Alte US-Schuldengrenze wird heute trotzdem erreicht

by Dirk Elsner on 2. August 2011

Die Spielkinder in den USA haben nun eine Einigung erreicht und eine für die Wirtschaftswelt quälende Verhandlungsschlacht vorerst beendet. Vorerst, weil noch lange nicht alle Umsetzungsdetails verhandelt geschweige denn durch das parlamentarische Verfahren gebracht sind.

In jedem Fall haben die USA die Weltwirtschaft, ihre Gläubiger und sicher auch den Großteil ihrer Bürger erheblich genervt mit ihrer endlosen Debatte um die Erhöhung der US-Schuldengrenze.

S&P US-Volatility Index

Genervt haben mich freilich in den letzten Tagen die vielen “Experten”, die reflexartig ihre Expertise in die Welt gepumpt haben. Und Medien haben in dieser sonst nachrichtenarmen Zeit die dramatischen Äußerungen gern aufgenommen, um die Verhandlungen zu einem Drama hochzujazzen. Sie sahen quasi mal wieder das Armageddon der Weltwirtschaft kommen.

Ich hatte letzte Woche geschrieben, dass man den Poker um die US-Schuldengrenze spieltheoretisch als Chickengame ansehen kann. Solche Feiglingsspiele werden in letzter Sekunde entschieden und ihr Ausgang ist nicht vorhersehbar. Nun haben sich die Streithähne sogar vor der Zeit geeinigt

Bemerkenswert ist, dass die Finanzmärkte selbst die Medienpanik nicht teilten und vor der Einigung vergleichsweise gelassen reagiert haben. Ohne jetzt genau Statistiken ausgewertet zu haben, scheinen mir die Bewegungen an den internationalen Finanzmärkten während der Griechenlandsdebatte ausgeprägter gewesen zu sein. Dabei hätte man erwarten müssen, dass beim Umfang der Risiken und der Bedeutung der US-Staatsanleihen für die Weltfinanzmärkte die Eruptionen deutlich stärker sein müssten. Tatsächlich aber, so stellte die FTD vergangenen Woche fest, fürchten die Märkte die Euro-Krise mehr fürchten als die US-Pleite. Natürlich hätte eine US-Pleite deutlich stärkere Auswirkungen als eine Schuldenschnitt in Griechenland, jedoch wurde dieses gern in drastischen Bildern beschriebene Szenario als vollkommen unwahrscheinlich angesehen.

Ich könnte mir außerdem vorstellen, dass die Finanzmärkte der Debatte etwas Positives abgewonnen haben, weil die US-Administration nun mehr in Sachen Haushaltsdisziplin tun wird, um ihre Schuldenprobleme in der Griff zu bekommen. Allerdings zerfleddern Ökonomen bereits den Schuldenkompromiss und sehen einen „Schaden für die Wirtschaft“. Die vielen kursierenden Prognosen zu den Konsequenzen, lege ich vorerst unter Anekdoten ab. Und irgendeiner der “Experten” hat am Ende immer Recht. Für jedes mögliche Szenario findet sich ja bekanntlich stets eine Stimme.

In jedem Fall war die Lage wieder ein Fest für Spekulanten. Unsicherheit erzeugt Volatilität und Spekulanten lieben Volatilität, weil daraus die meisten Chancen resultieren von starken Marktbewegungen zu profitieren. Das Bild oben zeigt den Anstieg des US-Volatilitätsindex auf Basis des S&P. Daraus ist zwar nicht unbedingt Gelassenheit absehbar, jedoch waren die Märkte noch weit von der Panik des September 2008 entfernt. Allerdings konnten sich die Anleger gestern nur kurz über den vorläufigen Kompromiss freuen. Der DAX brach nach einem Höchststand von 7.281 um über 300 Punkte ein.

Blick in ausgewählte Beiträge zur US-Schuldenkrise

FAZ: Schuldenstreit – Der amerikanische Albtraum (31.7.11): Amerika hat 14 Billionen Dollar Schulden – so viel wie nie zuvor. Ewig kann das nicht weitergehen. Viele Amerikaner folgern, ihr Staat müsse sich nun radikal beschränken. Sie hoffen, dass die Schulden ein europäisches Problem bleiben.

Telepolis – Banken: Keine Panik wegen US-Pleite Risikoindikatoren zeigen maximale Gelassenheit

FTD: Transatlantisches Schuldendrama: Warum die Märkte die Euro-Krise mehr fürchten als die US-Pleite

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