So langsam fällt es auf, dass spannende Innovationen im Finanzsektor nicht aus der traditionellen Finanzbranche kommen, sondern von Neugründungen. Dies gilt zumindest für Geschäfte mit Privatkunden. Hier sind Smava, Fidor, Noa, Sharewise, Seedmatch und nun Investtor sowie einige mehr außerhalb des Einflusses traditioneller Finanzinstitute entstanden.
Bereits vor zwei Wochen hatte der Blick Log vom Start des neuen Fondskonzepts von Investtor berichtet. Neu an diesem Konzept ist, dass registrierte Anleger über die Fondszusammensetzung entscheiden und nicht ein Vermögensverwalter.
Da ich ohnehin derzeit in München weile, habe ich die Gelegenheit genutzt und mich mit dem Geschäftsführer von Investtor, Michael Thaler am Abend auf einen Plausch getroffen. Ein persönliches Treffen schafft auch in der 2.0-Welt mehr Vertrauen als das Lesen von Mails, Tweets und Webpostings.
Das Konzept, das nun erstmals mit einem Fonds ausprobiert wird, finde ich nach diesem Blick hinter die Kulissen auf jeden Fall beachtenswert. Thaler und seine Firma kommen übrigens ohne Pathos und überflüssiges Statusdenken rüber, wqas dem Konzept eine sympathische Note verpasst.
Die Idee ist in 18 Monaten heran gereift und technisch umgesetzt worden. Auf Basis einer von Investtor getroffenen Vorauswahl von 200 Aktien geben Anleger über ein nutzerfreundliches Webfrontend ihre Einschätzungen für bestimmte Titel ab. Aus den Einschätzungen wird täglich ein Ranking erstellt und bei Veränderungen eine Umschichtung vorgenommen.
Gespannt sein darf man dabei, ob die Zahl der Umschichtungen hier höher oder niedriger sein wird, als bei normalen Aktienfonds, denen ja gern unterstellt wird, zu viele Umschichtungen vorzunehmen. Im Testbetrieb, so Thaler, lag die Zahl der Umschichtungen mit 80% jedenfalls unter der von anderen Fonds mit 120% (ich lasse jetzt mal offen, wie er das gemessen hat).
Der 29-jährige Thaler vermittelte übrigens wie die Köpfe der anderen oben genannten Unternehmen den Eindruck, sich intensiv mit den Investmentbedürfnissen auseinandergesetzt zu haben. Er nimmt den Gedanken Web 2.0 und das Prinzip der Intelligenz der Masse oder genauer gesagt das Diversity-Konzept wirklich ernst. Der Spruch an diesem Abend: „Vertrauen muss man sich erarbeiten und nicht gewinnen,“ wirkte weder auswendig gelernt noch aufgesetzt, sondern kam spontan aus dem Dialog über die Vertrauenskrise im Banking.
Im Gegensatz zur Internet-Bubble-Generation um die Jahrtausendwende scheint der Realisierung eine sorgfältige Konzept- und Testphase vorangestellt worden zu sein. Jedenfalls will hier nicht auf einen kurzfristigen 2.0-Hype setzen, sondern ist von der Nachhaltigkeit des Konzepts überzeugt.
Ob dieser Ansatz wirklich angenommen wird, weiß man nicht, denn auch bei Investtor sieht man den digitalen Graben. Und gerade für jüngere Anleger dürfte die Hürde hoch liegen, denn erst ab einer Mindestanlage von 4.000 Euro ist man bei dem in Luxemburg registrierten Multi Structure Fund (ISIN: LU0498676971) dabei.
Jedenfalls traut Investtor seinen Anlegern mehr Kompetenz zu, als professionellen Vermögensmanagern. Und da die Anleger einen Teil der Arbeit übernehmen, ist es auch gerecht, denjenigen eine Provision zu zahlen, die am besten schätzen. Die mitmachenden User erhalten also ähnlich wie bei Fidor eine Belohnung.
Ich bin gespannt, wie das Konzept angenommen wird und rechne damit, dass die selbst gesetzten und letzte Woche veröffentlichten Ziele, 4000 Anleger im Herbst nächsten Jahres, erreicht werden. Rechnen soll sich der Fonds ab einem Volumen von 10 Mio €.
Das Konzept ist freilich keine Garantie dafür, dass der Fonds eine unter Risiko-Rendite-Aspekten gegenüber dem Markt überdurchschnittliche Performance erzielt. Dies schaffen aber auf Dauer ohnehin bekanntlich nur ganz wenige Fondsmanager.
Einen weiteren Bericht zum Start des Fonds hat Lothar Lochmaier verfasst: Unter Vermögensverwaltung 2.0: Wenn der Nutzer zum Fondsmanager aufsteigt schaut er gewohnt sachkundig auf den Neueinsteiger und sucht Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie immer, wenn im Blick Log ausnahmsweise über Geld- und Kapitalanlagen geschrieben wird, sollte daraus keine Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Anleger, die sich für das Produkt interessieren, sollten sich intensiv mit dem Konzept, dem Prospekt und den darin genannten Risiken auseinandersetzen. Anlageentscheidungen sollten vom persönlichen Kapitalbedarf und Risikoprofil abhängig gemacht werden.
Weitere Berichte hier über Trends im Banking 2.0.
Hab ich ueber Google gefunden… Danke fuer den interessanten Artikel
Ich werd hier öfter reinschauen, der Artikel war super!
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