Armin Falk über über rationales Herdenverhalten, Bauchentscheidungen, Fairness und Effizienz

by Dirk Elsner on 21. Januar 2012

Am Montag startet der vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und dem Handelsblatt veranstaltete Kongress “Ökonomie neu denken”, an dem ich auch teilnehmen werde (Vorbericht folgt am Montag). Im Vorfeld der Veranstaltung hat der Stifterverband ein Videointerview auf seine Webseite gestellt mit Professor Armin Falk, Direktor und Professor am Center for Economics and Neuroscience, Bonn. Falk wird am ersten Tag gemeinsam mit Prof. Michael Hüther in einem Panel sitzen zum Thema “Neue Spielregeln wirtschaftlichen Handelns”. 

In dem Video geht es Behavioral Economics und Neuroökonomie

 

Ökonomie neu denken – Jenseits der Finanzkrise (II) from Stifterverband on Vimeo.

Zur Zusammenfassung heißt es auf der Webseite des Stifterverbands:

  • Wir glauben, dass der Kopf entscheidet, aber häufig ist es doch der Bauch. Ich bin als Wissenschaftler aber nicht ein Anhänger der These, dass wir noch mehr Bauch brauchen. Wir brauchen noch sehr viel mehr Verstand. In der Wirtschaftspolitik sollten wir uns vom Kopf leiten lassen. Aber wir müssen verstehen, wie Menschen sich von ihrem Bauch leiten lassen, um darauf gute Antworten zu finden.
  • Die Ökonomen haben traditionell gesagt: Das eigentliche Problem ist die Allokation, also die Effizienz einer Anordnung, und über die Verteilung kann man sich dann nachher Gedanken machen. Und das ist eben ganz falsch. Die Verteilungsfragen haben unmittelbar eine Konsequenz auf die Effizienz einer Gesellschaft.
  • Das Dogma, dass ungleichere Gesellschaften besser funktionieren, weil sie stärkere Anreize zum Aufstieg generieren, ist einfach nicht mehr haltbar.
  • In der Regel machen Menschen Fehler. Das hat damit zu tun, dass es in schwierigen Entscheidungssituationen einfach unmöglich wäre, alle Entscheidungsprozesse auf rationale Weise zu lösen. Stattdessen bedienen wir uns Heuristiken oder Daumenregeln. Wir müssen schnelle und einigermaßen richtige Entscheidungen treffen. Das hat auch die Evolution von uns gefordert, und darin sind wir auch sehr, sehr gut.
  • Ich wünsche mir, dass die Politik den Mut, die Gelassenheit und auch die Verantwortung hätte, sich auf einen Dialog einzulassen mit Wissenschaftlern, denen es um die Sache geht und nicht darum, irgendwelche Interessen zu vertreten und durchzusetzen.
  • In Deutschland wird die wirtschaftspolitische Diskussion nicht von den Leuten dominiert, die in der Forschung sind. Gleichzeitig haben wir aber den Fall, dass die Handvoll von deutschen Ökonomen, die international mitspielen und auch sichtbar sind, sich in der wirtschaftspolitischen Diskussion relativ weit zurückhalten. Und das kann man beklagen.

Download des Videos (MOV, 140 MB)

Die Zusammenfassung und das Video stehen unter einer Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Mehr zu Behavioral Economics – Neuroökonomie gibt es auf dieser Seite im Blick Log.

Tim Schäfer NYC Januar 22, 2012 um 01:26 Uhr

Interessantes Thema. Ja, die Masse liegt immer daneben. Nur diejenigen, die gegen den Strom schwimmen, können wirklich hohe Renditen in die Scheune fahren. Wer immer nur zum Rekordkurs einsteigt und auf dem Tief aussteigt, so wie es die Lemminge bevorzugt tun, kann keinen guten Schnitt machen.

Derzeit sind sichere Anlagen, Anleihen, Tagesgelder etc. gefragt, die kaum Rendite abwerfen. Kommt die Börse wieder in Schwung, rennen alle den Aktien hinterher.

Robert Michel Januar 21, 2012 um 12:14 Uhr

„Das Dogma, dass ungleichere Gesellschaften besser funktionieren, weil sie stärkere Anreize zum Aufstieg generieren, ist einfach nicht mehr haltbar. “

Man sollte nicht den Fehler begehen, das Gegenteil anzunehmen und glauben, dass gleichere Gesellschaften per so besser funktionieren. Wie Armin Falk selbst sagt, kommt es auf die Fairness an. Das bedeutet auch, dass wenn jemand Leistung zeigt, dies auch entsprechend honoriert werden muss. Wenn das aufgrund von zu starren Entlohnungssystems nicht geht, führt das genauso zu Unfairness, wie wenn bestimmte Personen kreise ein deutlich höheres Einkommen erzielen als angemessen wäre. In einer sehr fairen Gesellschaft würde sich vermutlich ein mittleres Niveau von ökonomischer Ungleichheit herausbilden.

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