Welchen Crash hätten Sie denn gern? Wirtschaftsuntergang zum Aussuchen

by Dirk Elsner on 8. Februar 2010

Jetzt ist es wieder so weit. Die europäische Schuldenkrise liefert den Finanzmärkten wieder düstere Schlagzeilen und sogleich haben die Untergangspropheten Konjunktur. Dabei interessiert gar nicht, was sie genau sagen und für welchen Markt dies gilt. Der Crash-Prophet Leuschel erwartet einen Anleihecrash, eine Hyperinflation und Massenunruhen. Unvermeidlich auch die düsteren Szenarien von Marc Faber alias Dr. Doom in einem Interview mit der NZZ.

Nassim Nicholas Taleb, Autor des „The Black Swan“ hat in einer Panel-Diskussion ein weiteres Mal betont, dass es zu einem Crash der US-Anleihen kommen wird. Einen Tag nach Talebs “Prognose” freut sich das Wall Street Journal, dass diese Prognose nicht eingetreten ist und missinterpretiert damit Taleb als Prognostiker für Daytrader.

Der Deutschland-Chefvolkswirt von Barclays Capital warnt vor der Geldvermehrung durch die Notenbanken und in der Folge vor Inflation. Fredmund Malik skizziert in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt die Kausalkette einer Deflation und sieht in diesem Zusammenhang drastische Kursrückgänge. Inflation werde sich als Illusion erweisen. Die Inflation wiederum sieht das Manager Magazin im Anmarsch und versucht dies mit einer Reihe von Gründen zu belegen.

Zur Griechenland Krise warnen einige Ökonomen vor dem Domino-Crash oder sehe den Euro gefährdet. Das Handelsblatt malt ungewohnt schwarz mit „Ein geplünderter Staat vor dem Bankrott„. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger gibt sich dagegen entspannt und meint, eine griechische Staatspleite würde der Euro zur Not verkraften. Der Deutschlandchef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, sieht im Gespräch mit dem Handelsblatt die Gefahr, von der Finanzmarktblase in die Staatsblase hineinzuschlittern.

Der Informationsgehalt all dieser Meldungen erscheint mir ungefähr genau so hoch, wie die seit Jahren zu lesenden Berichte über die Trennungsabsichten von Angelina Jolie und Brad Pitt: Der Mehrwert geht gegen Null. Tatsächlich kann nämlich in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren an den Märkte alles mögliche eintreten (ja auch Jolie und Pitt können sich trennen), was genau kann letztlich freilich niemand vorhersagen. Dafür sind die Abhängigkeiten, die Dynamik und die Psychologie der Marktteilnehmer viel zu unberechenbar.

Märkte treten bekanntlich nicht in völlig rationalen, gesitteten Mustern in Erscheinung, schreibt etwa Benoit Mandelbrot in seinem Buch Fraktale und Finanzen. Er schreibt weiter: [Märkte] sind als das zu erkennen, was sie sind, nämlich dynamische, vorhersagbare und manchmal gefährliche Systeme zur Übertragung von Reichtum und Macht.”

Mittlerweile findet man zu jeder möglichen wirtschaftlichen Entwicklung einen “ Experten”, der diese prognostiziert und entsprechend begründet [das eigentlich Kerngeschäft der professionellen Propheten: Die Begründung muss irgendwie professionell klingen]. In einer späteren ex-post-Betrachtung wird sich zum Erstaunen der Beobachter erweisen, dass einer der oben genannten oder ein anderer “Prophet” Recht hatte. Er wird dann als Guru gefeiert werden. Kaum einer schert sich freilich darum, was vor einem Jahr alles an düsteren Dingen prognostiziert wurde und bisher nicht eingetreten ist.

Ach ja und was Griechenland betrifft hält sich weiterhin hartnäckig das Gerücht, dass hier internationale Investoren gezielt Gerüchte gestreut haben, um eine Spekulationswelle gegen Griechenland und den Euro anzuheizen.

Die Meldungen über die europäische Schuldenkrise erinnern an die Dubai-Krise im November. Auch damals produzierte das Handelsblatt Schlagzeilen, die sich zumindest bisher als übertrieben erwiesen haben: „Ökonomen-Warnung: Dubai-Krise könnte neuen globalen Crash auslösen“ titelte die Wirtschaftszeitung am 27.11.09. Nun sind medienerfahrene Ökonomen und Analysten immerhin so geschickt, dass sie ihre Vorhersagen nie mit einem Datum versehen. Daher lässt sich eigentlich alles vorhersagen.

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