Zu viel Panik um Finanzmarktstabilität?

by Dirk Elsner on 20. Dezember 2011

Gestern war einmal wieder so ein Tag, an dem die offiziellen Institutionen einmal mehr Steilvorlagen für hyperventilierende Schlagzeilen lieferten:

Mir sind die Schlagzeilen etwas zu drall, denn die EZB hat gestern in ihrem Finanzmarktstabilitätsbericht (hier 210 Seiten geballte Information als pdf) nichts veröffentlicht, was nicht schon bekannt war. Über die Tiefe der Bankenkrise habe ich erst kürzlich die seit Wochen auf dem Informationsmarkt gehandelten Punkte herunter geleiert. Danach wird die Tiefe der Bankenkrise daran dokumentiert,

Nein, ich habe mich nicht durch die 210 Seiten gequält, sondern beschränke mich einmal auf die Punkte der professionellen Medien:

  • die Spannungen auf dem Markt für Staatsanleihen gepaart mit schon vorhandenen Problemen vieler Geschäftsbanken haben sich derart verstärkt, „dass sie Dimensionen einer systemischen Krise annahmen”;
  • immer mehr Staaten stecken sich in der Schuldenkrise gegenseitig an, während die Finanzmärkte den öffentlichen Haushalten misstrauen;
  • die Geldversorgung wird für die privaten Banken in der Euro-Zone immer schwieriger;
  • die Konjunkturperspektiven verschlechtern sich, während sich die Kreditausfallrisiken der Banken erhöhen;
  • EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio wies bei der Vorstellung des Berichts in Frankfurt darauf hin, dass sowohl Staaten als auch Banken im Euro-Raum in den nächsten Jahren etliche Milliarden benötigen, um Schulden zu tilgen;

Keine Frage, um die Finanzmarktstabilität ist es schlecht bestellt. Aber der Bericht liefert keine Neuigkeiten, dafür aber eine hervorragende Dokumentation der oben genannten Punkten in Form von Charts und Datenreihen. Klar, das lässt nicht gerade entspannt an Weihnachten denken, aber neue Unruhe löst das unter Profis nicht aus. Mehr Gedanken müsste man sich etwa über die Stabilität der Zentralbanken machen. Der britische Profiblog der FT hat aus dem Quartalsbericht der BIZ (hier in deutscher Fassung) heraus gearbeitet, dass Banken für die eigene Refinanzierung "schlechte" Sicherheiten zur EZB schaufeln, während die “guten” Collaterals an private Gläubiger gehen. Davon war in Deutschland bisher nichts zu lesen.

Wie auch immer, die Berichte von BIZ und EZB bringen den “Märkten” selbst keine neuen Erkenntnisse, deswegen lässt sich daraus keine zusätzliche Panik für professionelle Finanzmarktakteure schüren. Mich beunruhigt, dass damit eher die Realwirtschaft weiter verunsichert wird. Damit wird aber genau wiederum das verstärkt werden, was beide Berichte beklagen: Nämlich die Furcht vor einer Rezession. Politik sowie öffentliche und private Finanzmarktakteure geben sich wieder einmal gewaltige Mühe, die Animal Spirits weiter zu verschlechtern und übertragen so die Krise des Finanzsystems auf die Realwirtschaft.

Eric B. Dezember 20, 2011 um 13:36 Uhr

Stimmt, Handelsblatt & Co. übertreiben mal wieder. Allerdings sind es vor allem die Websites, die sich gegenseitig mit Negativ-Meldungen überbieten. Abgesehen von der EZB gab es allerdings durchaus News, und zwar schlechte: Die angestrebten 200 Mrd. Euro für die Eurostützung via IWF kommen nicht zu stände. Muss Europa demnächst mit dem Klingelbeutel um Hilfe betteln, frage ich mich auf http://lostineurope.posterous.com/und-nun-der-klingelbeutel

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: