Die unerträgliche Welle der Bankenskandale

by Dirk Elsner on 1. August 2012

Im letzten Beitrag vor meinem Urlaub hatte ich festgestellt, dass Beteiligung der Banken an Debatte über Erneuerung des Finanzsystems irgendwie eingeschlafen ist. Während meines Urlaubs, konnte ich nicht wiederstehen, hin und wieder via Twitter und Browser auf die Schlagzeilen der Wirtschafts- und Finanzwelt zurückzugreifen. Erschreckend viele Beiträge haben sich weiter mit den diversen Skandalen und teilweise kriminellen Handlungen in Banken befasst, keine einziger positiver Beitrag kam aus der Finanzbranche selbst. Barry Ritzold hatte in seinem Blog eine bedrückende Sammlung weiterer Schlagzeilen zusammen gestellt unter der Frage “Are Big Banks Criminal Enterprises?”. Vollständig ist diese Aufstellung natürlich nicht.

Als Ex-Banker finde ich es mittlerweile kaum noch zu ertragen, was hier los ist. Schlagzeilen wie “Zerlegt die Banken!“ oder auch Siegmar Gabriels neue Kampagne gegen die Finanzbranche mögen zwar populistisch klingen, aber wo wehrt sich die alte Finanzwelt oder macht gar ihren Mehrwert deutlich? Wo zeigt sie eigentlich, dass sie es verdient hat, permanent mit Billionenbeträgen direkt oder indirekt gestützt und subventioniert zu werden? Sie zeigt es nicht. Mit dem gerade früher von Bankenvertretern in Sonntagsreden so gern beschworenen Prinzipien der Marktwirtschaft hat das Verhalten der Branche schon lange nichts mehr zu tun.

Wirklich frustrierend ist, dass Banken durch ihr Schweigen den Eindruck verstärken, dass Staat, Aufsichtsbehörden oder Bürger ihnen trotz der Skandale weiterhin nichts anhaben können. Das penetrante Schweigen signalisiert: „Bestraft uns ruhig, Ihr werdet sehen, was Ihr davon habt. Wir werden dann noch weniger Unternehmen finanzieren und der Wirtschaft und den Staatsfinanzen wird es noch schlechter gehen. Und Ihr könnte uns auch nicht damit drohen, Eure Gelder abzuziehen. Wir holen uns dann das Geld von der Zentralbank oder dem Staat. Die werden uns auch noch dann am Leben halten, wenn die gesamte Ökonomie zusammen gebrochen ist.“

Zugegeben, diese Gedanken sind überspitzt. Aber wie lässt sich sonst die Ignoranz der Branche gegenüber der kollektiv haftenden Öffentlichkeit erklären? Man könnte das Beispiel der Schiffsbauindustrie sogar als Exempel ansehen, wie es der Wirtschaft ergehen könnte, wenn sich Banken aufgrund aufsichtsrechtlicher Gängelung und als zu hoch empfundenen Eigenkapitalforderungen aus einem Geschäftsfeld zurückziehen.

Natürlich könnte man jetzt einwenden, Schwarze Schafe gibt es auch in anderen Branchen. Und auch in der Finanzbranche geht es zu 99,9% korrekt zu. Ja, ich würde das sogar unterschreiben. Aber das ist nicht das Bild, das vermittelt wird. Die guten Nachrichten fehlen oder gehen unter. Und das ist kein Problem der Medien, wie das manchmal Bankenvertreter behaupten. Es braucht mindestens 10 positive Schlagzeilen, um eine negative aufzuwiegen (manche sagen sogar 100). Ich möchte nur wissen, wo ist denn die eine einzige positive Schlagzeile der klassischen Finanzbranche? Wann werden die seit Jahren gegebenen Versprechen, man möchte etwas ändern, nicht mehr gebrochen sondern endlich eingelöst?

Einige Leser mögen mir bis hier vermutlich zustimmen und daraus nun die Forderung nach Abwicklung der Finanzbranche ableiten. Das ist aber genau so wenig eine Lösung, wie die Forderungen nach einem Trennbanksystem. Es wird auch schon deswegen nicht dazu kommen, weil Staat und Finanzbranche in den letzten Jahrzehnten eine informelle Allianz eingegangen sind, die der Staat braucht, um seine Schulden zu finanzieren.

Aber viele große Banken sind zu komplex und nicht mehr steuerbar. Das haben nicht nur die rechtlichen Verfehlungen, sondern auch die Handelsverluste etwa bei UBS und JP Morgan gezeigt. Das Risiko für daraus resultierende Fehler und Schäden tragen letztlich nicht die Eigentümer, die Gläubiger und das Management, sondern die Gesellschaft. Das muss sich dringend wieder ändern.

