Gezeitenwechsel im Wealth Mangement

by Gastbeitrag on 17. März 2009

Von Dr. Franz-Josef Lerdo*

Die Berichterstattung der Banken zum abgelaufenen Jahr zeigt, dass im Wealth Management deutlich rückläufige Erträge erzielt worden sind. Die Stichworte hierfür sind:

  • der Kurseinbruch an den Finanzmärkten bei vielen Assetklassen mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das gesamte Kundenvermögen und damit die volumensabhängigen Einnahmen der Banken,
  • der Rückgang der Transaktionen im Anlagebereich, verbunden mit einer Flucht aus margenstarken Produkten (Hedge Fonds, strukturierte Produkte) in niedrigmargige liquide Anlagen sowie als sicher betrachtete Anleihen mit entsprechender Bonität,
  • Mittelabflüsse aufgrund des Vertrauensverlustes bei in die Schlagzeilen geratenen Banken, bei allerdings auch entsprechenden Zuflüsse bei anderen als sicher eingeschätzten Instituten, sowie
  • ein verstärkter Trend zu Anbietern, die unabhängigen Rat anbieten und Banken nur noch als kostengünstige Abwicklungsplattformen benutzen.

Die niedrige Asset Basis der Banken zu Beginn des Jahres 2009 verbunden mit dem riesigen Vertrauensverlust sowohl in Finanzmärkte als auch die Beratung der Banken wird eine Rückkehr zu den alten Rekordeinnahmen der Banken im Wealth Management auf absehbare Zeit unmöglich machen. Vielmehr ist eine weitere markante Ertragserosion zu erwarten.

Daraus entsteht eine brisante Konstellation:

Die Kosten im Wealth Management lassen sich kurzfristig nicht hinreichend gemäß den schrumpfenden Erträgen abbauen. Es ist daher zu beobachten, dass alles getan wird, um die Marge auf die Assets einigermassen stabil zu halten. Da die Assets markant niedriger sind, müsste die Marge theoretisch sogar steigen. Das bedeutet aber einen noch stärkeren Vertriebsdruck auf die Relationship Manager mit entsprechendem Priorisierung höhermargiger Produkte. Angesichts der weit verbreiteten Kritik an strukturierten Produkte führt ein derartiges Verhalten jedoch nur zu einer Konsequenz: Das Vertrauen der Kunden in die Bank als Wahrer ihrer finanziellen Interessen nimmt noch weiter ab. Die aktuelle GWM-Studie (Januar 2009) von BrandControl zeigt auf, dass mittlerweile 64% der Spitzenverdiener kein Vertrauen mehr in Banken haben. Von 41 Bankinstituten haben 30 bei den Anlegern an Vertrauen eingebüsst. Die Folgen sind grosse Skepsis gegenüber hochmargigen Produkten, Lethargie bei Transaktionen und stärkere Mittelabflüsse insbesondere bei Grossbanken. Kleinere Privatbanken und unabhängige Vermögensverwalter boomen.

Dass ein derartiges Verhalten keine Zukunftsstrategie ist, liegt auf der Hand. Klar ist aber auch, dass die Dienstleistungen des Private Bankings auch in Zukunft gebraucht werden. Folglich wird es nicht zu einer Auflösung der Branche, wohl aber zu Verschiebungen innerhalb der Branche kommen. Gewinner werden die Banken sein, denen es gelingt, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Der einzige strategische Hebel der Banken hierzu liegt in der Rückgewinnung des Vertrauens ihrer Kunden. Nur wenn die Kunden das Gefühl haben, mit ihren Bedürfnissen respektiert und von ihrer Bank ernst genommen zu werden, wird ihr Vertrauen zurück kehren. Für einen derartigen Dialog mit den Kunden bedarf es neuer, im Private Banking bislang nicht gewohnter Wege. Ein zentrales Instrument dazu sind Kundenbefragungen, die professionell in Kundenworkshops mithilfe neutraler Berater ohne Teilnahme der Banken durchgeführt werden können. Diese können alleine durch die Kommunikation dieser Massnahme im Vorfeld sowie der Mitteilung der zentralen Ergebnisse im Anschluss ein wichtiges Signal beim Kunden setzen. Ein echter Dialog bedarf jedoch einer Institutionalisierung zur Gewährleistung der Kontinuität. Erste Vorreiter haben dies erkannt und errichten wie z.B. die Commerzbank in Deutschland einen Kundenbeirat.

