Nicht zu glauben. Da bedrohen neben Finanz- und Wirtschaftskrise auch noch eine triefende Grippewelle das Wohl dieses Planeten und was machen die Finanzmärkte? Ihnen ist das alles egal und sie knacken einfach mal wieder eine psychologische Marke. So hat der DAX gestern beim Schlussstand nördlich der 4.700 Punkte-Marke geschlossen. Außerbörslich beendete er den Tag im Citi-DAX nur knapp darunter.
Offenbar steigt trotz vieler Risiken vor allem in den USA der Glaube, dass sich die Konjunktur doch erholen könnte. Auch wenn viele das mit Skepsis kommentieren werden, so ist allein der Glaube an eine Erholung das beste Konjunkturprogramm. Im Sinne der Keyneschen Animal Spirits scheinen die Lebensgeister in die depressive Wirtschaft zurückzukehren und langsam neue Energien freizusetzen. “Entscheidungen über Konsum- und Investitionsausgaben sowie über die Nachfrage nach Geld und anderen Finanzaktiva hängen sensitiv von Zukunftserwartungen ab, die oft weniger auf harten Fakten als auf rasch wechselnden Stimmungen – eben „animal spirits“ – beruhen. Solche Stimmungen können jederzeit rasch in die eine oder andere Richtung umschlagen”, schrieb Oliver Landmann schon 2007 in einem Papier zur Konjunkturtheorie.
Wer genau verantwortlich für diese Stimmung ist, ist nicht klar. Zweifelhaft, dass ausgerechnet die Regierung mit ihrer düsteren Konjunkturprognose für 2009 und dem Hoffnungsschimmer ab 2010 dies verursacht haben könnte. Aber wer mal durch Überschriften der Prognosemeldungen der letzten Monate scrollt (das geht z.B. auf dieser Seite), der wird feststellen, dass sich zwischen die negativen Prognosen immer mehr positive Meldungen schummeln. Merkwürdige Erinnerungen ruft jedoch wach, dass Analysten wieder beginnen, schlechte Daten vorteilhaft zu interpretieren. So schreibt das Handelsblatt zu den US-Konjunkturdaten:
“Zwar dämpfte starke Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die Stimmung etwas. Analysten betonten aber, dass die Zahlen schlimmer aussähen als sie tatsächlich seien. Vor allem die Verbraucherausgaben seien überraschend positiv und gäben Anlass zu Optimismus. …Insgesamt waren die vergangenen sechs Monate dem Handelsministerium zufolge das schlechteste Wirtschafts-Halbjahr seit 1957/58. „Die Wirtschaft ist noch nicht aus dem Gröbsten heraus“, aber angesichts leerer Lager könnte die Produktion wieder angekurbelt werden, meinte der Chef- Ökonom Chris Rupkey von der Bank of Tokyo UFJ-Mitsubishi Ltd. „Es steht außerfrage – das ist in vielerlei Hinsicht der schwerste wirtschaftliche Schock in der Nachkriegsära“, sagte Neal Soss, Chefvolkswirt von Credit Suisse in New York. Allein die Exporte schrumpften um 30 Prozent und damit so stark wie seit 1969 nicht mehr. Die Rezession schreckte Firmen von Investitionen ab: Hier gab es einen Rekordrückgang von rund 38 Prozent. “
Die Schweingrippe dagegen spielte in den gestrigen Wirtschaftsschlagzeilen keine Rolle mehr. Zwar versuchte das Handelsblatt in einer Bilderserie noch einmal das Drohpotential der Seuche herauszustellen, ökonomischer Schrecken geht davon aber vorerst nicht aus.
Nachtrag
So schnell kann es gehen. Am Donnerstag Vormittag startete der DAX ohne Zwischenhalt durch und knackte bereits die nächste Marke. Kurz nach 9.30 Uhr ging es über die 4.800 Punkte. Dazu das Handelsblatt: “ Dax: „Jeder denkt, wir haben eine Hausse“
Weitere Meldungen zur Wirtschaftslage
BNB: Die Rede ist von “guten Konjunkturdaten”. Wo?
HB / Fed sieht Hoffnung für US-Wirtschaft
Welt: Die USA hoffen – doch das dicke Ende kommt noch
NYT/U.S. Economy in 2nd Straight Quarter of Steep Decline
Welt: Deutsche-Bank-Ökonom warnt vor neuen Risiken
Zeit: Der Blick in den Abgrund
NYT: After the Great Recession
NYT/U.S. Stocks Up on Hope of a Stabilizing Economy
WSJ: Strong Earnings Lift Shares
DGIB: Irrationale Börsen
ETD: Insider nutzen die Rally zum Ausstieg!
HB/US-Märkte nach Fed-Entscheid sehr fest
Welt/Bundesregierung verbreitet Optimismus für 2010
HB/Dax fährt satte Gewinne ein
FTD: Amerika in der Krise: US-Wirtschaft schrumpft um 6,1 Prozent
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