Ich bin seit Jahren der festen Überzeugung, dass die Finanzbranche nicht zu wenig, sondern viel zu viel und vor allem falsch reguliert ist. Die Kontrollen und Kapitalanforderungen schafften stets Anreize für noch komplexere Produkte und hemmen vor allem echte Produkt- und Prozessinnovationen. Außerdem sind die Vorschriften so umfangreich, dass sie für neue Wettbewerber nahezu unüberwindbare Markteintrittsbarrieren schaffen. Innovatoren werden so abgeschreckt und kleine Institute zur Aufgabe oder Fusion gezwungen.

Aber ich schweife nun vom Thema ab. Schließen will ich mit Simon Johnson, der seinen Beitrag über die “Legitimitätskrise der Finanzwelt”  so beendete:

“Aber worauf es wirklich ankommt, ist Legitimität und Information der Öffentlichkeit. Glauben Sie wirklich an die immer zweifelhaftere Idee, dass Megabanken in ihrer jetzigen Form für den Rest des privaten Sektors und damit für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze hilfreich sind? Oder kommen Sie wie viele andere immer mehr zu der Überzeugung, dass globale Megabanken und ihre Chefs einfach zu mächtig und gefährlich geworden sind?”

 

FDominicus August 3, 2012 um 06:38 Uhr

Man kann man nur verleihen was man hat alles andere ist „ungedeckte“ Kreditexpansion, Sie brauchen sich nicht über mich wunderen sondern können das ganze genau bei von Mises, Hayek und Rothbard nachlesen.

Und die Wirtschaft würde keineswegs völlig „kaputt“ gehen. Es würde sich zeigen wer denn „genug“ bieten kann/will um an FK zu kommen. Es gibt mehr als 4.5 Billonen oder so auf Sparkonten, und da wollen Sie mir weis machen es ginge nicht?

Haben Sie nicht gelesen was die Banken machen könnten? Sie könnten den Geldhaltern entsprechende Prämien bieten. Das Geld wird Ihnen dann eben von den Geldhaltern zur Verfügung gestellt (oder aber nicht). Sie wollen aber sicher nicht meinen die Geldhalter würden für 5% oder mehr Ihre Geld nicht der Banke geben oder?

Ich persönlich finde den Begriff Mindestreserve völlig irreführend. Und daher meine ich wenn ich von Abschaffung rede 100 %. Denn das ist das einzige System ohne Betrug. Sobald es Mindesreserve gibt beginnt der Betrug. Denn es bedeutet ja man verleiht mehr als man hat. Und das ist Betrug.

Guenni7 August 3, 2012 um 17:40 Uhr

Vielleicht erst einmal zum Begriff Mindestreserve: Der ist in Urzeiten entstanden, weil die Banken einen bestimmten Geldbetrag vorrätig halten mussten, falls ihre Kunden Bargeld abheben wollten. Der Rest des Geldes war entweder im Tresor, oder verliehen.

In modernen Zeiten wurde der Begriff weiterverwendet, nun aber auch hinsichtlich der Geldschöpfung der Banken.

Zur Kreditvergabe ohne Geldschöpfung: Diese würde wahrscheinlich nicht so funktionieren, wie Sie sich das vorstellen. Aus mehreren Gründen:
Die Sparguthaben in Höhe von 4.5bn würden z.B. nicht in voller Höhe für Kredite zu Verfügung stehen, da in dieser Zahl auch Omas 100 Euro auf dem Sparkonto enthalten sind, die Sie wohl kaum langfristig an die Bank binden will.
Viele Sparguthaben sind auch Ansparungen, um danach etwas größeres zu kaufen, auch dieses Geld würde für Kredite nicht in Frage kommen.
Das Problem ist in diesen Fällen die Kristenkongruenz.

Auch bezweifle ich, das die Guthaben, auch wenn es stattliche 4.5bn sind, dem derzeitigen Fremdkapital der deutschen Unternehmen auch nur Nahe kommt.
Es müsste also (Fremd)Kapital aus den Unternehmen herausgezogen werden. Die „Lücke“ müsste dann eigentlich mit Eigenkapital geschlossen werden, wo soll das aber herkommen? Wahrscheinlicher ist, daß sehr viele und vor allem große Unternehmen direkt in die Insolvenz gehen würden.

Warum das jetzige System ein Betrug sein soll, kann ich auch nicht nachvollziehen, wer sollte denn da der Betrogene sein? Etwa der Sparer weil er weniger Zinsen bekommt? Eher nicht, denn der legt sein Geld ja kurzfristig an, die Unternehmen wollen es eher langfristig. Diese Überbrückung in den Fristen ist das Geschäft der Banken.

