Fast unbemerkt in Deutschland hat der Versicherkonzern American International Group (AIG) Zugang zu weiteren Kreditlinien erhalten. Dies schrieb die News York Times bereits am Donnerstag. Die amerikanische Zentralbank ermöglicht AIG die Teilnahme an einem neuen Commercial Paper Programm in Höhe von 20,9 Mrd. US$. Zusammen mit weiteren Programmen kann AIG damit mittlerweile bis zu 144 Mrd. US$ an staatlichen Krediten in Anspruch nehmen.
Ob dieser Betrag ausreicht, ist noch nicht klar. AIG hat einen umfangreichen Bestand an Credit Default Swaps (CDS), mit denen Kredite an andere Unternehmen versichert sind. Durch die große Anzahl sogenannter Kreditereignissen wird AIG immer wieder aus diesen CDS in Anspruch genommen.
Die Gesellschaft gehört zu den Hauptmarktteilnehmern auf dem intransparenten und kaum regulierten CDS-Markt, auf dem Unternehmens- und Hypothekenkredite in der ganzen Welt abgesichert werden. Insbesondere die Immobilienkrise in den letzten Monaten hat viele Kreditereignisse der CDS ausgelöst und zu Zahlungsverpflichtungen und damit zu hohem Kapitalbedarf von AIG geführt.
Ein Ausfall von AIG hätte dazu geführt, dass weltweit Finanzinstitute, die mit diesen Instrumenten die Ausfallrisiken ihrer Kredite direkt oder indirekt über AIG abgesichert haben, plötzlich höhere Ausfallrisiken in den Büchern gehabt hätten. Die Konsequenz: Viele Banken hätten weitere Abschreibungen vornehmen müssen. Die Folge: Sie hätten sich weiteres Kapital beschaffen oder die Kreditvergabe einschränken müssen.
Auch deutsche Banken wären massiv von einer AIG-Insolvenz betroffen gewesen. Dabei ist es unerheblich, ob sie sich über AIG oder andere Marktteilnehmer abgesichert haben. Der Ausfall von AIG hätte den 62-Billionen-Dollar Markt weiter ins Straucheln gebracht und hätte allein wegen der Markt- bzw. Absicherungslogik auch deutsche Institute betreffen müssen.
AIG hatte kurz nach dem Zusammenbruch der Investment Bank Lehman Brothers von der US-Regierung Mitte September zunächst Nothilfen in Höhe von 85 Mrd. $ erhalten. Kurz zuvor hatte sie den Kapitalbedarf zunächst auf nur 20 Mrd. $ beziffert.
Später stellte die Fed dem Versicherer weitere Milliarden-Sicherheiten in Aussicht. Allerdings hatte AIG noch im selben Monat für Empörung gesorgt, nachdem bekannt wurde, dass der Konzern seinen Mitarbeitern weiterhin Aufenthalte in Luxushotels spendierte. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Abfindungspolitik des Versicherers: Ex-Vorstandschef Martin Sullivan sicherte sich einen „Goldenen Handschlag“ über 15 Mio. $ und eine Barzulage von 5 Mio. $. Joseph Cassano, dessen Sparte den Großteil der AIG-Verluste verursachte hatte, erhielt ganze 34 Mio. $. Der Konzern kündigte inzwischen an, die Abfindungen zurückfordern zu wollen.
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