BIZ greift Basel III an und fordert, Banken sollen Staatsanleihen mit Eigenkapital unterlegen

by Dirk Elsner on 7. November 2011

Nach meinem Beitrag Ende der vorletzten Woche “Wann wird jetzt Basel III gehackt?” lese ich in der Printausgabe des Handelsblatts vom 04.11.2011 (S. 43) nun ausgerechnet von der BIZ selbst Zweifel am Konzept der neuen Eigenkapital und Liquiditätsrichtlinien.

„Großbanken sollen Staatsanleihen nach dem Willen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) künftig nicht mehr als risikolose Anlagen behandeln, sondern Risikopuffer für sie bilden. Stephen Cecchetti, Chefökonom bei der BIZ, griff gestern die europäischen Geldhäuser an, weil sie dank einiger Schlupflöcher im Aufsichtsrecht bislang keine Kapitalpuffer für europäische Staatsanleihen gebildet haben. „Doch selbst wenn die Aufsichtsbehörden das erlaubt haben, hätten die Manager, vor allem die Risikochefs, nicht dennoch darauf bestehen sollen, die Ergebnisse ihrer eigenen Risikoeinschätzung zu verwenden?“ fragte Cecchetti.” (Fettdruck durch mich)

Interessant ist, dass dieses Thema von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) kommt. Unter der Federführung der BIZ hat bekanntlich über den Basler Ausschuss Basel III das Licht der Welt erblickt. Basel III wird uns als vermeintliche Wunderwaffe gegen neue Finanzkrisen verkauft. Die Aussagen von Cecchetti sind hoch brisant, wie Autorin Yasmin Osman richtig bemerkt. Sie schreibt:

„Fallen die Privilegien für Staatsanleihen weg, brauchen Europas Banken noch mehr Eigenkapital. Von ihnen fordern die Regierungschefs in Europa bis Mitte 2012 ohnehin neun Prozent Eigenkapital. Bislang sind nur vier Prozent vorgeschrieben. Kommen die Risikopuffer für Staatsanleihen, haben es Länder mit mäßiger Kreditwürdigkeit zudem schwerer, Käufer für ihre Bonds zu finden. Schon jetzt sorgt die Krise dafür, dass sich Großbanken von Anleihebeständen trennen: …“

Die Regierungen in Europa dürften also kein Interesse an einer entsprechenden Anpassung von Basel III haben, weil dies den Absatz von Staatsanleihen gerade von Krisenstaaten weiter bremsen dürfte und so die aktuelle Schuldenkrise weiter verstärken kann. Werden aber die Staatsanleihen nicht angerechnet auf die Eigenkapitalquoten, dann sind diese Quoten mit den durch die Schuldenkrise bekannt gewordenen Risiken nicht mehr aussagefähig. Risiken der Banken werden weder erkannt noch eingedämmt. Damit führt aber Basel III ins Nirwana und wird zu einem Feigenblatt, von dem (außer Legionen von Unternehmensberatern) niemand etwa hat.

Und ich wieder hole es hier gern auch noch einmal, weil ich das gerade in einer Umfrage der Fachhochschule des Mittelstands, Bielefeld gelesen habe: Nicht nur die Eigenkapitalanforderungen, sondern auch die Liquiditätsanforderungen von von Basel III fördern den Kauf von Staatsanleihen,  da nur diese Wertpapiere zu hochliquiden Aktiva gezählt werden. Die FHM zitiert befragte Institutsvertreter, die dies „als  ungerechtfertigte  Bevorzugung von Staatsanleihen sehen (S. 7 der Studie).

Der Druck auf Basel III über die Privilegien für Staatsanleihen wächst also. In Deutschland sollen sich laut Handelsblatt etwa die Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und KfW-Chef Ulrich Schröder für einen Kurswechsel ausgesprochen haben.

Nachtrag vom 10.11.

Das ist interessant: Nun spricht sich auch der Deutsche Bankenverband dafür aus, Staatsanleihen nicht mehr als risikofreie Anlagen in den Bankbilanzen zu führen. Bei Dow Jones Deutschland ist dazu u.a. zu lesen:

„Der Präsident des BdB Andreas Schmitz sagte am Donnerstag zu Dow Jones Newswires: „Auch bei Staatsanleihen sollte grundsätzlich gelten: Zunehmende Risiken müssen zu einer höheren Kapitalunterlegung führen.“ Die derzeit geltende Nullgewichtung von Staatsanleihen habe Fehlanreize gesetzt und damit Fehlentwicklungen ausgelöst.“

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