Man kann heutzutage sicherlich viele Dinge an den Banken kritisieren, aber das System der Geldschöpfung hat sich m.E. bewährt.

FDominicus August 7, 2012 um 06:19 Uhr

„Man kann heutzutage sicherlich viele Dinge an den Banken kritisieren, aber das System der Geldschöpfung hat sich m.E. bewährt.“

Dieses System ist der Grund für den Zustand in dem wir uns gerade befinden.
Ich werden Sie nicht überzeugen können und auch die alten Liberalen können es wohl nicht, Dennoch möchte ich empfehlen Human Action oder Nationalökonomie von von Mises zu lesen. Das Schaffen vom Geld aus dem Nichts ist nichts anderes als Betrug.

Früher wurden solche Banken ziemlich schnell aus dem Markt getrieben und nur wegen dieses Systems kann es Bank-runs geben. Ich nehme an, das müssten Sie mir schon zugestehen. Ist das Geld „da“ kann man es jederzeit den Kunden aushändigen.

Da ich Sie aber nicht von meinem System übezeugen kann, schlage ich vor: Sie behalten das derzeitige System mir und „meines gleichen“ gestehen Sie ein Banksystem und eine Geld zu wie wir es uns vorstellen. Dazu gehört:
– Geld als Wert
– unsere Banken müssen Sichteinlagen immer „vorrätig“ haben
– unser Banken dürfen nur verleihen was Ihnen gehört und/oder Ihnen von den Kunden zur Verfügung gestellt wird.
– keine Zentralbank

Ich nehme Ihnen also „nichts“ weg, Sie können bei dem Ihrer Meinung nach bewährten System bleiben. Ich kann dieses System was ich von Grund auf für falsch halte ablehnen und habe eine Alternative.

Ich frage mich nur eins. Warum wird uns das nicht zugestanden? Warum „muss“ ich mit dem Papierzwangszahlungsmittel „arbeiten“?

finanzmogul August 1, 2012 um 23:53 Uhr

Ich glaube schon, dass es Sinn macht, wie Gabriel und andere nach – nun ich sage mal so – radikaleren Eingriffen in das Bankensystem zu rufen. Wie du schon richtig beschreibst, ist die Abwesenheit der Banken in der öffentlichen Diskussion damit zu bewerten, dass sie einer Hybris verfallen sind – „uns wird schon keiner was tun, weil wir sind mächtig“.

Und in der Tat – es ist ja so. Aber die Entgegnung auf diese implizite Aussage der Großbanken kann eben nur eine solche sein, die radikal ist. Die Banken sind’s ja auch auf ihre Weise.

Es geht meiner Auffassung nach nicht darum, jetzt einen perfekten konsensfähigen politischen Lösungsvorschlag vorzulegen, sondern darum, eine Diskussion unter allen Beteiligten anzufachen. Natürlich wollen die international tätigen Häuser den Status Quo verteidigen. Und das tun sie augenblicklich in der Weise, dass sie möglichst wenig Staub aufwirbeln. Aber – so meine Prognose – mit dieser Haltung werden sie auf Dauer nicht weit kommen . Das gesamtgesellschaftliche Klima (so undifferenziert es derzeit auch sein mag) ist eben auf Bank-Bashing gekämmt. Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Wenn die Banken nennenswerte Argumente hätten, ihre derzeitigen Geschäftstätigkeiten zu untermauern – sie würden sie in den Ring werfen. Da bin ich mir sicher. Augenscheinlich gibt es diese Argumente nicht.

Ich habe lange Zeit selber in einer Bank gearbeitet und meine, dass sich hier in der „Denke“ vielfach eine gewisse Abkoppelung von der „Welt da draußen“ entwickelt hat. So hat sich ein Wirtschaftsbereich entwickelt, der in Kategorien von „Geld“ denkt und darüber vergisst, dass er, klassisch verstanden, nur ein intermediärer Bereich neben der eigentlichen gesamtwirtschaftlichen Leistungserstellung ist.

In der Musik mag sowas teilweise funktionieren – vor etlichen Jahren sind z. B im Jazz die Bassisten hervorgetreten, um ein eigentliches Begleitinstrument zum Melodieinstrument zu machen. Aber ich bezweifle, dass dies auch in der Ökonomie funktioniert. Wenn ich mir – weiter im Bild gesprochen – beispielsweise die hervorragende Kölner Jazz-Szene so anschaue, dann ist letztlich auch der Bass wieder ein Stück in den Hintergund gerückt. Und die musikalischen Produkte hieraus sind bemerkenswert. Genau das wünsche ich mir auch ökonomisch.

FDominicus August 2, 2012 um 05:49 Uhr

Eine Regelung macht keinen Sinn solange darin nicht der völlige Entzug jedweger Protektion durch Staaten eingeschlossen ist.

Das einfachste und sinnvollste wäre es, die Mindestreserver abzuschaffen und somit kann dann nur jede Bank verleihen was Sie hat (oder von Ihren Kunden zur Verfügung gestellt wird)

Gabriel ist für einen Weg der nicht richtig ist. Er möchte die Banken „nur“ mehr regulieren. Weil dann soll alles Gut werden, nur ist auch der Bankenbereich derartige verreguliert, daß es mal wieder „keiner“ war, wenn etwas schief geht.

Das ich Politiker für denkbar ungeeignet halte überhaupt etwas regulieren zu können bekommt ja mit jedem neuen Schuldenwachstum Bestätigung. Schauen Sie mal Herr Beck kann mal „eben 300 Mio“ auf den Kopf hauen.

Bei Herrn Mapus sind locker mehr als das 15-fache drin. Und insgesamt haben wie mehr als 2 Bio an Schulden, die einzig und allein der Willfährigkeit der Delebets zu verdanken sind.

Nein wenn Politiker von regulieren sprechen meinen Sie verschleiern und neue Bürokratien und Bürokartien sind per definition niemals „schuld“.

Nein Banken und Staaten sind Schmarotzersymbionten für/aus dem Lehrbuch.

Guenni7 August 3, 2012 um 06:12 Uhr

@FDominicus

Wenn Banken nur noch verleihen dürfen, was Sie an Einlagen haben (das entspräche übrigens einem Mindestreservesatz von 100%, nicht „gar keinem“ wie sie sagen) würde die gesamte deutsche Wirtschaft innerhalb von 2 Monaten zusammenbrechen.

Was glauben Sie denn, wo das Geldmengenwachstum herkommt, um die Produktivitätsfortschritte zu finanzieren und die Mehrprodukte vom Verbraucher zu kaufen?

Ihre Lösung würde die Währung regelmäßig und dauerhaft aufwerten lassen, mit der folge des Konsumverzichtes, da das Geld ja morgen mehr „Wert“ hat als heute. Also schneller können Sie eine Wirtschaft gar nicht kaputtbekommen.

Ich bin etwas erstaunt über diese ihre Aussage…

FDominicus August 1, 2012 um 10:57 Uhr

Ich sehe es so, Banken gehen lieber zum Staat wenn etwas schief läuft, als zu Ihren Kunden. Die Letzteren sind offenbar nur lästig oder gerade gut genug betrogen zu werden.

Ich für meinen Teil finde folgende Dinge unmöglich:
– Sichteinlagen ohne Rückfrage zu verleihen (Sichteinlagen dürfen gar nicht verliehen werden die Banken sind nur Aufbewahrer)
– Staatsanleihen als „sicher“ zu bezeichnen (keine Risikovorsorge für die mit Abstand schlimmsten Schuldner)
– Mindestreserve (wie kann es sein, daß man für einen Kredit von 100 nicht einmal 10 an EK braucht)
– Teilnahme am Zentralbankgeldbetrugsystems. Wieso ist es nicht mögliche ein Bank zu führen die an diesem Betrugsystem nicht teilnimmt?
– Geldmonopol der Bank aller Banken (die Zentralbank)
– Behandlung der Banken nicht mehr als „normale“ Marktteilnehmer sondern als „arme“ für jeden Preis stützenswerte „Opfer“
– Die Perversität, Banken weiter im Geschäft zu lassen, ohne daß die Banken Ihren Verpflichtungen nachkommen müssen.

Ich persönlich sehe Banken nicht als Lösung sondern nur als einem großen Teil des Problems.

Kreditkartenhäuser sind nicht das was ich unter einem stabilen System verstehe.

Ganz ehrlich, diese Banken von heute gehören in dieser Form weg.

topperhopper August 1, 2012 um 09:01 Uhr

Ich gebe Ihnen dahingehend Recht, dass die Banken heute mit den Staaten eine Art Symbiose eingegangen sind, die nur noch schwer wieder zurückzudrehen ist. Deshalb sind Ideen zu Bankenreformen zwar gut gemeint, aber „in diesem Leben“ kaum praktikabel.

Ich denke, viele wünschen sich wieder den „guten, alten“ Bankbeamten zurück, dem sie vertrauen können und bei dem sie am Schalter sicher ihr Geld abgeben können. Diese Zeiten und dieses Verhältnis zu Banken werden nicht wieder kommen. Die Banken werden stattdessen weiterhin „Finanzinnovationen“ entwickeln (müssen), um im Wettbewerb nicht unterzugehen.

Das Bankensystem ist nur ein Spiegelbild unseres Ponzi-Geldsystems. Regulierungen im Bankensektor setzen daher nicht an der Wurzel an.

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