Comeback der Finanzkrise? Das Dubai-Desaster und Ansteckungseffekte

by Dirk Elsner on 27. November 2009

cloudy skiesDie Schuldenkrise des Emirats Dubai hat die Finanzmärkte erheblich verunsichert und dürfte so manch einem Investor und Anleger das Thanksgiving verhagelt haben. Allein der DAX verlor im außerbörslichen Vergleich über 3%. Dabei hatte die amerikanische Leitbörse nicht einmal geöffnet. Nicht auszuschließen also, dass die Wall Street heute die Weltbörsen weiter in die Tiefe reißt, wenn nicht schnellsten Klarheit geschaffen wird über die Finanzsituation des Glitzerstaates.

Der Fall Dubai hat die Finanzmärkte kalt erwischt, das wird an der schockartigen Erhöhung der Credit Spreads deutlich (siehe Beitrag von gestern). Vordergründig geht es nur um eine Umschuldungsaktion von 10 Mrd US$. Für einen solchen Betrag würde kein Goldman Banker den Truthahn sausen lassen. In Wirklichkeit steht aber viel mehr auf dem Spiel: Nämlich das mühsam und ohne Zutun der Banken zurückgewonnene Vertrauen.

Die Erhöhung der Credit Spreads betrifft zunächst einmal alle Verbindlichkeiten Dubais. Und diese umfassen nach Schätzungen etwa 80 Mrd. US$. Dafür kann man schon mal den Flügel des Truthahns liegen lassen. Aber plötzlich fragt sich die Finanzwelt, ob nicht auch die anderen Emirate Probleme haben könnten (siehe Bloomberg: Dubai Debt Rattles Confidence in Persian Gulf Borrowers) . Auch ihre Credit Spreads zündeln.

Foto: flickr/thearchigeek

Die Verunsicherung am Golf führt zu mindestens zwei Konsequenzen, die die Finanzmärkte schnell wieder mit Fieber anstecken kann:

  1. Abzug von Kapital aus der Golf-Region und Probleme bei der Beschaffung von frischem Kapital.
  2. Durch das plötzlich erhöhte Kreditrisiko, das sich ja bereits jetzt blitzschnell auf andere Schuldner ausgebreitet hat, entsteht wieder zusätzlicher Druck auf die Marktwerte vieler Finanztitel. Die erhöhten Kreditrisiko können zu Abschreibungsbedarfen in vielen Depots von Vermögensverwaltern sowie in Bank- und Unternehmensbilanzen führen. Wie hoch dieser sein kann, ist freilich vollkommen offen. Die verbreiteten Beruhigungspillen, Banken hätten kaum Bestände, schenke ich hier keine Bedeutung.

Investoren und institutionelle Anleger werden sich aber fragen, wenn Dubai das Vertrauen so enttäuscht hat, wer könnte uns noch getäuscht haben über seine Finanzsituation. So entsteht schnell ein Ansteckungseffekt, der sich wie ein Flächenbrand ausbreiten könnte.

imageViele “Experten” wurden in den vergangenen Monaten nicht müde, vor dem frühzeitigen Ende der Finanzkrise zu warnen. Und noch mehr Experten werden uns heute und in den nächsten Tagen erklären, warum es in Dubai zum Knall kommen musste.

Ob es aber wirklich schlimm wird, ist noch offen. Die Börsen in Abu Dhabi und Dubai stiegen nämlich gestern. Und auch die lokale Gulf News findet natürlich: Investors show trust in Dubai. Außerdem sollte man nicht die Gesamtschulden der Region gleich auf Ausfall setzen. Das tatsächliche Ausfallrisiko dürfte deutlich unter den nun kolportierten Summen liegen. Gleichwohl zeigt die Dubai-Krise die Zerbrechlichkeit der Finanzmärkte.

Erstaunlich an der aktuellen Entwicklung ist, dass das sonst gern einspringende Abu Dhabi diesmal nicht an der Wunderlampe reibt, sondern Dubai in der Wüste stehen lässt. Dass Abu Dhabi selbst derzeit Probleme hat, wird angesichts der vermuteten Ölreserven für unwahrscheinlich gehalten. Fast hat es den Anschein, Abu Dhabi wolle Scheich Mohammed al-Maktum eine Lektion erteilen. Vielleicht hat sich Dubai zu eigensinnig entwickelt und so etwas wie Eifersucht bei den wirtschaftlich deutlich stärkeren Nachbarn ausgelöst.

Die beste Informationsquellen zum Stand der Dubai-Krise sind Alphaville und Zero Hedge. Hier eine Zusammenstellung aktueller Meldungen aus diesen und weiteren Quellen:

FAZ: Dubai: Dubai – Aus heiterem Himmel in Not

HB: Furcht vor Staatsbankrott: Dubais Geldnot schockiert die Märkte: Die Angst vor einem Staatsbankrott des ehemaligen Boom-Emirats Dubai greift um sich und überträgt sich auf andere Schwellenländer. Die Finanzmärkte sind schwer erschüttert, auch westliche Börsen stürzen ab. Kommt die Finanzkrise zurück?

Spon: Emirat in der Krise – Golfstaaten fürchten Folgen des Dubai-Schocks: Die Nachricht von massiven Geldproblemen des Emirats Dubai hat die Finanzmärkte weltweit tief ins Minus gerissen. Das Ende des Booms könnte fatale Folgen haben: Analysten warnen vor einem Übergreifen der Krise auf andere Golfstaaten – und einem globalen Dominoeffekt.

