Warum der Vertrauensverlust der Kreditversicherung nachvollziehbar ist

by Dirk Elsner on 29. September 2011

Vor einigen Wochen machte das Handelsblatt eine Beitragsreihe über Kreditversicherungen für Unternehmen mit der Überschrift auf: “Das Vertrauen in die Branche ist erschüttert” (Handelsblatt vom 26.5.). Darin ging es um den Vertrauensverlust, den die Anbieter für die Versicherung von Warenforderungen von Unternehmen während der Finanzkrise erlitten haben. Nach der Analyse der Zeitung war eine Ursache dieses Vertrauensverlusts, dass sich viele deutsche Unternehmen von den Kreditversicherern im Stich gelassen fühlten. Viele Anbieter reduzierten gerade 2008 und 2009 ohne ausreichende Vorwarnung den Schutz für den Warenverkehr. Dies geschah damit ausgerechnet zu der Zeit, wo viele Unternehmen besonders auf Kreditversicherungen angewiesen waren.

Ich kann den Frust der Unternehmen, dessen Auswirkungen ich aus erster Hand und bei einigen meiner Kunden direkt miterleben konnte, sehr gut verstehen. Meine Skepsis gegenüber Kreditversicherungen hat seitdem deutlich zugenommen. Was der Beitrag im Handelsblatt nicht herausgearbeitet hat ist, dass das Verhalten der Versicherer die Unternehmensfinanzierung von zwei Seiten in die Zange genommen hat.
Kreditversicherungen überprüften nämlich schon lange vor Ausbruch der heißen Phase der Finanzkrise die Versicherungslimits und “passten” massiv den Schutz an. Anpassungen bedeuteten in diesem Fall, dass sie die internen Limits für versicherte Forderungen vieler Unternehmen nach unten korrigierten oder ganz aufhoben. Das hatte zwei Konsequenzen:

  1. Lieferanten standen plötzlich gerade bei vermeintlich “riskanteren” Kunden plötzlich ohne Schutz da und
  2. Unternehmen, deren Verbindlichkeiten versichert wurden, mussten sich zusätzlich von ihrer Bank Linien einräumen lassen mussten, wollten sie ihren Wahrendurchsatz halten. Spielten die Kreditinstitute nicht mit, musste das Geschäftsvolumen reduziert werden, weil viele große Unternehmen nur über interne Limits hinaus lieferten, wenn es entsprechenden Deckungsschutz gab.

Aus Sicht der Kreditversicherungen war die Reduktion der Linien und die Kündigungen von Verträgen natürlich nachvollziehbar. Sie haben die höheren Risiken frühzeitig gesehen, die sich aus den Verspannungen der internationalen Kapitalmärkte schon Mitte 2007 zeigten.

Ärgerlich war, dass die Anpassungen  ohne Vorwarnung erfolgten und obwohl sich die Finanzsituation der Unternehmen gar nicht verschlechtert hatten. Die Anpassungen waren allein die Konsequenz der risikosensibleren Makrosteuerung der Kreditrisiken. Die führte dazu, dass unter sonst gleichen Umständen weniger Risiken versichert wurden. In der Praxis entstand daraus für die Unternehmen sofort zusätzlicher Liquiditätsbedarf, der z.B. im Rahmen freier KK-Linien gedeckt werden oder durch zusätzliche KK-Limits konnte. Gelang diese nicht, mussten Unternehmen ihre Geschäftsaktivitäten zurückfahren.

In einem Folgebeitrag werde ich mich mit der Frage befassen, ob sich Kreditversicherungen lohnen oder Unternehmen besser fahren, wenn sie nur ihr Forderungsmanagement optimieren.

Diesen Beitrag habe ich ursprünglich für die Webseite der CFOWorld geschrieben. Er ist dort am 30. Juni erschienen.

* Dirk Elsner war mehrere Jahre Bereichsleiter einer Bank und Geschäftsführer einer mittelständischen Unternehmensgruppe. Heute berät der Bielefelder für die Unternehmensberatung Innovecs GmbH Banken und mittelständische Unternehmen u. a. zu Finanzierungs-, Planungs- und weiteren Themen des kaufmännischen Managements.

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