Wissenswertes zu SEPA: Neue Regeln für den E-Commerce (I)

by Dirk Elsner on 10. April 2013

Für die aktuellen Print-Ausgabe der t3n habe ich einen Artikel zu SEPA verfasst, einem Thema mit dem ich mich auch beruflich befassen muss.  Den Beitrag für t3n darf hier auch für meinen Blog verwerten. Wegen des Umfangs teile ich ihn hier in zwei Teile auf. Der Beitrag ist leicht überarbeitet und zusätzlich mit einigen Links versehen, die medienbedingt der Printausgabe fehlen.

SEPA (Single Euro Payments Area) geistert schon länger wie eine Drohung über der

Unternehmenswelt. Für Unternehmen ist es ein verbindliches Regelwerk, das umgesetzt werden muss, wenn man Euro-Konten und Zahlungsverfahren weiter nutzen will. Dies verursacht Aufwand – dennoch sollten sich besonders Online-Shops dringend frühzeitig über die entsprechende EU-Verordnung genauer informieren.

Nach der Einführung des Euros wollte Europa endlich die teure Fragmentierung des Zahlungsverkehrs beenden. Dem europäischen Finanzsystem aus Geschäfts- und Zentralbanken misslang aber die selbstständige Standardisierung. In der Folge bemühte sich die EU um einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum, den sie SEPA taufte. Mit einer entsprechenden EU-Verordnung und einer Fülle technischer Vorschriften (Überblick hier) definierte sie die Standards für auf Euro lautende Lastschriften und Überweisungen neu.

SEPA: DIE WICHTIGSTEN ÄNDERUNGEN

Zu den bekanntesten SEPA-Änderungen gehören IBAN (International Banking Account Number) und BIC (Bank Identifier Code), die die Kontonummer und Bankleitzahl ersetzen. Außerdem schreibt SEPA die Verwendung des XML-Zahlungsformats auf Basis von ISO 20022 XML vor. Leider reicht die internationale Standardisierung nicht so weit, dass der Umfang der IBAN in allen

Ländern gleich ist. Reserviert sind 34 Stellen, wobei Belgien die kürzeste IBAN mit 16 Stellen hat und Malta mit 31 Stellen die längste. Die neue Numerik zieht sich technisch durch alle zahlungs- und buchungsrelevanten Systeme und organisatorisch durch mehr Prozesse, als viele Unternehmen glauben. So müssen neben Zahlungsverfahren und –vereinbarungen mit Kunden auch die Auswirkungen auf das Liquiditätsmanagement geprüft werden sowie Webformulare und viele Datenbestände angepackt werden.

NÖTIGE UMSTELLUNGEN BEI ÜBERWEISUNGEN EINFACH

SEPA Credit Transfer (SCT) heißt offiziell das Überweisungsverfahren, das bereits seit Januar 2008 angeboten wird. Zahlungen werden im SEPA-Raum zu gleichen Kosten wie inländische Zahlungen abgewickelt.

Banken bieten zur Erleichterung der Umstellung automatische Konvertierungen an. Diese sollen bis zum 31.1.2016 zulässig sein. Nach SEPA-Begleitgesetz dürfen diese Konvertierungen aber nur

Verbrauchern angeboten werden. Unternehmen sind ausgeschlossen und müssen ab dem 1.2.2014 IBAN und BIC nutzen. Konvertierungen sollten aber ohnehin behutsam zum Einsatz kommen. Umsetzungsprojekte zeigen nämlich, dass in drei bis fünf Prozent der Konvertierungen Fehler auftauchen, etwa wenn hinterlegte Bankverbindungsdaten älter sind und sich zwischendurch zum Beispiel die Bankleitzahl des Empfängerinstituts geändert hat. Gehen Zahlungen gar auf ein falsches, aber existierendes Konto, müssen sich die Unternehmen selbst um die Rückzahlung bemühen. Banken haben über ihre AGBs mittlerweile ausgeschlossen, die

Übereinstimmung von Kontonummer mit Empfänger zu prüfen. Das Risiko einer Fehlüberweisung liegt damit beim Zahlenden.

Nur im SEPA-Kleingedruckten findet man den Hinweis, dass für den Verwendungszweck künftig maximal noch 140 Zeichen zur Verfügung stehen und die erlaubten Zeichen exakt vorgeschrieben

sind. So dürfen im Verwendungszweck und im Namensfeld keine Umlaute mehr verwendet werden. Unternehmen, die an bisherige Zahlungsdaten etwa automatisierte Verfahren für den Abgleich offener Posten oder andere Formen der Weiterverarbeitung angeschlossen haben, könnten damit Probleme bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass Banken sich nicht auf einheitliche Ausgabeformate verständigt haben.

