Schweinegrippe in Bielefeld gibt es doch nicht

by Dirk Elsner on 28. April 2009

Endlich ein Thema gefunden, das Kreditderivate, Börse und Bielefeld verbindet. Alle wurden am Montag in Atem gehalten von der Schweinegrippe (zur Psychologie und dem Medienhype dieser Beitrag). Die Neue Westfälische berichtete von zwei Männern, die von einer Mexikoreise mit Fieber zurückgekehrt sind und im Krankenhaus liegen. Unterdessen gab zwar die FTD schon wieder Entwarnung für die Ostwestfalen, die Schlagzeilen der Tageszeitungen für den Dienstag wird das aber kaum ändern.

Und Dank des wirtschaftlichen Bezugs darf auch ein Wirtschaftsblog sich mit der speziellen Form der Influenza beschäftigen, denn die Börsen haben sich lt. Handelsblatt angesteckt und selbst die Kreditderivate waren laut Alphaville heute durch die schnelle Ausbreitung erschrocken.  Und Spiegel Online weiß: “Die Angst vor einer Ausbreitung der Schweinegrippe beunruhigt die Wirtschaft. An den Börsen verlieren vor allem Luftfahrt-Aktien – die Weltgesundheitsorganisation berät darüber, die Pandemie-Warnstufe anzuheben.” Und die Kurse fielen entgegen der Tendenz der letzten 7 Wochen gestern Vormittag auf breiter Front. Erst um 9.21 Uhr setzte eine leichte Kurserholung ein.

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Screenshot www.neue-westfaelische.de v. 27.4.2009

Als dann am Montagnachmittag bei zwei von drei Schweinegrippe-Verdachtsfällen im Klinikum Bielefeld Entwarnung gegeben wurde, kannten die Kurse kein Halten mehr. Der DAX explodierte förmlich vor Erleichterung (siehe Foto):

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Sorry an alle, die sich etwas gruseln vor der Schweinegrippe, aber der Hype in den Nachrichten ist mir eine Spur zu dick aufgetragen. Nachdem die Finanzkrise so langsam ihren Schrecken zu verlieren scheint, hat man endlich ein neues Thema, auf das man sich stürzen kann.

Ob die Grippe dabei wirklich eine Bedrohung ist oder nur ein Medienhype, wird sich in den nächsten Tagen, vielleicht erst Wochen zeigen. So ist auch erst einmal abzuwarten, wieviele Personen in Mexico denn tatsächlich an dem Virus gestorben sind. Jedenfalls sieht die Ärztezeitung die Medienreaktion schon kritisch: “ Die Medien verunsicherten die Bevölkerung. In den USA wurde sogar ein nationaler Gesundheitsalarm ausgelöst, obwohl dort niemand ernsthaft erkrankt ist.”

Wie bei der Finanzkrise gibt es übrigens auch schon seit Jahren Warnungen vor Grippeepidemien. Schon im Influenza-Report 2006 war zu lesen:

“Größere Pandemien traten im Verlauf der Geschichte im Durchschnitt alle 30 Jahre auf und es herrscht allgemein die Einschätzung, dass es eine weitere Influenzapandemie geben wird. Es ist unmöglich vorauszusagen, um welchen Influenzastamm es sich bei der nächsten Pandemie handeln wird. … Um ein pandemischer Stamm zu werden, muss ein Influenzavirus eine Reihe von Anforderungen erfüllen: Es muss in den menschlichen Körper
• Eindringen und sich dort vervielfältigen,
• für den Menschen krankmachend sein, und
• unter Menschen leicht übertragbar sein.”

Aber im Gegensatz zur Finanzkrise scheint man im Gesundheitswesen auf eine Pandemie nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch gut vorbereitet zu sein. Ab Seite 112 kann man das im Influenza Report nachlesen. Wer wissen will, wie viele Grippetote es pro Jahr in Deutschland gibt, der kann hier in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes nachschauen, sollte sich aber bitte nicht erschrecken über die hohe Anzahl an Toten, die uns aber bisland nicht interessiert haben.

PS

Die Frage, ob Mexico-Besucher Barack Obama gegen die Schweinegrippe immun ist, versucht Schall und Rauch hier zu beantworten. Ansonsten versucht Egghat seine Leser gegen die Medieninfluenza zu immunisieren.

Gerd Mai 1, 2009 um 19:19 Uhr

Die Mexico(Schweine)Grippe sollte man nicht unterschätzen, es hat schon 1918 eine weltweite Pandemie gegeben, bei der zig Millionen weltweit gestorben sind. Auf die staatlichen Stellen sollte man sich dabei aber nicht verlassen, es sind nur sehr wenig Medikamente vorrätig (max. für 20 % der Bevölkerung, in Baden-Württemberg sogar nur für 14 %), wobei diese Mittel erstmal im Ernstfall für Personen der öffentlichen Sicherheit (Polizei, Krankenhauspersonal, Behörden) bereit stehen. Der „normale“ Bürger kommt erst an zweiter Stelle. Deshalb habe ich für mich persönlich Vorsorge getroffen, denn es gibt jetzt noch wirksame Medikamente, wie z. B. Tamiflu. Das sollte man zwar nur in Absprache mit einem Arzt einnehmen, aber was nutzt mir das, wenn im Ernstfall nichts mehr in der örtlichen Apotheke zu kaufen gibt. Meine Packung liegt gut im Gemüsefach und wenns erforderlich sein sollte, schnell zur Hand.
Aber vorsicht bei Internetbestellungen!Es werden gefälschte Tabletten verkauft oder sogar nur Geld kassiert und keine Ware geliefert!
Ich habe Tamiflu in einer Apotheke
bestellt – 100 % Originalware und Online-Rezept.

H1N1 April 30, 2009 um 18:15 Uhr

Mittlerweile gibt es jedoch in Deutschland drei bstätigte Fälle von Schweinegrippe und auch die EU-Kommission geht davon aus dass es in Europa noch Tote geben wird. Aktuellste Infos zur Ausbreitung und den Raktionen aus der Politik unter http://www.bild.de/BILD/news/schweinegrippe/schweinegrippe.html

Mexican April 30, 2009 um 19:16 Uhr

Danke für den „informativen“ Link. Ganz sicher wird es Tote in diesen Tagen durch Grippe geben. Bei geschätzten 10.000 bis 15.000 Grippetoten allein in Deutschland pro Jahr, dürfte es allein in der laufenden Woche statistisch gesehen zwischen 192 und 288 Tote geben. Mir ist nicht klar, warum wir uns damit in der Vergangenheit nicht beschäftigt haben und es jetzt tun. Die Gefahr durch bisherigen Grippen ist wohl deutlich höher als durch diesen Mexico-Ableger.

Lupe, der Satire-Blog April 30, 2009 um 19:09 Uhr

wir wissen doch ganz genau: die schweinegrippe wurde von investmentbankern losgetreten, damit von der finanz- und wirtschaftskrise abgelenkt wird. denn, nichts verdrängt eine krise so sehr, wie eine neue krise.

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