:08 Uhr

Ich frage mich welcher Otto-Normalo Anleger, erstens, mit allen verfügbaren Information, und zweitens, auch noch den notwendigen Grips, sich tatsächlich mindestens 1 bis 2 Stunden hinsetzt, um zu verstehen, was er/sie da kauft?

Du bist Dir ja auch nicht 100% sicher, welche %-tualen Gebühren tatsächlich in diesem Dachfondkonstrukt drinstecken. Es ist doch Wahnsinn als Adressat schätzen zu müssen, was eigentlich nach der Motivation der/dem EG-Richtlinie/Verkaufsprospektgesetz eigentlich klar sein sollte.

eachtradingday Februar 18, 2009 um 08:34 Uhr

interessanter beitrag.

glaubts du, dass diese gebühren unter „kollegen“ wirklich so hoch sind? kann das noch nicht nachvollziehen oder funktioniert dies nur bei lebensversicherungen?

denn wenn ich z.b. in einen dachfonds anlege würde das mir doch auffallen?

gruss
eachtradingday

Coien Februar 18, 2009 um 16:29 Uhr

Ich glaube, dass die Gebühren „unter Kollegen“ tatsächlich so hoch sind. Möglicherweise wird aber ein Teil der Provision wieder als Kickback gezahlt. Der Punkt ist einfach, die Transaktionen sind nicht transparent. Schau Dir mal einen soliden Fonds an, wie z.B. den Arideka Classic Fonds. Im Rechenschaftsbericht findest Du auf S. 13 eine Aufstellung der Transaktionen. Du findest aber keine Informationen über den Kaufpreis, die Transaktionskosten des Kaufs und geschweige denn Vergleichskurse. Technisch sind die Informationen vorhanden, werden aber natürlich nicht zur Verfügung gestellt.

Und bis zum Nachweis des Gegenteils würde ich einfach immer annehmen, die VV´s nehmen das, was ihnen nach den Prospekten zusteht und teilen sich im Zweifel Provisionen und Bonifikationen. Was für fondsgebundene Lebensversicherungen selbst berechnt wird, weiß ich nicht. Ich warte ja immer noch auf eine Antwort meiner Lebensversicherung.

Ulf Hamster Februar 18, 2009 um 02:53 Uhr

Das ist eine schöne Aufschlüsselung.

Coien Februar 19, 2009 um 00:00 Uhr

Wir reden ja bei der Anlage auch von größeren Summen. Bei Madoff und Co. werden ja schon mal Millionenbeträge platziert, so dass man die 1-2 Stunden mindestens insvestiren sollte. Für Kleinanleger lohnt das nicht. Aber eine Folge daraus: Sie ziehen ihre Gelder aus den Fondskonstruktionen ab. Und der Fonds, der die Transparenz verbessert, erhöht die Chancen, zu den Gewinnern zu gehören.

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