Josef Ackermann wird Deutschland und mir fehlen

by Dirk Elsner on 1. Juni 2012

Ab heute muss die Deutsche Bank ohne Josef Ackermann auskommen. Ob ihr das gut oder schlecht bekommt, kann heute keiner sagen. Ich weiß auch nicht, ob der Bank Ackermann nach dem “Machtwechselmit vielen Unbekannten” (FAZ)  fehlen wird. Mir jedenfalls wird Ackermann als wichtigen Vertreter der Finanzbranche in Deutschland fehlen (Ursprünglich wollte ich vermissen schreiben, das hat aber schon Wolfgang Kaden auf Spiegel Online getan).

Das Handelsblatt hat vergangene Woche in einer mich atemlos zurück lassenden Reportage den Machtkampf innerhalb des größten deutschen Kreditinstituts geschildert. Das ausgezeichnete Lesestück bot einen erstaunlichen Einblick hinter die Kulissen der Machtschieberei um einen der wichtigsten Posten in der deutschen Privatwirtschaft. Dieses Geschachere bildete einen starken Kontrast zu der professionellen Inszenierung der Hauptversammlung,  deren Start ich gestern in Frankfurt miterleben konnte. Ich hätte von der Bank bei der Organisation des  weit beachteten Chefwechsels mehr Haltung erwartet. Stattdessen vermitteln die in den letzten Monaten erschienenen Beiträge über den “Machtkampf” in dem Institut, dass das Interesse der Bank an ihren Geschäften zweitrangig ist und es zunächst einmal um die persönliche Profilierung und Positionierung geht.

Jetzt habe ich mich gleich ablenken lassen von der Aussicht auf die Zukunft. Dabei wollte ich ja etwas zu Ackermann schreiben und warum er Deutschland fehlen wird. Na ja, ob er Deutschland fehlen wird weiß ich gar nicht, jedenfalls wird er mir für Deutschland fehlen und auch den Aktionäres des Instituts, die ihn gestern ordentlich feierten. Ackermann ist mir als einziger deutscher Chef-Banker aus den letzten Jahren in Erinnerung, der klare Positionen bezogen hat und die auch öffentlich und mit breiter Wirkung kommuniziert hat. Während viele Bankvorstände sich sehr defensiv oder besser noch gar nicht zu Finanz- oder Schuldenkrise geäußert haben, hat Ackermann den Positionen der Finanzbranche ein Gesicht gegeben. Das war dringend notwendig und wird auch in Zukunft gebraucht.

Die Äußerungen Dr. Ackermanns haben zwar öfter mal nicht geschmeckt, gleichwohl wirkten sie auf mich gerade nicht so pr-gedrechselt, sondern ausgesprochen authentisch. Paradebeispiel ist das Interview, das er im Mai 2010 bei Anne Will gegeben hat. Dort hat er immerhin die Griechenlandunterstützung indirekt auch als Bankenhilfe bezeichnet und sonst ziemlich geschickt das Banking-Bashing pariert.

Ackermann hat es darüber hinaus clever verstanden, die Interessen der Bank in ein Branchen- bzw. Staatsinteresse zu verpacken. Wenn beispielsweise verbreitet wird, die Bank sei ohne Staatshilfe ausgekommen, dann ist dies bestenfalls die halbe Wahrheit. Gern verschwiegen wird nämlich, dass auch die Deutsche Bank massiv von der Staatshilfe für andere Banken, von den Hilfen für die Schuldenkrisenstaaten und der EZB-Politik sowie etwa den Stützen der USD-FED profitiert hat.

Gerade seine Authentizität wurde ihm aber oft negativ ausgelegt. Paradebeispiel natürlich das Viktory-Zeichen im Ackermann-Prozess. Die Kritik daran war albern, weil damit Erwartungen an Haltung und Verhalten von Managern verbunden sind, die weder die Kritiker noch sonst jemand erfüllen kann. Auch Banker sind Menschen und müssen sich auch mal locker zeigen dürfen. Wir müssen in Deutschland unsere Verkrampftheit gegenüber solchen Gesten ablegen und sollten dies nicht zum Wertmaßstab hochstilisieren. Da gibt es weitaus bedeutsamere Kritikpunkte.

Genau so wenig Verständnis hatte ich für die Kritik an Ackermann Gewinnvorgaben von 25%. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum man sich hier so festgegraben hat. Vielleicht war es auch wieder in Deutschland einfacher, ein als “gesellschaftlich überzogen” angesehenes Ziel zu kritisieren, als Ackermann als “Helfer in der Not” (SZ) für die Hypo Real Estate, deren staatliche Rettung vor allen den Gläubigern und damit seinem eigenen Haus geholfen hat.

Ackermann hat Positionen bezogen und meist sogar ziemlich klare. Dabei stand hinter manchmal staatsmännischen Klauseln versteckt stets das Interesse seines Hauses bzw. der Bankenbranche. Das ist legitim, auch wenn ich gern aus ökonomischer oder politischer Sicht in diesem Blog dagegen gehalten habe. Aber immerhin war Ackermann jemand, gegen den man argumentieren konnte. Er bot Reibungsfläche, die der Bankbranche nun erst einmal fehlen wird.

Ob Fitchen und Jain das so gelingen wird, muss man abwarten. Jedenfalls werden sie etwas Zeit benötigen. Auch Ackermann hatte ein paar Monate (oder waren es sogar Jahre?) gebraucht, um mit Deutschland warm zu werden, wie Gerald Braunberger in seiner Bilanz festgestellt hat.
Ob das Institut nun nach innen zur Ruhe kommen wird, muss sich erst noch zeigen. Vermutlich werden die Journalisten, die eng und gern die Bank beobachten, jede Entscheidung von Fitschen und/oder Jain als einen Schachzug um die Macht in der Bank interpretieren.

In jedem Fall werden Jain und Fitschen mit dem vermeintlichen Makel zurecht kommen müssen, diejenigen zu sein, die sich am geschicktesten durchgesetzt haben und am ehesten den Interessen anderer Machtspieler entsprachen. Das muss keine Hypothek sein, wenn es ihnen gelingt das Haus erfolgreich durch den “Paradigmenwechsel” (Ackermann in der ZEIT letzter Woche) zu geleiten. Sollte dies nicht gelingen, dann wird man sich der “Geburtsfehler” dieses Führungsduos mit süffisant erinnern. Ich bin jedenfalls gespannt und freue mich auf neue Steilvorlagen des neuen Führungduos.

Liveticker zum Nachlesen der HV

HV-Berichte:

ZEIT: Ein Ackermann trotzt den Stürmen

Spon: Ackermanns Abschied Eigenlob rührt

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