Anleger verschwenden 1,3 Billionen und niemand interessiert es

by Dirk Elsner on 28. Juni 2011

Manchmal glaube ich ja, es ist schick über die Finanzbranche zu fluchen und sich aufzuregen, wenn wieder einmal ein Skandal durch die Gazetten geistert. Es ist ja irgendwie auch schön, wenn man jemanden für bestimmte Missstände verantwortlich machen kann und nicht auf sich selbst schauen braucht. Aber von Zeit zu Zeit werden auch wir Privatpersonen daran erinnert, dass wir unseren eigenen Beitrag dazu leisten, weil wir zu nachlässig sind oder einfach nicht glauben wollen, was seit Jahrzehnten bekannt ist.

Ein Thema, das es alle paar Jahre wieder einmal schafft, für wenige Millisekunden Aufmerksamkeit zu erhaschen, ist die Performance von Anlageprofis, wie bei Investmentfonds. Hier suggerieren Hochglanzprospekte, teure Werbespots und Preisverleihungen der Investmentbranche, dass man nur den richtigen Berater, Fonds oder Verwalter finden braucht, um ausgesorgt zu haben. Eigentlich weiß jeder, dass dies eine Illusion ist.

Interessieren sich Privatanleger (auch vermögende Investoren) eigentlich wirklich so wenig für ihr Geld, dass es ihnen vollkommen egal ist, was mit ihrem Geld passiert? Vor einigen Wochen präsentierte Spiegel Online zwei Studien, die diesen Schluss nahe legen. Ein (leider nicht online erhältliche) Studie der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) entlarvt Fondsmanager als Geldvernichter. Spon fasst die Ergebnisse zusammen:

“Diese Studie dürfte Finanzprofis gar nicht gefallen: Aktiv gemanagte Investmentfonds entwickeln sich nur selten besser als der vergleichbare Markt. Bezogen auf zehn Jahre konnten nur 27,5 Prozent der Aktienfonds eine positive Managementleistung vorweisen, teilen die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und das Institut für Vermögensaufbau (IVA) mit.

Die Studienautoren betrachten dabei die sogenannte Überrendite eines Fonds nach Kosten im Vergleich zu einem vergleichbaren Index an Anlageprodukten, der sogenannten Benchmark.”

Neu sind diese Erkenntnisse nicht, die ihr theoretisches Fundament in der Effizienzmarkthypothese haben. Diese Theorie ist zwar stark umstritten (siehe dazu “Über die Ineffizienz der Hypothese der effizienten Märkte”), es wird jedoch ständig durch empirische Untersuchungen gezeigt, dass im Durchschnitt die professionellen Vermögensverwalter nicht besser sind als der Durchschnitt.

Im Januar zerstörte die Bundesbank die Vorstellung, Anleger könnten durch geschickte Aktienauswahl den Anlageerfolg verbessern (siehe dazu “Anlegerverhalten in Theorie und Praxis” im Monatsbericht Januar 2011). In dem Beitrag wies die Bundesbank darauf hin, dass der Anlageerfolg weiterhin maßgeblich von den mit der Vermögensanlage verbundenen Kosten beeinflusst wird. “Trotzdem scheinen Anleger,” so die Bundesbank weiter, “den mit Anlageentscheidungen verbundenen Kosten häufig zu geringe Beachtung zu schenken, wie zum Beispiel die exzessive Handelstätigkeit vieler Anleger verdeutlicht.”

Wie hoch diese Kosten für die Fondsverwaltung sind, unterstreicht eine andere (leider ebenfalls unveröffentlichte) Studie, über die Spiegel Online letzte Woche unter dem Titel “So teuer sind Aktienfonds wirklich” berichtete. In “Financial Markets 2020” haben Forscher des „IBM Institute for Business Value“ gezeigt, dass die Investmentbranche jährlich 1,3 Billionen US$ (in Zahlen 1.300.000.000.000) vernichtet. Als besondere Positionen werden aufgelistet:

  • 459 Mrd. US$ an Gebühren für Credit Rating-Agenturen und Research, wobei die Praxis gezeigt hat, dass die Analysen wenig brauchbar sind
  • 300 Mrd, US$ für erfolgsabhängige Entgelte trotz unterdurchschnittlichen Erfolgs der meisten Portfoliomanager (siehe oben)
  • 250 Mrd. US$   Gebühren für nicht notwendige Beratungsleistungen
  • 213 Mrd US$ für Kosten für Investmentmanager und ineffizienter Organisation
  • 51 Mrd. US$ für Entgelte, die an schlecht performende Hedge-Fonds gezahlt werden

Diejenigen, die die Kosten zahlen, sind nicht nur die einfachen Fondsanleger. Gerade die sehr vermögenden Anleger zahlen doppelt und dreifach durch Kapitalanlagekaskaden, die ihnen häufig gar nicht bewusst werden. Das was nämlich Dank des Falles Madoff vor zweieinhalb Jahren gut dokumentiert wurde, hat sich nämlich überhaupt nicht geändert (siehe dazu “Die Provisionsschneiderei der Vermögensverwaltungen und Versicherungen am Fall Madoff”).

Was der Grund für diese große Nachlässigkeit ist, kann ich nur vermuten. Aber das ist Stoff für einen anderen Beitrag.

Adrian Porger Juni 29, 2011 um 17:35 Uhr

Bleibt festzuhalten: Das Geld ist nicht weg(„vernichtet“)! – Es hat nur jmd. anderes…:-D

stef Juni 28, 2011 um 23:19 Uhr

Sie haben recht, viele Kleinanleger handeln zu viel/ zu oft, legen in aktiv gemanagte Fonds an, wobei sie mit passiven Fonds besser stehen würden. Ein wichtiger Posten sind dabei oft die Transaktions- und Managementkosten.

Wenn jedoch alle Anleger passiv handeln würden, würden dem Markt wichtige Informationen fehlen. (Das geht so in die Richtung des Informationsparadoxon)

Dr. Hansjörg Leichsenring Juni 28, 2011 um 06:27 Uhr

Um besser als der Markt zu sein, darf man sein Geld niemals großen „Einsammlern“ anvertrauen. Die können schon vom Volumen gar nicht anders als mit dem Markt schwimmen. Entweder man sucht sich eine kleine Boutique, der man vertraut oder man macht‘s selbst.
Sonst bleibt nur die Alternative „Passivmanagement“.

Beste Grüße

Hansjörg Leichsenring

http://www.der-bank-blog.de

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: