JPMorgans Beschwerde über Falschdarstellung der Bankenrisiken

by Dirk Elsner on 29. Januar 2013

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Die größten Steilvorlagen für Satire über den Finanzsektor kommen aus der Finanzbranche selbst. Das was James Dimon vergangene Woche laut Presseberichten in Davos gesagt haben soll, könnte so manch ein Comedian in sein Programm einbauen, wenn es um Banken und Finanzkrisen geht. Ich schätze den Vorstandsvorsitzende von JPMorgan Chase sehr, weil er zu den wenigen Banken CEOs gehört, die offensiv Position für die eigene Branche beziehen und auch einmal lautstark klopfen, wenn die Schelte zu groß und die Regulierungszwinge zu eng wird. Ich empfehle dazu in dem oben verlinkten Video einfach mal ab Minute 16:20 reinzuschauen. Damit provoziert er natürlich auch gern Widerspruch. Das ist gut und belebt die sonst sehr einseitige Diskussion über den Wandel im Banking.

Auf der Podiumsdiskussion zum Thema „Globale Finanzen“ versuchte nach einem
Bericht des Hamburger Abendblatts Dimon und seine Kollegen den Kritikern des Bankensektors den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es gebe ein „riesiges“ Maß an Falschinformationen über die Risiken, die tatsächlich von Banken ausgingen. 

Das klingt nach eine Klage über die böse Öffentlichkeit, die ja gar nicht genau wisse, was in Banken so abgehe. Natürlich hat Dimon Recht, denn kaum jemand hat den Überblick, was wirklich in den Finanzhäusern passiert. Aktionäre, Gläubiger, Politiker und die im Zweifel haftende Öffentlichkeit beschwert sich seit Jahren darüber. Gerade aber die Finanzbranche gibt sich aus verschiedensten (und für mich z.T. nachvollziehbaren) Gründen ausgesprochen zugeknüpft, wenn es um sachliche Präzision geht. Die selbst von einigen Bankern vielbeschworene Transparenz findet auf Paneldiskussionen und in der Werbung statt, nicht jedoch im Alltag.

Dimon sollte sich aber angesichts der hohen Risiken, die die Steuerzahler für Banken getragen haben und im Zweifel immer noch tragen, Fragen nach den Risiken gefallen lassen. Wenn es keine verwertbaren Informationen gibt, dann wird halt über die Risiken spekuliert. Das ist auch ein Grund, warum der Markt den Wert vieler Banken zum Teil deutlich unter den Buchwert ansetzt. Dimon selbst hatte nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Schieflage im eigenen Haus durch die sogenannten Wal-Geschäfte nicht die leiseste Ahnung, wie hoch das Risiko aus den Positionen ist. Im J
uni hieß es noch, die Transaktionen könnten die Bank 2 Mrd. US$ kosten, kurze Zeit später wurden Schätzungen bis zu 7 Mrd. US$ genannt.

Dimon kennt daher genau den Grund, warum so viele “Falschinformationen” im Umlauf sind. Viele Häuser kennen selbst ihre eigenen Risiken nicht. JPMorgan hat d
afür gerade eine Strafe erhalten. Die UBS, deren Chairman Axel Weber an der gleichen Runde teilnahm, hat für das mangelnde Risikomanagement des Milliardenzocker Kweku Adoboli  ebenfalls eine empfindliche Strafe aufgebrummt bekommen. Von jedem bekannt geworden Skandal in den letzten Monaten hört man außerdem die ewig gleiche Leier, das Management habe davon nichts gewusst. LIBOR-Manipulationen, Weitergabe von Insiderinformationen, Geldwäscheverstöße seien das Werk von Einzeltätern. Insofern hat Jamie Dimon wieder einmal Recht, wenn er sich über die Falschdarstellung beschwert.

Weitere Lesehinweise

  • Wirtschaftsnachrichten: Kein Vertrauen: Investoren meiden Banken in Europa
  • NZZ: Die Finanzbranche zankt sich
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