Arcandor Insolvenz: Schlapper Aufsichtsrat und Schaumschläger (+Mindmap)

by Dirk Elsner on 2. September 2009

Das Amtsgericht Essen hat gestern die Insolvenzverfahren für Arcandor und für etwa 40 weitere Unternehmen der Gruppe eröffnet (Details hier). Die öffentliche Aufmerksamkeit konzentriert sich gleichwohl weniger um die Zukunft der einzelnen Unternehmensteile und der vielen Arbeitsplätze. Vorhersehbar war, dass derzeit die Abfindungsleistungen für den Vorstand im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und sicher auch der Stammtische stehen, zumal gestern eine “empörte” Kanzlerin Merkel nun mit Konsequenzen gegen die Wirtschaftseliten beim Wähler punkten will.

Der Blick Log hat zu bereits am Montag die Frage gestellt, was der scheidende Chef Karl-Gerhard (“Ich komme aus einfachen Verhältnissen”) Eick angesichts der Beraterbataillone eigentlich selbst in seiner kurzen Zeit bei Arcandor geleistet hat. Ihm ist viel misslungen, wobei freilich nicht klar ist, ob es überhaupt hätte jemand besser machen können als der 185-Tage-Chef. Über die einseitige Aufmerksamkeit für Eick (Porträt der FTD hier) freuen sich sicher unterdessen andere Personen.

Nett daher, dass Christof Schlautmann im Handelsblatt die Aufmerksamkeit auf den Aufsichtsrat und Thomas (”Ich sitze in acht Aufsichtsräten oder Boards”) Middelhoff lenkt:

“Die Empörung wäre eher angebracht über jenen, der am Ende die Zeche zahlt: Arcandors Großaktionär Sal. Oppenheim. Auf Biegen und Brechen versuchte die Kölner Privatbank, den Insolvenzantrag der Essener Beteiligung zu verhindern – und kaufte sich dazu sogar einen Vorstandschef. Dass die Rechnung am Ende nicht aufging, zeugt nicht gerade von wirtschaftlicher Weitsicht des feinen Bankhauses. Denn die Pleite war spätestens seit September absehbar.

Die öffentlichen Vorwürfe richten sich in der Tat meist gegen die Bonusempfänger, die als eigennützig, maßlos und geschäftsschädigend beschrieben werden. Auf Dauer wirken die moralischen Zeigefinger und ewig gleichen Anklagen ermüdend, vor allem weil sie eine Denke voraussetzen, die in den letzten 10 Jahren offensichtlich in der deklassierten “Wirtschaftselite” verloren gegangen ist. Die eigentlichen Verursacher der Exzesse geraten viel zu selten ins Visier der Kritik (siehe dazu auch “Bonus im Fokus: Die ewige Debatte bisher ohne Fragen an Aufsichtsräte und Eigentümer”).

Und daneben schaut Schlautmann weiter auf Middelhoff:

Dabei hätten sich die Kölner Bankiers zumindest dieses Geld sparen können. Ihr langjähriger Partner Thomas Middelhoff, mit dem man über vier Oppenheim-Esch-Immobilienfonds geschäftlich verbunden ist, war bis Ende 2009 per Anstellungsvertrag als Vorstandsvorsitzender von Arcandor verpflichtet.

Bedauerlich deshalb, dass man ihn nicht jene Suppe auslöffeln ließ, die er zunächst zu Schaum geschlagen und dann versalzen hatte. Am Ende hätte dies sogar dem Insolvenzverwalter Freude bereitet. Thomas Middelhoffs Abfindung, die sich auf vier Mio. Euro belaufen soll, wäre der Insolvenzmasse dann nämlich zugute gekommen.”

Sicher ist, dass uns die Insolvenzakte Arcandor noch lange erhalten bleiben wird. Der Blick Log wird aber mit der Eröffnung des Verfahrens seine Mindmap abschließen. Die Übersicht dokumentierte bis zum gestrigen Tag, wie Management und sehr viele weitere Einflussnehmer an dem Konzern gezerrt und noch schnell profitiert haben. Nicht auszuschließen ist, dass dieses unübersichtliche Interessengeflecht den Absturz sogar beschleunigt hat.

Sehr lesenswert übrigens die Zusammenfassung des Falls Arcandor von f.luebberding im Blog Weissgarnix unter dem Titel: Ordnungspolitik mit Ellenbogen

Die Mindmap gibt es auch hier.

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