Gauck als Bundespräsident finde ich nicht mutig

by Dirk Elsner on 20. Februar 2012

Als ich gestern Abend las, dass sich die großen Parteien nach zähen Verhandlungen auf Joachim Gauck (interessante Charakterisierung hier der FAZ) als Wulff-Nachfolger für das Bundespräsidentenamt “geeinigt” haben, war ich irgendwie enttäuscht. Ich hätte mir eine mutigere Entscheidung gewünscht, wie zum Beispiel die Theologin Margot Käßmann.

Persönlich habe ich keine Vorbehalte gegen Gauck und hätte ihm bei der letzten Wahl sogar den Vorzug gegeben, heute finde ich die Entscheidung aber einfach nur enttäuschend, nicht wegen Gauck, sondern wegen des überholten Verfahrens.

Richtig genervt bin ich nämlich von dem Konsensklüngel der Parteien, die nach für mich willkürlichen Kriterien in Kungelrunden einen Kandidaten aushandeln. Das ist 80er Oldschool und ist eher von Parteitaktik bestimmt. Merkel hat wieder einmal ihre Fähnchen nach den Umfragen und taktischen Kalkülen ausgerichtet. Hier fehlt wieder einmal der Mut, einen andere Kandidaten oder eine Kandidatin ins Rennen gegen den Konsens zu schicken. Das ist schade: Ängstliche Republik Deutschland

Immerhin hat das machtpolitische Geschacher einen überparteilichen Kandidaten erkoren. Aber in der öffentlichen Debatte, wird jetzt schnell so getan, als sei dies die beste Entscheidung. Das ist sie nicht. Die Begründung für die Bestimmung sind die üblichen Leerformeln, die man nach jeder Kandidatenkür dem üblichen Politbuzzwortbingo entnehmen könnte:

  • Dieser Mann kann uns wichtige Impulse geben
  • Gauck könne die Kluft zwischen Bürgern und politischer Klasse schließen.
  • Gauck könne verlorenes Vertrauen in das Bundespräsidentenamt zurückgeben
  • Joachim Gauck ist jemand, der Demokratie wieder Glanz verleihen kann.
  • (entnommen aus der ZEIT Online)

Gauck hätte mehr also diese Polithülsen verdient. Hoffen lässt da eher das, was Heribert Prantl auf SZ Online schrieb: “Er wird ein schwer kalkulierbarer Präsident sein, er wird für Irritationen sorgen.“ Gauck wird also wohl nicht der “Wir haben uns all lieb” Präsident werden.

Nachtrag

Die professionellen Medien scheinen sich einig zu sein, was die Auswahl Gaucks betrifft. Gegenwind scheint Gauck einzig aus dem Netz zu bekommen, wie die Webschau von Deutschland Radio Wissen zusammen getragen hat:

Und auch das Handelsblatt stellt fest: Netzgemeinde fremdelt mit ihrem Liebling.

Allerdings finde ich Schlagzeilen, wie die vom Handelsblatt auch Blödsinn, weil es die Netzgemeinde gar nicht gibt, dafür aber einen ordentlichen Meinungspluralismus, der so zu Gauck nicht in den Mainstreammedien zu finden ist.

PS

Warum muss es überhaupt stets ein prominenter Name sein, der zum Kandidaten gekürt wird? Es gibt mit Sicherheit Hunderte in diesem Land, die ebenfalls die Anforderungen an das Bundespräsidentenamt erfüllen.

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Gunther Februar 21, 2012 um 03:27 Uhr

Warum sollte eine Bundespräsidentenauswahl „mutig“ sein? Das macht doch keinen Sinn.
Hr. Gauck hat Persönlichkeit, scheint mir integer, wird von den Deutschen als kompetent angesehen, steht nicht im Verdacht die Koalition auf Teufel komm raus zu unterstützen, was will man denn noch mehr?

Die publizierten Aussagen des Hr. Gauck finde ich ebenfalls sehr sehr nahe an der
Realität, kann ich vollkommen unterstützen. Die paar Extremisten, die diese
Aussagen bemängeln, interessieren doch den Großteil der Bevölkerung überhaupt
nicht. Wäre ja auch noch schöner, wenn uns ein paar Linke den BP diktieren würden! Was glauben die überhaupt? Weil Sie im Internet überproportional präsent sind hätten Sie was zu sagen? Da muß man ja lachen….

