Porsches “List” untergräbt Vertrauen in Management-Aussagen

by Dirk Elsner on 11. Mai 2009

Die angestrebte Fusion von Porsche und VW unter der Führung der Wolfsburger hat in der vergangenen Woche Deutschlands Wirtschaftsschlagzeilen bestimmt. Und auch am vergangenen Wochenende befasst sich die Wirtschaftspresse intensiv mit dem “Machtkampf” (Handelsblatt: VW und Porsche kämpfen um die Spitze) um die Vorherschaft in der Autowelt. Sätze wie “Die Wolfsburger geben sich siegessicher.” (Handelsblatt) zeigen, dass es weniger um die Interessen der Mitarbeiter und Anteilseigner geht, als um pures und wirtschaftlich sinnloses Alphagehabe.

Die Welt am Sonntag zeichnete am Wochenende den “geheimen Übernahme-Plan” von Porsche aus den letzten Jahren nach. Dieser Artikel ist deswegen interessant, weil er das listige Vorgehen deutlich macht, mit dem Porsche Chef Wendelin Wiedeking in den vergangenen 50 Monaten vorgegangen ist und Aktionäre und Öffentlichkeit stets im Dunkeln gelassen hat über die Absichten, den 15-mal größeren Volkswagen-Konzern zu übernehmen.

Der Bericht beginnt 2005 als Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter den Mitgliedern der Dynastien Porsche und Piech den Plan vorstellen, VW zu übernehmen. Nach der Zustimmung der Oberhäupter beginnt zusammen mit Beratern und Banken die “Kommandoaktion”. Kernelement ist, dass die Öffentlichkeit immer wieder über die tatsächlichen Pläne von Porsche getäuscht wird. Geschäftsstrategisch ist dies nachvollziehbar, weil seine Offenlegung den gesamten Plans aus verschiedensten Gründen (Kursveränderung der VW-Aktie und Widerspruch von Niedersachsen) vorab zum Scheitern gebracht hätte.

Gleichwohl untergräbt die öffentliche Verschleierung dieses lang gehegten Plan erheblich das Vertrauen in die Aussagen des Managements. Auf welche Erklärungen eines CEOs können sich Anteilseigner heute noch verlassen, wenn Pläne verheimlicht werden, die sogar zur Gefährdung des gesamten Konzern hätten führen können.

Dieser Plan ist nun Geschichte, weil Porsches finanzieller Atem zu kurz war. Wiedeking deswegen als geschwächt oder als Verlierer darzustellen und deswegen seine Ablösung zu fordern, entspricht zwar üblichen Reflexen, ist aber nicht sachgerecht. Ein CEO sollte an seinen Gesamtleistungen gemessen werden und nicht an dem Scheitern einer Strategie. Und aus der Distanz liest es sich so (kann natürlich auch durch geschickte PR lanciert sein), als habe Wiedeking tatsächlich Porsche viel für Porsche erreicht. 

Eher sollte man sich die Fragen stellen, ob eine solche Fusion eigentlich Sinn macht. Schon in der vergangenen Woche schrieb ich im Blick Log, mit den Argumenten, die Wiedeking zur Fusion von Porsche und VW anführt, könnte genauso der Erwerb einer Milchkannenfabrik begründet werden. Das Handelsblatt vermutet, dass allein die Finanzierung der Transaktion für VW teuer werden kann, weil sich Rating und damit Finanzierungskonditionen verschlechtern.

Ob der “lange Weg zum neuen Autogiganten” tatsächlich vorteilhaft ist, darf aus guten Gründen bezweifelt werden. So müsste das Management zeigen, dass die aus der Fusion resultieren economies of scale (Vorteile durch Größe bzw. Skaleneffekte) und economies of scope (Verbundeffekte) deutlich über den Transaktionskosten der Fusion und vor allem über den in der Folge viel höheren Agency Kosten (siehe dazu Literaturhinweise) liegen. Gerade die Agency Kosten stellen bei Fusionen ein herausragendes Problem dar, weil die Steuerung von Unternehmen in dieser Größenordnung, mit unterschiedlichen Unternehmenskulturen und ausgeprägten Eigeninteressen der Manager sehr hohe Ressourcen erfordert. Zweifel an der Vorteilhaftigkeit müssen vor allem erlaubt sein, weil für ein Unternehmen dieser Größenordnung wieder das “to big to fail” gilt mit den bekannten Folgen.

 

Weitere Artikel und Literaturhinweise

Welt: Die Akteure des Machtkampfes um Volkswagen und Porsche

SZ: Machtkampf bei Porsche und Volkswagen

Wiwo: Wie Porsche die VW-Übernahme verfolgte und scheiterte

MM: VW/Porsche: Wiedekings Fusionskonzept

Wiwo: Geheimprotokoll: Porsche wollte schon im Februar 2008 VW beherrschen

Martin Höpner: Was bewegt die Führungskräfte? Von der Agency-Theorie zur Soziologie des Managements

Schreyögg, G.: Prinzipal-Agenten-Beziehungen in Organisationen

EWD-Colloquium 2005: Prinzipal-Agenten-Theorie versus Moral

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