Ein derartiger Dialog schürt jedoch auch Erwartungen. Klar ist deshalb, dass den Worten auch Taten folgen müssen. Die Hinweise der Kunden müssen ernst genommen werden und es muss transparent sein, inwiefern die Bank diese aufgreift und umsetzt. Die Massnahmen können dabei von einer geänderten Anlagestrategie bis hin zur Etablierung neuer Steuerungsinstrumente oder veränderten Incentivierungssystemen reichen. In den meisten Branchen sind derartige Befragungen und ein wie auch immer gestalteter Kundendialog heute bereits Standard – im Wealth Management muss er noch etabliert werden. Und wenn eine „lessons learnt“ aus vielen anderen Branchen gilt, dann ist es diese – Gewinner sind immer die Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkennen und sich ohne Vorbehalte ihren Kunden und deren Bedürfnissen stellen. Dies gilt für Banken genauso wie für alle andere Branchen.

* Dr. Franz-Josef Lerdo war langjährig im Private Banking/Wealth Management von Banken tätig, zuletzt als CEO der Dresdner Bank Schweiz. Er ist heute Partner in einem Multi-Family Office in Herrliberg/Zürich

Skeptiker März 18, 2009 um 09:18 Uhr

Sehr interessanter und informativer Beitrag.
Außerhalb des Bankbereichs tut sich scheinbar etwas. Die Banken selbst zeigen sich dagegen wenig innovativ.

Lerdo März 19, 2009 um 08:44 Uhr

Danke für die Kommentierung. Die Finanzkrise und das Desaster der Banken wird m.E. dazu führen, dass sich viele gute Leute, die bisher erfolgreich bei Banken gearbeitet haben, selbständig machen und mit neuen Ideen die Branche aufmischen werden. Darauf freue ich mich.

Ian März 18, 2009 um 08:44 Uhr

Sehr guter Beitrag, spiegelt eins zu eins die Situation bei den meisten sog. deutschen Privatbanken mit Schwerpunkt Vermögensbertaung wieder. Das Problem ist m.E. das bei den Banken einfach nicht auf den Kunden eingegangen wird, wie es sich gehört, nämlich auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Beratung. Stattdessen mutieren die Banken zu besseren Vertriebsmaschinerien, kein Wunder also, dass den Kunden das Vertrauen fehlt. Ein zweites Thema ist natürlich auch die Gebührenstruktur, was ich persönlich jeden Tag in meinem Berufsfeld Immobilien erlebe; der Kunde ist i.d.R. nicht bereit, für eine unabhängige Beratung eine angemessene Gebühr zu zahlen und da beisst sich dann die Katze in den Schwanz. Denn dann muss ich zwangsläufig eine provisions- bzw. transaktionsabhängige Gebühr erheben, dann aber fehlt i.d.R. eine unabhängige und neutrale Betrachtungsweise und der Kunde bekommt eben eine Produkt „vertickert“. M.E. sollte man über neue Honorarmodelle nachdenken, wobei eine kundenorientierte Vorgehensweise im Vordergrund stehen sollte. Dies können die etablierten Institue mit Ihrer Kostenstruktur jedoch nicht leisten, zu beratungsintensiv und der Kunde steht wie immer „im Weg“.

Gruß

Ian

Lerdo März 19, 2009 um 08:48 Uhr

Danke für das Lob. Die Gebührenstruktur ist sicher das grösste Hindernis. Leider haben sich Modelle der Honorierung nach Aufwand, wie etwa beim Anwalt, im deutschsprachigen Raum bisher nicht durchgesetzt. Möglicherweise brauchen wir eine Kombination: Honroar nach Aufwand in Verbindung mit einer performanceorientierten Incentivierung. Das heisst, im Erfolgsfall verdient die Bank mehr als bei Misserfolg. Das Problem ist allerdings, dass – abgesehen von Mandaten der Vermögensverwaltung – im Falle der Vermögensberatung der Kunde weiter am Erfolg/Misserfolg „mitmischt“, daher die Verantwortlichkeiten nicht klar abgrenzbar sind und die Honorierung nach Leistung insofern schwierig ist.

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