Ausfallrisiko auch für Optionsscheine, Beraterhaftung für Banken möglich

by Dirk Elsner on 19. September 2008

Das in den letzten Tagen vielzitierte Ausfallrisiko für Anlagezertifikate existiert nicht nur für diese Papiere, sondern auch für Optionsscheine, die von Banken und anderen Finanzinstitutionen auf Aktien, Indizes, Währungen und Rohstoffe begeben werden. Der Fall der US-Investmentbank Lehman Brothers hat zunächst die öffentliche Aufmerksamkeit nur auf den Begriff der Zertifikate beschränkt. Dies hat bei Sparkassenkunden bereits zu Verwirrungen geführt.

Geht man der Frage nach, in welchem Umfang Emittenten von Optionsscheinen auf Ausfall-, Liquiditäts- und operative Risiken hinweisen, wird man schnell ernüchtert.

Als Beispiel hier der Link auf eine Broschüre der ABN Amro Bank, die den Titel trägt „Mit Optionsscheinen profitieren“. Erst auf Seite 9 findet man im kleingedruckten Disclaimer folgenden Hinweis:

„Optionsscheine sind Inhaberschuldverschreibungen der ABN AMRO Bank N.V., die gleichrangig mit allen anderen nicht nachrangigen Verbindlichkeiten der ABN AMRO Bank N.V. stehen (Credit Rating der ABN AMRO Bank N.V.: Moody’s Aa2, S&P AA-). „

Daraus wird nicht deutlich, dass bei Zahlungsschwierigkeiten des Emittenten auch die Auszahlungsansprüche gegen die Bank ins Leere gehen, und zwar selbst wenn der Optionsschein weit „im Geld“ liegt. Auch auf den Webseiten von ABN selbst finden sich übrigens keine weiteren Hinweise zum Ausfallrisiko der Scheine.

Ähnlich die Nichtaufklärung bei deutschen Instituten. Die Dresdner Bank weist zwar in ihrer Broschüre „Dresdner Bank Optionsscheine Mit Hebelwirkung mehr erreichen“ auf Risiken wie folgt hin:

„Aufgrund der oben geschilderten Zusammenhänge sollte klar sein, dass der Preis eines Optionsscheins von der Höhe des Basispreises, dem Preis des Basiswertes selbst, dessen Volatilität, dem Zinssatz sowie der Restlaufzeit des Optionsscheins bestimmt wird. „

Kein Wort findet man zu den Risiken Ausfall, Liquidität und operative Risiken.

Ein Lob in diesem Zusammenhang für die Deutsche Bank. In ihrer Broschüre „BASISPROSPEKT ENDGÜLTIGE BEDINGUNGEN für Optionsscheine“ findet man auf S. 27 den Hinweis:

„Eine Investition in Schuldverschreibungen, einschließlich Zertifikate, und Geldmarktpapiere der Deutschen Bank birgt das Risiko, dass die Deutsche Bank ihre jeweils eingegangenen Verbindlichkeiten nicht, nicht in voller Höhe und/oder nicht fristgerecht erfüllt.“

Es darf aber bezweifelt werden, dass alle Kunden, die Optionsscheine der Deutschen Bank kaufen, auf dieses 237 Seiten umfassende Papier aufmerksam gemacht werden, geschweige denn es lesen.

Das lenkt natürlich die Aufmerksamkeit auf die Frage, ob Banken haften müssen, weil sie ihre Kunden nicht ausreichend aufgeklärt haben. § 31 des Wertpapierhandelsgesetzt verpflichtet die Banken zu umfassender Aufklärung über Wertpapiergeschäfte. Andernfalls drohen Schadensersatzforderungen, die häufig in Gerichtsprozessen erfolgreich durchgesetzt werden können

Banken sind daher gut beraten, schnellstmöglich ihre Beratungspraxis an die zwar nicht neuen aber jetzt ins Bewusstsein geratenen Risiken anzupassen. Dennoch würde es mich nicht wundern, wenn in den nächsten Tagen und Wochen bekannt würde, dass Kunden von ihrem Institut den Schaden aus den Lehman Ausfällen erstattet bekommen wollen.

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Hintergrund Optionsscheine

Optionsscheine verbriefen das Recht, einen bestimmten Basiswert zu einem im Voraus bestimmten Basispreis zu erwerben (Call) oder zu veräußern (Put), bzw. einen Barausgleich zu erhalten. In den Informationen auf einschlägigen Internetseiten und Broschüren wird meist nur hervorgehoben, dass der Preis des Optionsschein von Preisschwankungen des Basiswertes, der Restlaufzeit, den Geldmarktzinsen und den Ausstattungsmerkmalen der Scheine abhängig sei.

Im Gegensatz zu diesen Optionsscheinen, die auch als Covored Warrants, Naked Warrants oder Altaktienoptionsscheine bezeichnet werden, gibt es noch vereinzelt die traditionellen Optionsscheine. Diese werden im Rahmen einer Optionsanleihe von einer Kapitalgesellschaft begeben. Optionsanleihen enthalten ein selbständig handelbares Bezugsrecht auf Aktien der emittierenden Kapitalgesellschaft.

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