Fondsbranche fordert Transparenz gegen den Vertrauensschwund und lebt sie nicht

by Dirk Elsner on 25. Oktober 2011

Interessant, in einer werblichen Verlagsbeilage der FAS am vorvergangenen Wochenende wiederholt Christian Wrede, Vorsitzender der Geschäftsführung von Fidelity Worldwide Investment in Deutschland, eine Forderung, die wir bereits vor drei Jahren überall lesen konnten

“Viele Kunden haben das Vertrauen in ihren Bankberater nachhaltig verloren. Was die Finanzbranche jetzt braucht, ist eine Transparenzoffensive, die diesen Namen auch verdient.”

Diese Forderung ist weder neu, noch originell, geschweige denn aus der Finanzbranche umgesetzt. Und das überrascht eigentlich, denn der Vertrauenstrend zeigt, so Wrede, weiter deutlich abwärts:

“So geben nach einer aktuellen Studie von Fidelity zwei von fünf Deutschen an, dass sie ihrem Finanzberater heute noch weniger vertrauen als 2008. Ein Fünftel der Befragten vertrauen ihrem Berater sogar wenig oder gar nicht mehr. Und mehr noch: Der Trend zeigt abwärts. Gaben vor einem Jahr noch 16 Prozent der deutschen Anleger an, dass sie ihrem Finanzberater voll vertrauen, sind es mittlerweile nur noch 13 Prozent. Für eine Branche, deren Erfolg praktisch ausschließlich vom Vertrauen der Kunden abhängt, ist das ein Alarmsignal.”

Wrede fordert mit starken Worten Transparenz:

“Die strikte Trennung von Produkt- und Vertriebskosten wäre ohne Zweifel ein solcher. Wieso soll der Kunde nicht erfahren, was er einem Fondsmanager, der sein Geld verwalten und mehren soll, dafür jährlich bezahlen muss? Wieso soll ein Anleger nicht wissen, welchen Ertrag er seinem Berater mit dem Abschluss eines Produktes verschafft? Und wieso soll ein Kunde nicht selbst entscheiden dürfen, ob er seinen Berater lieber für den Verkauf eines Produkts einmalig per Honorar bezahlt oder über fortlaufende Provisionen entlohnt? Nur wenn die Branche hier wirklich Transparenz walten lässt, wird sie den Vertrauensverlust stoppen können.”

Wrede, und das finde ich richtig, setzt aber nicht auf eine neue gesetzliche Initiative, sondern fordert Banken, Berater und Produkthersteller auf, selbst die Initiative zu ergreifen und “die notwendige Transparenz” an den Tag zu legen.

Notwendige Transparenz? Ist das nun eine zur Worthülse degenerierte Floskel, die Wrede da verwendet? Ich habe mal an einem ausgewählten Beispiel gecheckt, was Fidelity selbst unter Transparenz versteht. So wurde am 16.10. auf der Homepage von Fidelity der “Fidelity China Consumer Fund” empfohlen.

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Ein Klick auf den “Fidelity China Consumer Fund” bringt Interessenten auf eine Übersichtsseite mit Filmchen und diversen weiteren Informationen. Unten befinden sich zwei Links, hinter den ich Informationen über Kosten und mehr vermuten würde:

  • Alles zum neuen Fonds
  • Fonds kaufen

Unter “Alles zum neuen Fonds” gibt es weitere Detailinformationen, jedoch noch keine Transparenz über Vergütung etc. Unter Fondsdaten sind dann Ausgabeaufschlag und die jährliche Managementgebühr verzeichnet, was aber nur ein Bruchteil der Kosten sind. Eine Depotbankgebühr wird nicht ausgewiesen. Leider fand ich auf der Seite keinen Link zum Verkaufsprospekt. Den lieferte aber z.B. Morningstar. Daraus sind jedoch keine weiteren Entgelte ersichtlich. Man erfährt weder etwas über die laufenden Transaktionskosten, also etwa zu welchen Preisen werden Anteile erworben, zu welchen Kursen werden Devisen umgerechnet oder was fließt an Kickback an Vertriebsstellen oder andere Partner.

Auf S. 100 des Prospektes wird dann über ANGABEN ZUR VERWALTUNG, ZU GEBÜHREN UND KOSTEN in allgemeiner Form informiert. Danach fallen Kosten an für

  • Verwaltungsrat und Geschäftsführung
  • Investmentmanager
  • Managementgebühr

Im Prospekt ist unter Managementgebühr die Rede von Maklerprovisionen, Transaktionsgebühren und andere betriebliche Aufwendungen, die von von Fidelity Funds bezahlt werden. Natürlich stehen diese Gebühren nicht vorher fest und können nicht im Verkaufsprospekt ausgewiesen werden. Ich werde später schauen, ob diese in den Fondsberichten ausgewiesen werden.