Wiwo: Finanzkrise Zahlungsnot Dubais verursacht Börsenbeben

FAZ: DubaiAngst vor Zahlungskrise in der Golfregion: Mit Nervosität haben Marktteilnehmer und Gläubiger auf die Ankündigung des Emirats Dubai reagiert, bis Ende Mai die Bedienung der Schulden von Dubai World auszusetzen. Was hat dieses Warnsignal zu bedeuten? Sind die Folgen der globalen Finanzkrise doch noch nicht überstanden?

HB: Schuldenberg: Investoren fürchten Pleite des Emirats Dubai: Das Emirat Dubai sitzt auf einem Schuldenberg von 80 Mrd. Euro, der Großteil davon geht auf die Kappe der staatlichen Investmentgesellschaft Dubai World. Diese will nun einen Aufschub für die Rückzahlung ihrer Milliardenkredite – und sorgt damit für Aufruhr an den Anleihemärkten.

Zeit: Dubais StaatsschuldenAbstieg eines Glitzerparadieses: Dubai fordert von seinen Gläubigern, Milliarden Dollar Schulden zu stunden. Damit weckt der Golfstaat Ängste vor einem Staatsbankrott. Von Martin Gehlen, Kairo

HB: Glitzerstaat am Ende: Dubai fällt seinen Ambitionen zum Opfer: Dubai ist überschuldet. Das Emirat droht den Kredit bei seinen Investoren zu verspielen. Jetzt muss es umdenken. Solidität statt Glitzereffekt muss das Leitmotiv der Zukunft werden.

Focus: Katastrophe im Wunderland der Scheichs

Alphaville: Caveat emptor: Risk factors from the Nakheel prospectus

Alphaville: CSI Dubai mit Darstellung des Sicherungsgeflechts um Nakheel und Dubai World

Alphaville: The clairvoyant Nakheel short sellers

Alphaville: Can nothing go right for Dubai?

Zero Hedge: What Dubai Says About Capitalism: Not Much

Zero Hedge: Dubai Observations

Zero Hedge: Holiday Morning In US Sees Futures In Free Fall, FTSE Halted For Hours And Dubai CDS Surging Again

MR Krisenvorsorge Dezember 13, 2009 um 16:12 Uhr

Wie eine schlechte Nachricht derzeit die Finanzmärkte nach unten ziehen kann ist echt erstaunlich. Mal sehen, wie die Börsen reagieren, wenn die ersten Staaten ihren Staatsbankrott erklären müssen. Ich denke 2010 wird uns die Finanzkrise wieder einholen. Dann wird leider kein Staatsgeld für Finanzpakete mehr vorhanden sein.

Eugen November 27, 2009 um 15:39 Uhr

„mediale Show“ trifft es am besten. Jahrelang war die Darstellung der Region von überschwänglichen Gesten begleitet. Seht her, wie der edle Wilde, der kulturell überlegene, der Herrenmensch die neue Welt schafft. Seht her, der Islam. Dabei war alles Fassade.
Übrigens sind die Baustellen schon seit über einem Jahr verwaist und die Firmen abgezogen. Aus dem heiteren Himmel kam nichts. Aber es wurde erst thematisiert als die Dotationen für die Journalisten ausblieben.

Mr.T17 November 27, 2009 um 11:51 Uhr

Hi dels,
das sollte kein angriff sein. Das war das einzige in deinem Artikel, was mich gestört hat.

dels November 27, 2009 um 18:21 Uhr

Moin Mr. T
Ist schon in Ordnung. Habe ich auch nicht so verstanden. Wollte ja nur einmal darauf hinweisen, dass ich auch versuche andere Quellen hinzuzuziehen 🙂
Schönes Wochenende
dels

Tamer Oyar November 27, 2009 um 06:51 Uhr

…die Börsen in Abu Dhabi und Dubai stiegen nämlich gestern. Und auch die lokale Gulf News findet: Investors show trust in Dubai…

noch schnell die Kohle aus dem Westen in Aktien gesteckt. Nein, im ernst. Aber, das als „beruhigendes“ Argument vorzuführen finde etwas albern. Wie groß sind diese Börsen, das sie nur einen Hauch von Bedeutung haben. 0,X

Zu Gulf News; was sollen sie auch sagen?!

dels November 27, 2009 um 07:07 Uhr

@Tamer Oyer
Ich weiß nicht, ob das beruhigende Argumente sind. Für mich gehört es nur zu einem umfassenden Bild, dass man auch darauf schaut wie wird vor Ort reagiert wird. Dabei dürfte klar sein, dass die Gulf New kein Interesse hat, die Verunsicherung zusätzlich anzufeuern.

Joss November 27, 2009 um 06:14 Uhr

Damit platzt nun wohl auch jene mediale Show die man
auch in diesem Flecken der Erde inszenierte anlaesslich
der vielen Eroeffungen. Die haben ja, leicht Medienkritisch bemerkt, ziemlich viel in qualitativ hochwertigen Journalismus und PR investiert, damit die Journalisten auch wirklich tolle Geschichten sammeln (news gathering is said to be very expensive) konnte.
Hier nur als Beispiel eine site die die Eroeffnung des hoechsten Gebaeudes der Welt fuer diesen Dezember ankuendigt:
http://www.luxurylaunches.com/buildings/burj_dubai_worlds_tallest_building_rumored_to_open_doors_in_december.php

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