Stimmungen und Wirtschaftsprognosen

by Dirk Elsner on 12. Januar 2009

Wall Street

Düstere Stimmung

Im DIW Wochenbericht 1-2/2009 hat Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Stellung genommen zu der aktuellen Diskussion um Prognosen und deren Einfluss auf die Stimmungen Bevölkerung:

Wird sich der Abschwung, der bereits 2007 begann, 2009 fortsetzen? Die einhellige Prognose dafür ist „ja“. Dissens besteht allerdings über Tiefe und Dauer der Krise. Sie kann inzwischen auch in Deutschland Rezession genannt werden, obwohl die Beschäftigung noch nicht abnahm. Der Output schrumpft seit drei Quartalen und zuletzt sank auch die Produktion unter die Normalauslastung der Wirtschaft.

Ursache der Krise ist die einbrechende Weltwirtschaft, die sich in einem prognostizierten rapiden Einbruch der deutschen Exporte manifestiert. Nach Wachstumsraten von 7,5 Prozent 2007 und 4,4 Prozent 2008 werden für 2009 Einschätzungen von knapp –9 Prozent (Kieler Institut für Weltwirtschaft) bis etwa –1 Prozent (Deutscher
Industrie- und Handelskammertag) oder gar nur ein leichtes Minus (Bundesverband Groß- und Außenhandel) laut. Das DIW Berlin ist hier mit knapp –3 Prozent verhalten optimistisch.

Bevölkerungsumfragen haben eine hohe Dissonanz zwischen der Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage und der der Gesamtwirtschaft ermittelt. So sind nach einer Umfrage für RTL und den „Stern“ 78 Prozent der Befragten überzeugt, dass 2009 für sie ein gutes Jahr wird, aber 62 Prozent rechnen mit einem schlechten Jahr für das Land. Nach einer Messung der Stimmungslage der Bevölkerung durch das Institut für Demoskopie Allensbach fühlt sich nur jeder dritte Berufstätige von der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage betroffen. Dagegen sieht nur ein Drittel der Befragten dem neuen Jahr mit Hoffnungen entgegen. Zuvor gab es weitere Zeitpunkte, in denen ebenso wenig oder sogar noch weniger Optimismus herrschte: 1950 während des Koreakrieges, 1973 bei der Ölkrise, Anfang der 80er Jahre beim Regierungswechsel von Schmidt zu Kohl und 2001 nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York.

Analysiert man die letzten Konjunkturzyklen, so war der Rückgang der Produktion in der zweiten Ölkrise nach 1979 noch einschneidender als diesmal. Doch sind Beschäftigung, verfügbare Einkommen und Konsum jetzt erheblich stabiler. Vergleiche mit der Großen Depression nach 1929 sind deshalb völlig überzogen. Insbesondere dann, wenn die massiven Konjunkturprogramme in den Ländern, von denen der Abschwung ausging, umgesetzt werden und sie die Wirksamkeit haben, die ihre Befürworter erwarten. Dann wäre mit einer baldigen Erholung der Weltwirtschaft zu
rechnen und die Entwicklung in Deutschland verliefe positiver. Interessanterweise prognostizieren aber gerade diejenigen die internationale Dauerkrise, die hier solche Konjunkturprogramme fordern.

Prognosen beeinflussen Verhalten und Stimmungen und müssen deshalb nicht eintreffen. Prognoseerfolg ist kein Maß für Prognosegüte. Überzeichnende Negativprognosen, die derzeit allenfalls informierte Szenarien sind, können allerdings die Krise verstärken.

Eine Sammlung aktueller Berichte über Prognosen hat der Blick Log hier zusammengestellt.

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