Die Kosten der Einlagengarantie der Bundesregierung: 26 Mrd. Euro

by Dirk Elsner on 5. Oktober 2009

Der 5. Oktober 2008 war für die Finanzwelt ein historisches Datum. Damals gaben Angela Merkel und Peer Steinbrück eine Garantie für Einlagen, die einen Wert von mindestens 26 Mrd. Euro darstellte. Aber der Reihe nach.

Ich erholte damals mich meiner Familie in Ägypten. Im noch sendenden deutschen Kanal Bloomberg sah ich einen Bericht über eine Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Da sprach sie mit ihrer monotonen Stimme die vielleicht dramatischsten Sätze ihrer bisherigen Amtszeit:  „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“ Hier dazu ein Video-Bericht von n24.

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Die wichtigsten Worte von Merkel und Steinbrück

Ergänzt wurde die Aussagen der Kanzlerin von Peer Steinbrück, der u.a. sagte:

“Ich möchte gerne unterstreichen, dass wir in der Tat in der gemeinsamen Verantwortung, die wir in der Bundesregierung fühlen, dafür Sorge tragen wollen, dass die Sparerinnen und Sparer in Deutschland nicht befürchten müssen, einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren. Dies ist ein wichtiges Signal, damit es zu einer Beruhigung kommt und nicht zu Reaktionen, die unverhältnismäßig wären und die uns die derzeitige Krisenbewältigung beziehungsweise Krisenprävention noch schwieriger machen würden.”

Mir schmeckte danach das Abendessen nicht besonders gut. Aus unserem Fenster blickten wir auf eine nicht fertig gestellte Hotelanlage, deren Bauarbeiten eingestellt waren (siehe das Bild dieser Anlage in diesem Beitrag) und sahen dies als düsteres Symbol für das, was uns nach unserer Rückkehr erwarten könnte.

Wie dicht deutsche Banken vor dem Kollaps bzw. einem Run gestanden haben sollen, haben mittlerweile Informationen der Bundesbank offenbart. Sie hat in ihrem letzten Monatsbericht im hinteren Abschnitt des Aufsatzteil (ab S. 56) ziemlich nüchtern über die dramatischen Tage im September und Oktober berichtet. Hier die grafische Darstellung des der Ein- und Auszahlungssalden im Vergleich zum Vorjahr:

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Ob deutsche Institute damals tatsächlich vor einem Bankrun (hier steht wie eine Bankenkrise mit Bankrun verlaufen könnte) standen, lässt sich aus diesen Daten nicht ableiten. Dennoch, offensichtlich hatte ein Teil der Bürger Befürchtungen, es können zu einem Run kommen und deckte sich vorsorglich mit Bargeld ein. Die Welt berichtete darüber, wie Deutschlands Sparer heimlich die Bankautomaten plünderten und die Süddeutsche wie seit dem Ausbruch der Finanzkrise Bundesbürger Bargeld bunkerten. Die lesenswerteste Darstellung zu diesem Tagen war am 28. Juni in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagzeitung unter dem Titel: “Wir waren sehr nah am Abgrund” (nur kostenpflichtig abrufbar).

Niemand hat aber bisher die Frage nach den Kosten dieser Garantie gestellt. Nach Angaben der Börsen-Zeitung umfasste die Garantie private Einlagen im Umfang von 1,5 Billionen Euro, was damals freilich niemand genau wusste. Nach Angaben der Zeitung kursierten damals viel geringere Beträge.

Die Banken profitierten ohne Zweifel von dieser Garantie. Nimmt man die damaligen Credit Spreads, als den Betrag für die Versicherung von Verbindlichkeiten der Banken (und nichts anderes sind die Einlagen), dann betrug der ungewichtete (den gewichteten kann ich aufgrund fehlender Daten nicht ermitteln) Spread auf Basis meiner Aufzeichnungen am 13. Oktober 174 Basispunkte (mit großer Spannweite).  Daraus errechnen sich Absicherungskosten in Höhe von 26 Mrd. Euro pro Jahr. Das hätten die Banken an Gläubiger zahlen müssen, wenn sie sich in gleicher Höhe am Markt hätten verschulden wollen. Vermutlich wären die Kosten für die Absicherung ohne die Garantie jedoch deutlich höher ausgefallen, so dass die 26 Mrd. Euro getrost als Untergrenze bezeichnet werden kann.

Meldungen vom 5.10.08

MM: Regierung gibt Garantie für Spareinlagen

Spon: MERKEL UND STEINBRÜCK IM WORTLAUT

Joerg Oktober 6, 2009 um 16:33 Uhr

Im Endeffekt war das aber genau die richtige Maßnahme um Schlimmeres zu verhindern, wenn nicht sogar mit die einzige Sache, die die große Koalition während der Krise wirklich richtig gemacht hat. Nicht auszudenken was hier los gewehsen wäre, wär es tatsächlich zu einem Bankrun gekommen. Das wäre für alle deutlich teurer gekommen, besonders für den Steuerzahler. Insofern war dieses „Geschenk“ der Garantie, zumal dabei keine Kosten entstanden sind, vollkommen richtig.

In dem Moment hat die Politik endlich begriffen und wohl auh die EZB, dass die Krise nicht einfach mit Liquidität zu beheben ist, sondern die Vertrauenskrise erstmal wieder gelöst werden muss.

markusF Oktober 6, 2009 um 16:45 Uhr

Ob dies Maßnahme richtig war, ist meiner Ansicht gar nicht wirklich zu beantworten, sondern gehört in das Reich der Spekulationen. Es gibt zu der Garantie viele kritische Stimmen. Es ist allerdings müßig, dass ex-post zu kritisieren. Allerdings ist es richtig, dass die Finanzinstitute davon natürlich umfangreich profitieren.

enigma Oktober 5, 2009 um 11:41 Uhr

„Vermutlich wären die Kosten für die Absicherung ohne die Garantie jedoch deutlich höher ausgefallen…“

Das würde doch aber heißen, daß es nicht nur keine (wesentlichen) Kosten der Einlagengarantie gegeben hätte, sondern auch noch Vorteile, die aus einer geringeren Versicherungsprämie (credit spread) resultieren. Nehmen wir mal an, der spread hätte ohne diese Garantie bei (nur um eine Zahl zu sagen) 263 gelegen, dann müßte man schließen, daß nicht 26 Mrd. EUR (unnötige) Kosten entstanden sind, sondern 13 Mrd. EUR an Kosten gespart worden sind.

Man kann sich natürlich darüber streiten, ob das BIP dadurch geringer ausgefallen ist, oder der Liquiditätseffekt bei den Banken eine positive Wirkung auf die Bewältigung der Krise gehabt hat. Aber ich denke, das ist müßig…

Gruß

dels Oktober 5, 2009 um 19:20 Uhr

Hm Wenn der Spread höher gelegen hätte, dann hätten die kalkulatorischen oder tatsächlichen Kosten über 26 Mrd. Euro geliehen. Die Banken hätten sich ja irgendwoher das Geld besorgen müssen. Na, ja vielleicht wäre es dann auch nicht mehr nötig gewesen. Dann hätte aber auch das abgehobene Bargeld wenig genutzt. Müssig diese Spekulationen. Fakt bleibt aber, dass der Staat eine kostenlose Bürgschaft gegeben hat, von der die Banken profitiert haben.

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