Unter Depotbankgebühr werden dann konkrete Werte genannt: 0,003% vom Nettovermögen von Fidelity Funds in entwickelten Märkten und 0,35% vom Nettovermögen von Fidelity Funds in Schwellenmärkten. Dazu kommen Transaktionsgebühren und angemessene Auslagen und Spesen, die man später im Rechenschaftsbericht finden sollte.

Im Prospekt findet man dann noch Kosten für einen Dienstleister für “Zentrale Verwaltung und Verwaltungsstelle”, der bis zu 0,5% des Nettovermögens (ohne angemessene Auslagen und Spesen) erhält. Weitere fallen Kosten an für einen Abschlussprüfer, eine Zahlstelle und diverse weitere Positionen, die, wenn man Transparenz üben möchte, sich im Rechenschaftsbericht wieder finden sollten.

Da der Fidelity China Consumer Fund ein neu aufgelegter Fonds ist, findet man keine aktuellen Daten zu den weiteren Transaktionskosten, wobei das technisch selbstverständlich sehr einfach realisierbar wäre, weil die Fondsgesellschaft intern natürlich über diese Informationen verfügt, sofern hier bereits Kosten angefallen sind.

Ersatzweise schaue ich also in den Rechenschaftsbericht für den “European Growth Fund” und andere Fonds (Achtung pdf mit 724 Seiten). Dort findet sich eine Übersicht, eine Vermögensaufstellung und eine Gesamtsumme der Anschaffungskosten des Fonds. Wie sich die Anschaffungskosten ermitteln, bleibt offen. Ab Seite 677 des Gesamtberichts findet man dann eine Aufstellung mit den Gesamtsummen für Ertrag und Aufwand der einzelnen Fonds. Dazu gehören insbesondere Anlageverwaltungsgebühr, Verwaltungsaufwand, Steuern, Depotgebühr, Vertriebsgebühr, Sonstiger Aufwand, Zinsaufwand für Swaps, Finanzierungskosten für Differenzkontrakte und immerhin rückerstattete Brokerprovision und Verzicht auf Gebühren.

Ein Transparenzwunder ist Fidelity damit nicht. Insbesondere die Kosten für die verschiedenen in die Geschäftsentscheidung und –abwicklung eingeflossenen Entgelte bleiben vollkommen intransparent. Auch die Anschaffungskosten pro Transaktion sind nirgends ausgewiesen, wobei es technische ebenfalls kein Problem wäre, dies online verfügbar zu machen. Im Klartext bedeutet dies: Immer noch nicht ist die grundlegenste Form der Transparenz für Investmentfonds, nämlich, wann wurden welche Vermögenstitel zu welchen Preisen nebst Transaktionsentgelten erworben, realisiert.

Christian Wrede schreibt:

“Nur wenn Finanzdienstleister aus eigenem Antrieb konsequent, unbürokratisch und einheitlich alle Kosten eines Finanzprodukts ausweisen, werden sie einen zentralen Anspruch des Anlegers erfüllen – und ihm wieder auf Augenhöhe begegnen. Genau das ist der Weg, um verlorengegangenes Vertrauen wieder aufzubauen.”

Seine Gesellschaft erfüllt jedenfalls diesen Anspruch nicht bzw. hat ein vollkommen anderes Verständnis von Transparenz, als ich es etwa habe. Die hier derzeit praktizierte Transparenz von Investmentfonds nimmt ihre Anleger weiter nicht ernst.

Nach einer im Sommer bekannt gewordenen Studie “vernichtet” die Fondsindustrie lt. Medienberichten pro Jahr 1,3 Billionen Dollar.

“Die IBM-Experten, die 2600 Sachkundige in mehr als 80 Staaten befragt haben, kalkulieren für den Großteil ihrer unvorteilhaften Rechnung vereinfacht gesagt so: Die Fondsindustrie lebt vor allem von den Gebühren ihrer Kunden. In der Regel erhält das Management einen gewissen Prozentsatz vom verwalteten Vermögen als Provision. Im Gegenzug sichert es eine bestimmte Rendite zu. Weil diese oft nicht erreicht wird, könnte man auch von Verschwendung sprechen. “

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