Morgen um 20:00 Uhr wollen wir endlich mal wieder unseren zu Unrecht etwas vernachlässigten Ökonomen Hangout wieder aufnehmen. Patrick Bernau von der FAZ, der Wirtschaftswurm Arne Kuster und ich wollen über die Wirtschaftsprogramme der Parteien zur Bundestagswahl sprechen.
Aber wie nähert man sich dem Thema, wenn man nicht an die Gestaltungskraft der Parteien glaubt? Ich denke nämlich, egal was in den Programmen steht, es ist im Grunde irrelevant für die Realpolitik. Die praktische Politik wird von der Regierung viel weniger beeinflusst, als sie bzw. die Berichterstattung über ihre Arbeit uns das glauben lässt. Die Wirkungen der Politik spüren wir direkt und indirekt in tausenden von Gesetzesvorschriften, die sich ohnehin nicht über Nacht ändern lassen. Dazu kommen bürokratische und budgettechnische Sachzwänge, die den Spielraum aller Parteien einengen. Wir wissen mittlerweile, dass die Ministerial- und Behördenbürokratie sowie die Einflussnahme von Lobbyisten viel größere Fliehkräfte entfaltet, als noch so kluge Sätze in Wahlprogrammen.
Aber trotz dieser Skepsis will ich mich meinen demokratischen Rechten nähern. Und das mache ich mit einem netztypischen Instrument, dem Wahl-O-Mat. Ich weiß, dass der auch seine Grenzen hat, aber wer will sich schon durch die mit leeren Worthülsen gespickten Programme der vielen Parteien quälen. Da freue ich bei der knappen Zeit über die Entscheidungsunterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung. Der Wahl-O-Mat hat außerdem den Vorteil, dass er zu 38 politischen Positionen die jeweiligen Aussagen direkt untereinander stellt. Leider macht er das aber nur nach dem Durchgang durch die Fragen.
Nach Beantwortung der Fragen und der Gewichtung warf der Wahl-O-Mat für mich übrigens folgendes Ergebnis aus:
Ich werde selbstverständlich nicht die Frage beantworten, was ich wähle und ob ich so wähle. Ich kann aber verraten, dass ich, wann immer ich die Möglichkeit habe, meine Stimmen splitte.
Zurück zum Hangout. Mir ist schon jetzt klar, dass wir den Anspruch aus dem Hangout gar nicht vollständig werden leisten können, denn keiner von uns wird alle Programm gelesen und analysiert haben. Und eine solche Analyse ist nahezu unmöglich bei der heißen Luft, die die Parteien produzieren, wie etwa der Spruch “Wachstum, damit jeder aufsteigen kann”. Die Inhalte lassen so viel Wertungsspielraum, dass wir wahrscheinlich die ganze Nacht interpretieren und diskutieren können. Wir wollen uns aber beschränken.
das mit Splitten mache ich auch fast immer. Zumindestens versuche ich dazwischen zu unterscheiden. Ich glaube das hat irgendetwas mit meiner ersten Wahlteilnahme zu tun, weil ich Partei X wählen wollte (Zweitstimme), aber der Direktkandat der Partei Y aus meiner subjektiven Sicht geeigneter war als die anderen Direktkandidaten (Erststimme).
Ich kann mir schon vorstellen, dass von einer SPD in der Regierung vielmehr langfristige wirtschaftspolitische Impulse ausgehen könnte als bei Schwarz-Gelb. Andererseits wäre eine Verlängerung der weniger aktiven Regierung auch ganz gut, weil ja Veränderungen auch mit Transaktionskosten einhergehen. Ich arbeite in der Finanzbranche und da gehen einen die von Brüssel via Berlin durchgeleiteten Bürokratiekosten schon genug auf die Nerven. Aber als Privatmensch ist mir eine Regierung mit Blick für die großen Zukunftsprobleme des Landes eigentlich lieber. Ich denke dieser kleine Interessenskonflikt mit denen meines Arbeitsgebers werden sich von alleine auflösen, weil Schwarz-Gelb wahrscheinlich am Ende eh gewinnt.
Gegenfrage: Was taugen die gängigen makroökonomischen Modelle zur Beurteilung von Wirtschaftspolitik? Werden diese ihrem normativen Anspruch gerecht?
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