Abnullen in der Euro-Schuldenkrise: Alles dreht sich noch schneller im Kreis

by Dirk Elsner on 24. Oktober 2011

Zwangskapitalisierung, Ratingverbot, Trennbanksystem, EFSF-Hebelung per Versicherung, partielles Verbot von Credit Default Swaps, Schuldenschnitt  mit Bankenrettung, Eurobonds. Die Taktung in Europa ist mittlerweile so abgedreht, dass ich hier im Blog längst nicht mehr allen gehypten Vorschlägen folgen kann.

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In den sozialen Netzwerken auf G+ und insbesondere auf Twitter (ja, das geht) wird zwar ebenfalls heiß diskutiert, aber auch dort diffundieren die verschiedenen Threads so schnell, wie die europäischen Institutionen ihre Positionen ändern.

Ob nach dem „Gipfel der schlechten Laune“ (FTD) am gerade vergangenen Wochenende die Zeit der Kopf- und Konzeptlosigkeit der globalen Wirtschaftselite wirklich beendet ist, ist noch offen. Wie schon oft hier beklagt, ist die Kakophonie der unterschiedlichen Handlungsempfehlungen und Vorschläge erdrückend und steht übrigens im umgekehrten Verhältnis zur Durchsetzung dieser Vorschläge.

Die Konzeptlosigkeit freilich allein der Politik vorzuwerfen, ist dabei dabei viel zu kurz gesprungen, denn Vertreter aus dem Finanzwesen und der Realwirtschaft beteiligen sich ebenfalls mit Inbrunst an dem, was immer mehr Menschen als Irrsinn bezeichnen und sich fragen welcher Typus hier eigentlich Unternehmen und Institutionen führt.

So richtig in die Defensive sind in den letzten Wochen die Banken geraten, die sich zudem noch mit dem Bashing auseinandersetzen müssen und dabei mit ihrer katastrophalen Krisenkommunikation das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit verspielen.

Merkel und Sarkozy haben bisher wahrlich nicht geglänzt (wobei, kann man überhaupt in diesem Prozess glänzen?). Sie hätten Führungsverantwortung übernehmen sollen, haben aber ihre Entscheidungen und vor allem öffentliche Rhetorik immer wieder von der jeweiligen Innenpolitik bestimmen lassen. So gewinnt man weder Europa, noch die Menschen und übrigens auch keine Wahlen.

Ich hatte schon einmal geschrieben, dass wir es beim Verhalten der globalen Wirtschaftselite (Politik, Banken, Verbände, staatliche Institutionen, Unternehmen) mit einem globalen Gefangenendilemma zu tun haben. Das Gefangenendilemma (siehe im Detail Spieltheorie und das Gefangenendilemma und ganz aktuell beim Wirtschaftsphilosoph: Euro-Rettungsversuche als Gefangenendilemma) beschreibt bekanntlich eine Situationen, in der die Akteure eigentlich ein gemeinsames Interesse zur Zusammenarbeit haben sollten. Allerdings gibt es aufgrund der Anreizbedingungen in diesem Spiel, das Wissenschaftler auf viele reale Situation übertragen, grundlegende Interessenkonflikte. Diese verhindern weiterhin die gemeinsame Besserstellung, weil sich einzelne Akteure durch nicht kooperatives Verhalten einen Vorteil verschaffen können oder dies zumindest glauben.

Gefangenendilemma können neben Kooperation durch Transparenz gemildert werden. Aber genau daran scheint niemand Interesse zu haben, denn das Vorschlagsstakkato und Herumtaktieren führt dazu, dass kaum jemand den Überblick behält. Beispielhaft dafür sind die Berichte über einen Eklat bei jüngsten EU-Gipfel, auf dem ein genervter Sarkozy den britischen Premier Cameron angeschnauzt haben soll, oder Irritationen bei der Deutschen Bank, nach denen sich Chef Josef Ackermann zu viel um die Schuldenkrise und zu wenig um sein Hause kümmere.

Nun sieht es tatsächlich so aus, als könne sich die Eurozone auf dem zweiteiligen Gipfel einigen. Die Halbwertzeit derartiger Beschlüsse betrug in den vergangenen drei Jahren zwischen 2 Tagen und 3 Monaten. Schauen wir mal, wie lange es diesmal dauert.

Meldungen zu den Gipfelgesprächen am Wochenende

HB: Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Der Brüsseler Gipfel-Marathon ist beendet – doch konkrete Beschlüsse, wie Europa die Schuldenkrise ein für alle mal lösen will, gab es nicht. Alle Hoffnungen richten sich nun auf Mittwoch, den nächsten Gipfel. Die Versprechungen sind groß.

FAZ: Griechenland braucht viel mehr Hilfe Die Banken sollen bezahlen:  Nach den EU Krisentreffen zeichnen sich Lösungen für eine Umschuldung Griechenlands, eine Rekapitalisierung angeschlagener Banken und den „effektiveren Einsatz“ des Euro-Krisenfonds EFSF ab.

Rüdiger Skrzypek Oktober 25, 2011 um 13:24 Uhr

Die Schuldenkrise mit einem Gefangenendilemma zu vergleichen, finde ich sehr gelungen. Immerhin sind alle Staaten in einem Boot gefangen. Es gibt so gut wie keine Lösungen – außer einige verlassen das Boot. Bei einem Gefangenendilemma geht es darum sich egoistisch oder kooperativ zu verhalten. Ist der Einsatz in einer Verhandlungssituation groß und der Druck hoch, steigt die Tendenz zu egoistischen Entscheidungen. Und ich denke, der Einsatz, nämlich der Schuldenberg jedes einzelnen Staates in der Eurozone, ist ausgesprochen hoch.

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