Extreme Kursprognosen und die Schwächen von Analysten

by Dirk Elsner on 29. Oktober 2008

DAX in den letzten 12 Monaten

DAX in den letzten 12 Monaten

Mit der Finanzkrise haben sich viele Kursprognosen ins Nirwana verabschiedet. Dies hat Analysten aber nicht davon abgehalten, sofort wieder neue Prognosen auf den Markt zu werfen. Wie so häufig neigen einige Vertreter dieser Zunft schnell wieder zu extremen Vorhersagen.

Extreme Prognostiker und ihre Motivation

Die New York Times wunderte sich in ihrer Ausgabe vom vergangenen Samstag über die aktuellen Vorhersagen von Analysten. Mit dem Börsenkrach wurden plötzlich immer tiefere Marken ausgerufen.  7000, 700 und 70 Punkte im Dow: Kein Punktestand im Dow Jones scheint in den Augen der Analysten mehr unmöglich zu sein.

Owen Lamont, früher Professor an der Yale Universität, erklärt das damit, dass Prognostiker starke Anreize für extreme Vorhersagen haben. Extreme Vorhersagen fallen in diesen Zeiten auf und sorgen für entsprechende Aufmerksamkeit für den jeweiligen Analysten. Mit der Aufmerksamkeit steigt die Kundenbasis und damit erhöhen sich die Einnahmen für sein Geschäft.

Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Prognosen zutreffen oder nicht. Kontrolliert wird ohnehin selten. Häufig erfolgt die Berichterstattung sogar asymmetrisch. Hat ein Analyst mit einer extremen Prognose ins Schwarze getroffen, dann kann er zum Guru aufsteigen. Trifft er nicht, dann wird dies meist ignoriert, es sei denn, er hat den Guru-Status erreicht. Erinnert sich noch jemand an den Zinspapst Henry Kaufman?

Analysten neigen zur Trendfortschreibung …

Neben den Extremprognosen schreiben viele Analysten einfach bestehende Trends fort. Menschen neigen dazu, Trends aus der Vergangenheit einfach in die Zukunft zu extrapolieren. Dabei erhalten die Ereignisse bzw. Kurse kurz vor der Prognoseveröffentlichung einen höheren Stellenwert als weiter zurück liegende Ereignisse. Viele werden sich sicher noch erinnern an Prognosen im Juli zu den Rohölpreisen, die in diesem Jahr noch 200$ erreichen sollten.

… und zur Selbstüberschätzung

Selbstüberschätzung (Overconfidence) ist ein bekanntes Phänomen, das nicht nur bei Analysten zu beobachten ist. Insgesamt erscheinen erfahrene Profis davon eher schwerer betroffen zu sein, da sie mehr Vertrauen in ihr Wissen und ihre Fähigkeiten legen, als Kollegen mit weniger Erfahrung. Overconfidence (auch Overconfidence-Bias) beschreibt ein übersteigertes Selbstvertrauen, das sich in systematischer Selbstüberschätzung in Bezug auf eigenes Wissen und eigene Bewertungen ausdrückt.

Das Ausmaß der Overconfidence ist abhängig davon, wie oft ein Analyst in der Vergangenheit richtig gelegen hat, fasst Martin Haimerl in seinem Blog die Erkenntnisse zusammen. Studien konnten zeigen, dass die Auswirkungen von Overconfidence bei Gewinnprognosen höher sind, als bei Kursprognosen. Weiter heißt es in dem Beitrag: „Analysten glauben, dass bei Kursprognosen das Glück eine größere Rolle spielt. Bei Gewinneinschätzungen hingegen werden detailliertes Wissen und Erfahrung als Determinanten für den Erfolg verantwortlich gemacht. Dies vermittelt den Eindruck, mehr Kontrolle zu haben, was zu einem höheren Maß an Overconfidence bei Gewinnprognosen führt. Generell schätzen 60-70% der Analysten ihre eigene Performance besser ein, als den Durchschnitt ihrer Kollegen.

Analysten sind keine Laien und erhöhen die Informationseffizienz

Natürlich sind die angesprochenen Analysten keine Laien. In der Praxis geben sie sich sehr viel Mühe, um ihre Prognosen auf Basis von Marktbetrachtungen, Bilanzanalysen, Cash-flow-Prognosen und mehr plausibel zu begründen. Die moderne Portfolio Theorie hat außerdem einige Analysten dazu gebracht, ihre Prognosen mit Risikomaßen zu versehen.

Die meisten professionellen Analysten haben eine umfangreiche ökonomische Ausbildung, die sie befähigt die Analysen sachlich und sprachlich richtig darzustellen. Analysten tragen außerdem wesentlich zum Verständnis der Aktivitäten auf den Kapitalmärkten bei und weisen häufig auf Missstände auf den Märkten oder in den Unternehmen hin. Sie leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zu höhere Informationseffizienz der Märkte. Aber vielleicht ist es gerade diese Informationseffizienz, die die Prognosen vieler Analysten im Durchschnitt nicht besser aussehen lässt als die des Affens. der seine Prognose mit Dartpfeilen abgibt.

Spannende Website zur Überprüfung von Analysen

Ich hatte bereits in meinem Blog auf die Website Sharewise hingewiesen. Das charmante an der Börsencommunity ist, dass hier Prognosen nicht nur ausgetauscht sondern auch maschinell überprüft werden. Dabei wird nicht nur die Prognosequalität von Mitgliedern der Community gemessen, auch Vorhersagen von kommerziellen Häusern stehen auf dem Prüfstand.

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

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