LASTSCHRIFTEN IN DEUTSCHLAND UNTAUGLICH FÜR E-COMMERCE?

 

Während die Umstellung bei den Überweisungen fast trivial ist, stellt SEPA das bewährte deutsche Lastschriftverfahren völlig auf den Kopf. Legt man die Vorschriften genau aus, könnte sich die

Lastschrift als ungeeignet für Zahlungen im E-Commerce herausstellen, zumindest in Deutschland.

image

Viele betroffene Unternehmen haben sich noch nicht ausreichend über SEPA informiert

Lastschriften hatten 2011 laut Bundesbank einen Anteil von knapp 49 Prozent an allen unbaren Transaktionen. Damit gehört das Verfahren zum wichtigsten Zahlungsinstrument in Deutschland. Laut Handelsverband Deutschland (HDE) bieten im Onlinehandel 46 Prozent der Anbieter Lastschriften an, 15,6 Prozent der online getätigten Umsätze werden auf diese Weise bezahlt.

Die neuen Verfahren SEPA Core Direct Debit für Privatkunden (Rückgabefrist acht Wochen) und SEPA Business to Business Direct Debit (keine Rückgabefrist) für Firmenkunden müssen spätestens ab 1.2.2014 verwendet werden. Zahlungspflichtige erteilen dazu schriftlich ein SEPA-Lastschriftmandat mit exakt definierten Formschriften. Deutsche Banken legen das Erfordernis einer schriftlichen Mandatserteilung im Sinne einer papierhaften Mandatserteilung aus. Dies stößt vor allem im Onlinehandel oder bei Spendenorganisation auf großes Unverständnis, denn Einzugsermächtigungen werden bislang ausschließlich elektronisch und vergleichsweise formlos erteilt. Kein Anbieter wird seine Kunden bitten, nach einer Online-Bestellung noch ein Formular auszudrucken, um es unterschrieben per Post zu senden. Zwar lassen sich bestehende Lastschriftaufträge weiter nutzen. Zwingend ist aber dazu erforderlich, dass diese schriftlich vorliegen; andernfalls müssen sie neu als SEPA-Mandat vereinbart werden. Für Zahlungsempfänger, die per E-Mail oder Webformular Lastschriftaufträge erhalten haben, bedeutet dies einen immensen Aufwand. Zwar hat der Bundestag in seiner Gesetzesvorlage zum

SEPA-Begleitgesetz deutlich gemacht, dass weiterhin wirksame Lastschriftmandate im Internet erteilt werden können, das Parlament vermied es jedoch, dies ausdrücklich gesetzlich zu regeln

Hinter vorgehaltener Hand verraten Kreditinstitute, dass es den Unternehmen letztlich überlassen bleibt, weiterhin Lastschriften ohne schriftliches Mandat einzuziehen, weil das Mandat bei der Einreichung nicht geprüft werde. Das Risiko tragen aber die Unternehmen. Lastschriften, die nicht den SEPA-Vorgaben entsprechen, können 13 Monate zurückgegeben werden.

Die wenigsten Kunden werden dies zwar ausnutzen, zumal die Rückgabe einer Lastschrift nichts am rechtsgeschäftlichen Anspruch ändert. Brisant kann aber das fehlende schriftliche Mandat

bei hohen Beträgen oder für den Fall der Insolvenz des Zahlungspflichtigen werden. Insolvenzverwalter stornieren unabhängig vom Grundgeschäft möglichst alle Lastschriften, wenn sie die Verwaltung übernehmen.

Innerhalb Europas behandeln Banken die SEPA-Lastschriften unterschiedlich. Daher könnte es durchaus Sinn machen, seine internationalen Bankverbindungen im Hinblick auf die Online-Taug-

lichkeit der SEPA-Lastschrift zu überprüfen.

Nachtrag: Nach Redaktionsschluss des Beitrags hat die Deutsche Kreditwirtschaft Erleichterungen bei der Lastschrift sehr verhalten kommuniziert. Siehe dazu meinen Beitrag in der CFO-World Lastschriften: Deutsche Kreditwirtschaft gibt nach.

Fortsetzung folgt hier


Auf meiner Blogseite „SEPA-Übersicht: Informationssammlung und Dokumente“ finden Sie außerdem eine Umfangreiche Linkliste mit Hinweisen zu vielen weiteren Informationen, Grundlagen, Checklisten und Muster.

Previous post:

Next post: