Warum das ersehnte Allzeithoch im DAX kein echtes Allzeithoch ist

by Dirk Elsner on 12. März 2013

Nachtrag am 3.5.2013

Ping: Täräääh  „Dax schließt auf Rekordhoch“ jubelt die FAZ und mit ihr viel andere Gratulanten. Da mache ich doch glatt ein Selterwasser auf.  Der eigentlich für den Vergleich mit anderen Indizes viel relevantere, jedoch nicht so medientaugliche  DAX-Kursindex  erreicht gerade einmal 4.363,95 Punkte. Er muss sich noch um 43,5% nach oben arbeiten, um sein Rekord zu feiern. Mehr dazu in dem ursprünglichen Beitrag vom 12.3.13, als der Performance-DAX auch bereits kurz vor der Grenze war.

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Die Finanzwelt, so scheint es, hat mal wieder den Champagner kalt gestellt. Der DAX hat am vergangenen Freitag um 9.19 Uhr erstmalig wieder die 8.000-Marke bestiegen. Geht es nach den Wünschen, dann wird in den nächsten Tagen oder Wochen irgendwann das Allzeithoch im DAX geknackt. Google News weist schon über 21.000 Ergebnisse für das Stichwort aus. Manuel Prigo-Thimel erinnerte bereits letzte Woche auf Wall Street Journal Online daran, dass wir im DAX das letzte Allzeithoch am 13.7.2007 gesehen haben.

Ich will ja nicht den Spielverderber machen, aber hier nur kurz daran erinnern, dass der DAX, über den wir täglich in den Medien lesen, ein Performanceindex ist. Das bedeutet, die Dividendenerträge fließen mit in seine Berechnung ein. Damit kann er theoretisch sogar steigen, wenn die Kurse fallen. Die Wertentwicklung ist insofern nicht mit dem Euro Stoxx, S&P 500 oder dem Dow Jones Average vergleichbar, die nur die Kursentwicklung darstellen. Im Vergleich mit diesen sieht sieht der DAX jedes Jahr um 2 bis 4% zu gut aus. Ohne die Dividendeneinrechnung lägen wir weit unter dem Rekord. Gut erkennen kann man das am DAX-Kursindex, der parallel veröffentlich wird, jedoch nur ein mediales  Nischendasein fristet. Der DAX Kursindex hat sein Allzeithoch im März 2000 mit 6.266 Punkten erreicht. Aktuell notiert er bei 4.349 Punkten.

Besonders deutlich wird es, wenn man die Verläufe der beiden Indizes in einer Grafik zusammen fasst. Möglich ist dies etwas mit dem Charttool der Comdirect. In der folgenden Grafik starten beide bei 100% am 1.1.2000:

image

Beim Erreichen des Allzeithochs im DAX ist also bestenfalls Sekt angezeigt, den Champagner darf man dann öffnen, wenn der Kursindex seinen 13 Jahre alten Rekord knackt.

mister-ede August 30, 2013 um 14:36 Uhr

1. Zum Höchststand (oder nicht Höchststand) kann man anmerken, dass der MDAX sicher ein Allzeithoch hat.
2. Kann es mir als Anleger nicht egal sein, ob ich nun den Champagner mit Kursgewinnen oder Dividendenausschüttungen bezahle?

Thomas März 12, 2013 um 06:58 Uhr

PREX am 1.1.2000: 222,309, gestern: 441,746

Christian Kirchner März 12, 2013 um 04:07 Uhr

Hm…. da gibt’s aber mMn Prügel für die Falschen ;-). Wieso sieht der DAX um 2 bis 4 Prozent „zu gut“ aus, wenn er (Steuern außen vor) eine Aktienanlage doch viel besser darstellt als Performanceindex inklusive Dividenden verglichen mit einem Kursindex?

Umgekehrt wird doch ein Schuh draus. Tatsächlich bildet der Kursindex den Markt jedes Jahr 2-4 Prozent schlechter ab, als er ist. Fraglich ist nicht, wieso der DAX Kurs ein mediales Nischendasein fristet, sondern sich die ganze Welt an Kursindizes abarbeitet. Ein Kursindex ist Müll, sobald die Betrachtung länger als drei bis vier Jahre ist und grob irreführend, wenn es um zehn Jahre und mehr geht, denn die Ausschüttungen nagen fortlaufend am Kursindex.

Man darf nicht den Fehler machen zu glauben, der Performanceindex STEIGE am Tag der Dividendenausschüttung (und dann womöglich noch mal, wenn der Kursabschlag aufgeholt wird), es ist nur so, dass er nicht fällt. That’s it. Der Kursindex aber schon. Der vollzieht einfach den Abschlag 1:1 nach.

Intuitiv glaubt man ja: Kursindex bleibt unverändert, Performanceindex steigt. Habe ich zumindest jahrelang geglaubt. Steht auch so jedes Frühjahr in den Zeitungen: Dividendeninjektion in den DAX. „Botox-DAX“ schrieb ein Analyst letzte Woche.

Tatsächlich ist die Dividendensaison ein Schlachtfest im Kursindex, das am Performanceindex vorüber geht. Und läuft die Börse träge und gibt’s per Saldo nur was über die Dividenden zu holen, bekommen die Kursindizes ständig auf die Zwiebel.

Karl-Heinz Thielmann März 12, 2013 um 07:33 Uhr

Ich glaube, der Autor des Beitrags will uns sagen, dass man Kursindizes mit Kursindizes vergleichen sollte und Performanceindizes mit Performanceindizes. Wenn ein Kursindex wie der Dow Jones ein neues Allzeithoch verzeichnet ist das in der Tat anders zu bewerten, als wenn ein Performancindex wie der DAX das gleiche macht.

Für einen wirklich fairen Vergleich müsste man nicht nur Dividenden, sondern auch Inflation, Steuern und Wechselkurseffekte mit einbeziehen, was aber alles sehr stark verkomplizieren würde und mit den populären Indizes kaum darzustellen ist.

Insbesondere die Einbeziehung von Inflation führt zu ernüchternden Ergebnissen. Die Forscher Elroy Dimson, Paul Marsh & MikeStaunton veröffentlichen jährlich das Credit Suisse Global Investment Returns Yearbook, in dem sie langfristige Renditen von verschieden Anlagen inflationsbereinigt weltweit untersuchen.

Und in der aktuellen Ausgabe 2013 kommen sie zu erstaunlichen Ergebnissen: Obwohl die Gewinne deutscher Unternehmen kräftig gestiegen sind, verzeichnete der deutsche Aktienmarkt zwischen 2000 und 2012 inflationsbereinigt eine Rendite von -0,4% p.a. Deutsche Aktien verloren also real an Wert. Der spanische Aktienmarkt brachte trotz Euro-Krise immerhin noch 0,4% jährlich, die USA und Schweiz beispielsweise schon 1% im Jahr.

Insofern muss man die angebliche Rekordjagd des DAX derzeit schon sehr stark relativieren.

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