Dirk Elsner Februar 21, 2012 um 08:29 Uhr

Ich finde die Entscheidung u.a. deswegen nicht mutig, weil sie offenbar allein von machtpolitischen Kalkülen bestimmt ist. Das wird übrigens einer anerkannten Person wie Gauck nicht gerecht.
Ich weiß nicht genau, was Sie damit meinen, dass Linke über das Internet den Präsidenten diktieren wollen. Über diese Wahrnehmung lese ich zum ersten Mal.
Die Äußerungen im Netz sehe ich nicht aus einer einzigen politischen Richtung kommend. Das Links-Rechts-Schema halte ich für das Netz für vollkommen überholt.

Gunther Februar 21, 2012 um 16:09 Uhr

Sie haben Recht, die Entscheidung war nicht mutig. Das finde ich aber gar nicht verkehrt. Mutig war z.B. der schnelle(re) Atomausstieg, wobei man da noch nicht sagen kann, ob das auch gut ist. Möchte damit sagen, überlegtes und besonnenes Handeln ist mir 3x lieber als eine mutige Entscheidung.

Was die Linken angeht: Die haben im Internet einen wahren Shitstorm bezüglich Hr. Gauck entfacht, alles was er je sagte wird kritisiert, sogleich werden wieder lautstark bedingungsloses Grundeinkommen und verstaatlichung von Banken propagiert. Wenn das keine typisch linken Argumente sind?

Das Links-Rechts-Schema gilt übrigens deswegen nicht mehr, weil es da keine großen Unterschiede gibt: Beides extrem und nicht machbar. Eigentlich gibt es nur noch Träumer und Realisten. Letztere haben Gott sei Dank die Macht.

Tim Februar 20, 2012 um 09:18 Uhr

Richtig mutig hätte ich gefunden, jetzt eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Amtes zu beginnen. Wulff hätte in seiner Abschiedsrede fordern sollen, dieses Amt endlich abzuschaffen, damit hätte er der Republik noch einen echten Dienst erweisen können.

Dirk Elsner Februar 20, 2012 um 08:56 Uhr

Ach Leute, es ist ja schön zu sehen, dass Gauck so viel Rückhalt genießt. Ich gönne ihm das und kann mir sogar vorstellen, dass er ein guter Präsident wird. Dennoch bleibe ich bei meiner Auffassung, dass diese Kür nicht besonders mutig ist.
Mir fallen da außerdem so zwei, drei Politiker ein, die einst ebenfalls mit so großen Vorschusslorbeeren gestartet sind. Ich nenne jetzt nicht die Namen, weil der Vergleich mit Gauck nicht besonders nett ist und es Gauck nicht gerecht wird.
@HansJörg Leichsenring.
Über die Einzelkriterien von Kandidaten kann man immer streiten, will ich jetzt aber nicht.

André Februar 20, 2012 um 08:40 Uhr

Jetzt nicht besser wissen, sondern froh sen, dass der eine weg ist und das es einer wird auf den man hoffen kann.

Die alternativ genannten waren nicht besser

Hansjörg Leichsenring Februar 20, 2012 um 07:03 Uhr

Vermutlich gibt es Tausende, welche qualifiziert wären. Aber Bekanntheit macht schon Sinn, schließlich soll der Präsident ja von Anfang an etwas bewegen und nicht erst ein Jahr tingeln, damit die Leute sich seinen Namen merken können.

Gauck wird sicherlich für die eine oder andere Überraschung gut sein. Das „Risiko“, das man mit einem Nicht-Politiker eingeht, konnte man ja schon bei Köhler erkennen, wobei man dort hätte vorgewarnt sein müssen, wenn man sich mal die Mühe gemacht hätte, vorher rumzuhören, was das für ein Choleriker ist.

Gauck hat in den letzten beiden Jahren zumindest mehr gute Reden gehalten als Wulff und da die Kraft des Wortes für einen Präsidenten wichtig ist, hat er da schon mal gute Voraussetzungen.

Frau Käßmann hatte ich an anderer Stelle auch schon mal gehört. Ich glaube, dann wäre ich ausgewandert. Betrunken rote Ampeln zu überfahren oder gegen den Afghanistaneinsatz herzuziehen ist noch keine ausreichende Qualifikation für einen Präsidenten…

Dirk Elsner Februar 22, 2012 um 15:21 Uhr

Zum von den Medien gern verwendeten Klischee von der „Netzgemeinde“ ist im Handelsblatt ein ausgezeichneter Kommentar erschienen vom Blogger Thilo Specht: Andacht für eine Tote: Die Netzgemeinde Besser könnte ich es nicht ausdrücken.

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