Lebt der Mythos Gold vom Glauben?

by on 15. Oktober 2013

Neulich fragte mich einer alter Bekannter, ob jetzt nicht die richtige Zeit gekommen sei, wieder in Gold zu investieren. Er schaut regelmäßig die Börsennachrichten und hat nach einem Kurseinbruch von über 30% seit dem Hoch im September 2011 das Gefühl, das berappele sich wieder. Dazu muss man wissen, dass er sehnsüchtig an die Auferstehung des Goldpreises glauben möchte, weil er im Sommer 2011 20% seines Anlagevermögens aus Aktien in Gold umgeschichtet hat.

Quelle: Guidants

Damals hat er mich freilich nicht gefragt, ob ein solcher Kauf Sinn gemacht hätte. Ich hätte aber auch damals keine klare Antwort gehabt, denn ich kenne keine guten (im Sinne von kausal) Argumente für den Kauf oder gar die Geldanlage in Gold. Vielleicht verstehe ich aber auch die Argumente nur nicht.

Nach meiner Überzeugung ist Gold ein Mythos. Der “Mythos Gold” lebt allein davon, dass sehr viele an diesen Mythos glauben. Und zahlreiche Teilnehmer der Finanzmärkte (bis hin zu den Zentralbanken) tun viel dafür, diesen Mythos am Leben erhalten. So suggerieren einige Berichte in den Wirtschaftsmedien gerade im Zusammenhang mit dem US-Shutdown einen Zusammenhang zwischen Gold und der US-Krise, wie etwa hier bei CNBC. Warum Gold ein sicherer Hafen sein soll, wenn die USA pleite macht, habe ich nirgends plausibel erläutert gefunden.

Gerade stellte der sonst sehr anerkannte und fachkundige Analyst Folker Hellmeyer, Chefstratege der Bremer Landesbank, im Gespräch mit dem Handelsblatt fest: “Investments in Edelmetall sind zwingend wegen der dramatischen Verschiebungen im Weltfinanzsystem”. Er vermeidet es aber, die mir fehlenden kausale Brücke zu bauen. Ich finde nur statistische Zusammenhänge. Schaut man sich etwa einen Vergleich des Goldpreises mit dem DAX in den letzten 5 Jahren an, dann zeigt die Entwicklung tatsächlich, dass Gold in Krisenzeiten gesucht wird und besser performt als Aktien

Quelle: Cortal Consors

Betrachtet man die Entwicklung aber langfristig an, wie dies Karl-Heinz Thielmann in dem Beitrag “Geschäft mit der Angst” gemacht hat, dann bringt Gold nur etwas, wenn man mit einer Dauerkrise rechnet und diese Dauerkrise auch kommt.

Also noch einmal: Was ist die kausale Logik, dass Gold der Krisenabsicherung dienen könnte? Aus Grafiken wie der Vorherstehenden könnte man allenfalls einen statistischen Zusammenhang ableiten, der sich aber in der Zukunft nicht wiederholen muss. Korrelation ist nicht gleich Kausalität (siehe dazu Deus ex Machina oder einfacher Andreas Zwinkau). 

Für die akademischen Blätter schrieb einmal Christian Roth in dem Beitrag: Wie lügt man mit Statistik?:

“Eines der vielen Missverständnisse um die Statistik ist, dass man mit ihr kausale Zusammenhänge beweisen könnte. Das kann man nicht. Um zu beweisen, dass aus einem bestimmten Umstand A mehr oder weniger zwingend ein Umstand B folgt, muss man A und B inhaltlich verstehen und über die reine Beobachtung hinaus einen Blick sozusagen unter die messbare Oberfläche werfen. Die Statistik wagt diesen Blick nicht.”

Und ich möchte wissen, welche kausale Logik die Goldfans für die Entwicklung des Goldpreises verwenden.

Trotz dieser Skepsis gestehe ich, dass ich den Krugerrand, den ich mal von meiner Oma geschenkt bekommen habe, immer noch aufbewahre. Die Münze hat mich damals fasziniert (auf dieser Webseite kann man sie sich sogar mit einer Lupe im Goldsilbershop den Krugerrand ansehen). Heute hat Gold für mich seine Faszination verloren seit ich weiß, das jedes Jahr viel mehr Gold produziert als für industrielle Zwecke verbraucht wird. 

Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich übrigens auf den sehr zu empfehlenden Beitrag von Mr. Michael Schulte Dax gestoßen “Von Gold-Bugs und Gold-Hassern”. Michael langweilt sich freilich über die Geschichten von der Nutzlosigkeit des Goldes. Er findet, das ginge am Thema vorbei. Dennoch kommt es auch nach seiner Auffassung darauf an, dass der Glaube an das Gold erhalten bleibt. Er schreibt: “Gold wirft nichts ab und erzeugt keine Wertschöpfung. Es ist ohne funktionale Bedeutung für unser Leben.” Sein zentrales Argument aber ist: “Gold ist Geld. Das älteste Geld der Welt. Und Geld hat solange Wert, wie die Menschen an den Wert glauben.” Damit ist für mich erneut klar, die Investition in Gold bleibt eine Glaubensfrage.

FDominicus Oktober 17, 2013 um 13:48 Uhr

Es geht m.E nicht um den Glauben sondern um die Tatsache, daß Gold von Staaten nicht vervielfältigt werden kann. Jedes andere Gut das man gut teilen kann, aber nur mühsam erstellen hat die gleichen guten Eigenschaften. Worum es geht ist es Staaten die Möglichkeit zu nehmen „Geld“ zu drucken. Darum geht es.

Karl-Heinz Thielmann Oktober 17, 2013 um 13:34 Uhr

Ich bin grundsätzlich einverstanden, dennoch ein paar Anmerkungen bzw. Ergänzungen:

Empirisch gesehen gibt es keinen Zusammenhang zwischen Krisen und dem Goldpreis. Dies lässt sich relativ gut zeigen, da es Goldpreisdaten seit dem 13. Jahrhundert gibt. Einen Zusammenhang gibt es höchstens zwischen dem Goldpreis und Krisenängsten, die man aber leider nur schwer messen kann.

Was leider in der Diskussion um Gold hier in Europa immer wieder komplett vergessen wird: Heutzutage landet mehr als 2/3 des jährlich verkauften Goldes in Asien und islamisch/arabischen Ländern. Insofern ist klar, warum Eurokrise und US-Budget-Tamtam relativ irrelevant sind; die wirtschaftliche Dynamik in China und Indien dafür aber um so mehr. Und gerade in Indien hakt es in letzter Zeit gewaltig. Dass die Goldpreisentwicklung eng mit der Entwicklung der Wachstumerwartungen für dieses Land korrelliert ist, ist natürlich noch fast keinem Experten aufgefallen.

Der Goldpreis lässt sich also schon erklären, nur leider sorgt unsere „eurozentristische Weltsicht“ dafür, das wir uns an Mythen orientieren. Es gibt sehr wenige Güter, für die Angebot und Nachfrage auch über einen längeren Zeitraum so gut dokumentiert sind wie bei Gold (so z.B. auf gold.org). Was mich immer wieder erstaunt ist, warum gerade die vielen selbsternannten „Goldexperten“ offensichtliche Fakten konsequent ignorieren.

Aber vielleicht ist ja der „Experte“ auch ein Mythos….

Dirk Elsner Oktober 17, 2013 um 07:50 Uhr

Stimmt: Sicherheit ist ebenfalls ein Mythos

Gierls Oktober 16, 2013 um 22:10 Uhr

Zufällig habe ich gerade heute im NDR eine „Stimme aus dem Volk“ gehört, das „gedruckte“ Geld sei ja nichts wert,weil nichts dahinter steht. Gemeint ist damit vermutlich, dass nichts Greifbares, dahinter stehe. Gold ist greifbar und deshalb wird es gerade in Krisenzeiten für wertvoller gehalten als Geld. Zugleich wird aber damit dem Gold -unbewusst- die gleiche Eigenschaft zugesprochen, wie dem Geld: Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel. Und objektiv hat Gold auch kaum andere Eigenschaften. Es wird zwar auch industriell eingesetzt. Betrachtet man die industrielle Nachfrage und stellt dieser das Angebot gegenüber, wäre Gold aber nur ein recht preiswertes Metall.
Ja, Gold ist ein Mythos und solange es Menschen gibt, die daran Glauben,bleibt es wertvoll, genauso wie in Nichtkrisenzeiten Geld wertvoll ist. Die Ironie an der Sache ist, dass Gold gerade in Krisenzeiten seinen Nutzen und damit seinen Wert verlieren kann. Goldbesitz kann verboten werden, was ich für wahrscheinlich halte, solange ein Staat halbwegs funktioniert. Denn ohne ein geordnetes und reguliertes Geldsystem wird wohl kaum ein Staat bestehen können.
So bleibt also fast nur, dass man mit Gold trefflich spekulieren kann. Aber ist dies das Motiv der Menschen, die im Gold Sicherheit suchen? Übrigens ist Sicherheit auch ein Mythos.

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