Am 5. Dezember hatte ich den Chef-Volkswirt Dr. Norbert Walter für seine dunklen Prognosen gescholten und gefragt: Wie sollen da Konsum und Investition anspringen?. Heute könnte ich kleinlaut einräumen, dass sich die Wirtschaft mittlerweile freuen würde, wenn der damals mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 prognostizierte Wachstumsrückgang von 4% überhaupt noch eintritt. Ich könnte mich aber auch hochmütig hinstellen und behaupten, nur weil in den letzten Monaten so dunkel prognostiziert wurde, ist es zu der Konsum- und Investitionszurückhaltung überhaupt erst gekommen. Für diese These gab es ja zuletzt auch Befürworter aus der Wissenschaft.
Ich werde aber weder einen kleinlauten Rückzieher machen, noch mit dem Finger auf Herrn Walter zeigen, denn keine der Thesen lässt sich nachprüfen. Es bleibt festzuhalten, was das Handelsblatt gestern schrieb:
“Banken und Institute überbieten sich mit düsteren Szenarien für die deutsche Wirtschaft. Die Commerzbank setzte sich am Montag mit einem prognostizierten Einbruch der Wirtschaftsleistung von sieben Prozent an die Spitze der Konjunkturpessimisten.“
Da bleibt aktuell nur die Hoffnung, dass sich die Prognostiker weiter irren, denn wie schrieb Klaus Zimmermann so treffend in der vergangenen Woche:
“Wissen und Prognosesicherheit ökonomischer Theorien und von Modellen für Konjunkturschwankungen sind begrenzt. Dies kontrastiert mit der großen Bedeutung, die die makroökonomische Entwicklung u.a. für die Geldbörsen von privaten Haushalten, Unternehmern und Finanzjongleuren hat. Konjunkturprognosen sind von ihrer Anlage her aber bedingte Wahrscheinlichkeitsaussagen. Sie können nur zufällig richtig sein.”
Zimmermann hat derweil eine heftige Kontroverse ausgelöst, deren Update heute hier zu lesen ist. Dann hoffen wir mal, dass die Commerzbank zufällig falsch liegt mit ihrer Prognose und sich die Wirtschaft dadurch nicht weiter verunsichern lässt. Immerhin gibt es Umfragen, die auf eine Verlangsamung des Abschwungs hindeuten, wie dieser Bericht über verschiedene Umfragen zeigt.
Hier weitere Artikel, die die Rolle von Wissenschaft, Medien und Analysten betrachten. Eine Sammlung von Berichten über aktuelle Prognosen der letzten Monate gibt es hier.
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HB: Prognosen: Der Bund folgt dem Herdentrieb
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FTD: Prognose der WTO Welthandel bricht ein wie nie zuvor
Interessant. Es ist noch gar nicht so lange her als gerade Banken Prognosen ganz
anderer Art reihenweise veroeffentlichten um mit denen den Kunden eher reichlich
problematisches Zeug zu verkaufen.
Genauso wie sie dazu staendig geschoente Angaben machten um ueber die Probleme
hinwegzutaeuschen, schnell noch was weiterverkaufen konnten von ihren Produkten.
Das hat eine nahezu Orwell’sche Dimension (das Erinnerungsverbot des Ministeriums
der Wahrheit, das verbietet, sich an das, was der grosse Bruder gestern gesagt hat,
zu erinnern.)
Beispiele fuer Prognosen aelteren Datums (aus manchen Prognosen lassen sich
fuer Aussenstehende erst hinterher die div. Bankstrategien herauslesen, manchmal
spannender wie ein Krimi):
http://www.faz.net/print/Wirtschaft/Dekabank-haelt-Prognose-aufrecht
2003:
http://www.faz.net/s/Rub48D1CBFB8D984684AF5F46CE28AC585D/Doc~ED80D6C99E88F486E870D0EBD4C6C32F4~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed_finanzen
2007:
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/maerkte/:Finanzm%E4rkte-Ruhig/601606.html
Commerzbank 2007 / 08:
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/commerzbank-trotzt-der-finanzmarkt-krise;1409655
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