SEPA-Studie: Die Umstellungsrisiken werden immer höher eingeschätzt

by Dirk Elsner on 15. August 2013

Anfang Juni habe ich hier im Blog zu letzten Mal gefragt, ob eine Verschiebung des S-Day droht. S-Day nenne ich den 1. Februar 2014. Das ist der Tag an dem Unternehmen Überweisungen und Lastschriften auf IBAN, BIC, XML umgestellt haben müssen, damit Banken die Zahlungsaufträge annehmen und verarbeiten können. Das Single Euro Payment Area (= SEPA) mehr ist als die Kontonummer durch die IBAN und die Bankleitzahl durch einen BIC-Code auf dem Briefpapier zu ersetzen, habe ich ausführlich in einer Beitragsreihe beleuchtet. Noch zu viele Unternehmen unterschätzen das Thema und bringen sich je nach Größe und Organisation ihres Zahlungsverkehrs selbst in Gefahr.

Seit Wochen trommeln Bundesbank und Finanzministerium vergleichsweise still für die SEPA-Umstellung. Unterschwellig liest man aus vielen Äußerungen Besorgnis. Aber zu wirklich deutlichen Worten kann sich offenbar keine bekannte Persönlichkeit aus Finanzwirtschaft, Aufsicht und Politik wirklich durchringen. Das dürfte auch daran liegen, dass sich kaum einer die konkreten Auswirkungen ab 1.2.2014 vorstellen kann oder zumindest dies nicht öffentlich äußern möchte. Dies hat jetzt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC mit einer neuen Studie getan, die Unternehmen und Banken Ernst nehmen sollten. In der Vorstellung der Studie schreiben die Autoren:

„Ein Viertel der rund 150 von PwC befragten Betriebe hat mit der Umstellung noch nicht einmal begonnen (Stand Juni 2013). Der Start für SEPA wird mit Sicherheit holprig. Von den drohenden Anlaufproblemen sind auch die Betriebe betroffen, die ihre Systeme rechtzeitig auf SEPA umgestellt haben. Diese könnten beispielsweise mit Liquiditätsproblemen konfrontiert sein, wenn Kunden, die die Anpassung zum Stichtag nicht bewerkstelligt haben, keine Banküberweisungen tätigen können“, warnt Thomas Schräder, PwC-Partner und Experte für den Bereich Treasury.

In der Studie, die hier nur in englischer Sprache vorliegt, geht PWC detailliert auf die Risiken ein. Die Autoren schreiben u.a.:

“Some of the risks associated with non-compliance are the inability to make or receive payments, loss of automated
processing of payment information and serious increases in payment receivables due to unpaid bills by non-compliant
clients. All these risks will have an effect on the company’s liquidity position and may increase the working capital requirement.
Those companies with low operational profit margins or those that heavily rely on working capital may need to prepare for
distortions in their processes.”

PWC weist darauf hin, dass Gesetzgeber und Regulatoren nicht erkennen lassen, dass sie von den Termin abweichen werden. Der Grund dürfte klar sein. Wenn man jetzt ein Nachgeben signalisiert, dann würden die Anstrengungen für die insbesondere von den meisten Unternehmen ungeliebte Umstellung sofort reduziert werden. Die Vorteile von SEPA, die eine Kolumne der Computerwoche insbesondere für international aktive Unternehmen hier skizziert, sieht die große Mehrheit der Unternehmen offenbar nicht.

Ich bin aber ziemlich sicher, dass man sich in den Aufsichtsbehörden und politischen Entscheidungskreisen mittlerweile ernsthafte Sorgen macht bzw. machen muss. Europa kann sich eine durch Zahlungstechnik ausgelöste Krise nicht leisten. Ob und in welchem Umfang die droht ist zwar unklar, mittlerweile haben aber bereits erste Banken vor Pleiten durch eine verspätete Umstellung gewarnt. Vermeiden ließe sich die Krise z.B. dadurch, dass man den harten Termin, an dem die Banken derzeit gezwungen werden, die Altverfahren im Euro-Zahlungsverkehr abzuschalten, aufweicht.

