Die fünf menthalen Sterbephasen der Wirtschaftkrise (Teil 2)

by Dirk Elsner on 16. Dezember 2008

In Death a Song pt 2

Eine bessere Version des Todes?

Heute geht es weiter mit der zweiteiligen Serie (Teil 1 hier) über die fünf menthalen Phasen der Wirtschaftskrise. Die fünf Phasen sind wie gestern erläutert angelehnt an die Sterbephasen nach Kübler Ross.

Phase 3: Verhandeln

Zu dieser Phase heißt es in dem Phasenmodell von Kübler-Ross:

In der, meist kurzen, dritten Phase erkennt der Betroffene den bevorstehenden Tod an, dennoch versucht er zu verhandeln. Er „verhandelt“ mit den Ärzten und dem Pflegepersonal. Er besucht regelmäßig die Kirche, legt Gelübde und Versprechen ab (z.B: Das will ich auch ändern, wenn ich weiterleben darf), nimmt regelmäßig an den Therapien teil und stimmt neuen Therapien zu. Auch mit Gott und dem Schicksal wird verhandelt: es wird um Aufschub gebeten, z.B. bis zur Geburt des ersten Enkels oder Urenkels. Hier soll versucht werden, die Hoffnungen auf einen realistischen Hintergrund zurückzuführen und keine falschen Hoffnungen zu wecken, da diese den Betroffenen erst recht schädigen würden.

Der Text von Löpfe passt hier nicht ganz zu dieser Beschreibung. Hier können Sie aber selbst nachlesen: Nur Verhandeln führt aus der Nachfragekrise.

Die Banker selbst hätten sich das ganze Schlamassel möglicherweise besser vorstellen können. Aber sie waren auch schlechte Kandidaten, um die Krise zu bekämpfen – nicht, weil sie Banker sind, sondern weil sie die direkt Betroffenen waren. Und die unterliegen oft einer „Kontrollillusion“. Vielleicht ahnten einige sogar, dass da eine Blase kurz vor dem Platzen war. Aber fast jeder hält sich selbst für besser als die Kollegen. 88 Prozent der Autofahrer halten ihre Fähigkeiten am Steuer für überdurchschnittlich – kein Wunder, dass da auch die meisten Banker glaubten, sie hätten ihre Wertpapiere besser im Griff als die Konkurrenz und würden ungeschoren aus der Krise kommen.

Phase 4: Depression

In dieser Phase kommt es zu extremen Schwankungen zwischen Depressionen und Hoffnungen. Die Depression ist vor allem durch eine hoffnungslose innere Leere, durch Sinnlosigkeitsgefühle und Lebensüberdruss gekennzeichnet. Der Sterbende trauert um das, was er mit seinem Tod verlieren wird, um das, was ihm wichtig war (Partner, Kinder, Freunde und Angehörige). Er bereut vielleicht zurückliegende Versäumnisse, erinnert sich an frühere Ereignisse und Probleme, die er jetzt nicht mehr lösen kann. Das kann in ihm Kummer und Schuldgefühle erwecken. Es ist ihm aber auch möglich geworden, sich mit der Realität des Todes auseinanderzusetzen und zum Beispiel sein Testament zu erstellen oder ein Geschäft zum Abschluss zu bringen. Doch auch in dieser Phase gibt der Sterbende die Hoffnung nicht auf. Er hofft immer noch auf eine Genesung oder zumindestens auf einen Stillstand seiner Krankheit. Wenn diese, meist unrealistischen, Hoffnungen nicht eintreffen, hofft er wenigstens auf ein gutes, möglichst schmerzfreies Sterben und auf ein besseres Leben nach dem Tod.

Löpfe beschreibt diese Phase anhand der Weltwirtschaftskrise, meint aber,  die Chancen stehen gut, dass sich die katastrophale Entwicklung der dreissiger Jahre nicht wiederholt. Die Ökonomen haben die Lehren daraus gezogen. Hoffentlich hat er recht.

Phase 5: Akzeptanz

In dieser letzten fünften Phase nimmt der Betroffene sein Schicksal an und willigt darin ein. Es geht darum Traurigkeit und Trauer über sich selbst und die Angehörigen zuzulassen. Es bestehen zwar immer noch schwache Hoffnungen, nicht sterben zu müssen, doch ansonsten ist diese Phase frei von solchen starken Gefühlen, wie sie in den vorangegangenen Phasen auf den sterbenden eingestürmt sind. Er ist jetzt körperlich und geistig erschöpft, schläft viel und möchte häufig nicht gestört werden. Meist kann er sich nur noch mit wenigen Worten und Gesten verständigen.

Nach Löpfe steht am Ende der Rezession die Phase des Deleveraging, der Entschuldung. Dabei muss der Staat die Ordnung aufrecht erhalten und die neuen geopolitischen Realitäten anerkennen.

Auch wenn die Rezession einmal wirtschaftlich ausgestanden ist, sind die politischen Probleme noch nicht gelöst. Zur Akzeptanz gehört auch die Anerkennung der neuen geopolitischen Realitäten. Länder wie China, Indien oder Brasilien sind in den globalen Institutionen wie UN oder IWF/Weltbank bis heute grotesk untervertreten. Die Weltwirtschaft kann ihr Gleichgewicht erst dann finden, wenn auch die politischen Kräfte angemessen ausbalanciert sind.

Quellen dieses Artikels und weitere Literatur

FAZ: Die Welt hört nie auf die Untergangspropheten

Dossier: Die fünf Brücken der Rezession

Eine detaillierte Beschreibung der Sterbephasen

Sterbephasen nach Kübler Ross

Wirtschaftskrise Die Angst entscheidet

Interview Roubini„Die Börsianer sind zu optimistisch“

Die Unwetterwarnung


Silberrücken Dezember 16, 2008 um 19:28 Uhr

Der Artikel beschreibt einleuchtend, warum keine die Entwicklung nach unten wahrhaben wollte. Kopf in den Sand und Elfenbeinturm waren die bevorzugten Aufenthaltsorte der Banker, aber auch der Wirtschaftsbosse und der von ihnen gesponserten „Wirtschaftsweisen“.

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