Ökonomisch und politisch fahrlässig wäre es, wenn man auf Basis solcher und ähnlicher Studien auf eine Risikoabschätzung verzichtet nach dem Motto Augen zu und durch. Anderseits müssen Unternehmen wissen, dass sie ebenfalls grob fahrlässig handeln, wenn sie einfach auf eine Verschiebung spekulieren. Ich bin der Auffassung, dass bei Unternehmen, die sich so verhalten, die Geschäftsleiter für Schäden persönlich haften, wenn durch die mangelhafte Umstellung Schäden für Unternehmen entstehen.

SEPA jedenfalls wird ein heißes Thema in den nächsten Monaten werden. PWC empfiehlt Unternehmen, denen die Zeit für die SEPA-Umstellung davon läuft, einen Plan B vorzubereiten. “An erster Stelle steht die Fokussierung auf das Minimalziel, nämlich die Sicherstellung der technischen Zahlungsfähigkeit. Dazu kann auch die Beauftragung eines Service Providers sinnvoll sein, der als Bindeglied zwischen Unternehmen und Bank fungiert und die Konvertierung der Zahlungsinformationen übernimmt, bis die Systeme und Prozesse des Unternehmens SEPA-kompatibel sind“.


Im Blick Log habe ich eine Sonderseite eingerichtet mit umfassenden Informationsmaterial zu SEPA: SEPA-Übersicht: Informationssammlung und Dokumente. Zur Transparenz meiner Interessen: Mit SEPA befasse ich mich für meinen Arbeitgeber, die Unternehmensberatung Innovecs, beruflich. Wir begleiten Unternehmen, Banken und Organisationen bei der Umstellung auf SEPA und unterstützen in der Konzeptions-, Planungs- und Umsetzungsphase. Außerdem coachen wir Geschäftsleiter und Fachverantwortliche bei der Umsetzung.

Lina August 17, 2013 um 00:59 Uhr

Sehr interessante Links. Vor dem Artikel dachte ich mir nicht, dass die SEPA-Umstellung so kritisch sein könnte für deutsche Unternehmen.

Raymond Stellenbos August 15, 2013 um 10:01 Uhr

Jede Umstellung kostet Geld. Unternehmen müssen sich ebenfalls darauf einstellen und eine Fristverlängerung verursacht Firmen zusätzliche Kosten.

Marc August 15, 2013 um 08:11 Uhr

die allgemeine Panikmacherei hilft aber auch keinem, zumal die Thematik dif. anzusehen ist. (und seit 2008 bekannt bzw. startete)
Im normalen C2B-Überweisungsverkehr wird sich kaum eine Verzögerung einstellen, denn ob der Kunde nun BLZ u. Ko.nr. einträgt oder IBAN&BIC dürfte gleich sein.
wenn man Online-Banking verwendet, ist die Umstellung gerade noch im Gange, hier haben die Entwickler den Markt verschlafen und auch eine transparente Umsetzung. Mir ist aktuell nur eine app (outbank) bekannt, die einfach jedem Datensatz alte/neue Bankverbindung mitliefert, alle andere trennen herkömmlich/SEPA-Transaktionen. (siehe starfinanz)
erschwerend kommt hinzu, dass Unternehmen wie DATEV erst im 09/10.2013 entsprechende Lösung anbieten und man sodann auch erst die Schnittstellen-Infos erhält.
Auf der anderen Seite liefern die Software-Produkte alles notwendig, sodass die Unternehmen tatsächlich doch nur noch diese Anpassung durchführen müssen.

Bankenseits die Mitarbeiter sehr schlecht geschult, selbst im Online-b-Fachbereich, die Weboberflächen sind noch nicht optimiert (Menü/camt) usw.
Vorteilhaft ist für den Kunden, dass Daueraufträge automatisch zum Stichtag umgestellt werden.

Die Avise dürfte die einzigste richtige Hürde sein.

Von eine Aufweichung der Frist halt ich persönlich garnichts, denn jeder Verlängerung wird von den Unternehmen bis zu Ende ausgekostet werden, da eine Umstellung Geld kostet, dass damit aber auch Vorteile verbunden sind, insbesondere bei der automatische Datenverarbeitung im Buchhaltungsbereich usw. sieht man nicht in der Form.

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