St. Bürokratius und sein Wirken in der Fondsbranche

by Karl-Heinz Thielmann on 20. Februar 2014

Warum sind so viele Investmentfonds so schlecht? – Teil 2 der Fortsetzung

Dass die Bürokratisierung unserer Welt und auch damit der Fondsbranche immer weiter voranschreitet, ist keine neue Erkenntnis. Ein neues Highlight setzen dabei die europäischen Vorschriften zur Regulierung alternativer Investmentprodukte „Alternative Investment Fund Managers Directive“ (AIFMD). Ihre Bestimmungen sind in Deutschland die im neuen Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) zusammengefasst.

An sich ist das Ziel der neuen Vorschriften begrüßenswert, bisherige Regulierungslücken bei Finanzprodukten zu schließen. Jetzt werden endlich auch wesentliche Bestandteile des grauen Kapitalmarktes in die Beaufsichtigung einbezogen. Erstmals gibt es in Deutschland nennenswerte Vorschriften für sog. geschlossene Fonds, die bisherigen Lieblingsprodukte des Segments. Diese Anlageform stand im Mittelpunkt fast jedes gravierenden Anlageskandals in Deutschland in den vergangen Jahren.

Allerdings ist die Umsetzungspraxis selten chaotisch. So ist nach wie vor die genaue Definition eines geschlossenen Fonds unklar. Viele Produkte könnten durch geschickte Gestaltung der Kündigungsfristen aus der Regulierung herausfallen. Für kleine Anbieter mit einem Volumen unter 100 Mio. € gelten Ausnahmeregeln. Überhaupt nicht reguliert werden nach wie vor z. B. Genussscheine, die unlängst im Fall Prokon traurige Berühmtheit erlangten.

Für diejenigen geschlossenen Fonds, die den neuen Vorschriften unterliegen, hat sich allerdings vieles verändert. Die Gesellschaften benötigen neue Zulassungen und die Produkte neue Dokumente. Und dies in erheblichem Umfang. Der Branchenverband BVI hat geschätzt, dass hierfür bis Mitte 2014 ca. 1,2 Millionen Seiten Papier an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übermittelt werden müssen. Damit werden die zuständigen Mitarbeiter der BaFin auf Jahre hinaus lahmgelegt. An Neuzulassungen in Deutschland ist unter diesen Umständen kaum zu denken, wohl aber gewinnen Umweglösungen über Luxemburg oder Irland an Attraktivität.

Zwischenergebnis des ersten halben Jahres der Gültigkeit des KAGB ist jedenfalls, dass seriösen Anbietern geschlossener Fonds ihre Tätigkeit wesentlich erschwert wurde, während unseriösen immer noch genug Instrumente zur Verfügung stehen, ihre Kunden um ihr Geld zu erleichtern.

Ein kurioses Nebenprodukt des KAGB ist, dass der Templeton Growth Fonds per 30. Juni 2014 seine deutsche Vertriebszulassung zurück gibt. Dies ist insofern bemerkenswert, weil der 1954 auflegte Fonds ein echter Klassiker für Langfristanleger ist und er auch seit 1982 in Deutschland erhältlich war. Grund hierfür ist, dass der Fonds nach den neuen Regeln als alternatives Investmentprodukt und nicht mehr als normaler Publikumsfonds eingestuft würde, weil Fondsmanagement und –gesellschaft in unterschiedlichen Ländern domiziliert sind. Ironie der Geschichte ist, dass es eine bürokratiekonforme €-Tranche des Fonds weiter zu kaufen gibt. Allerdings liegen deren Gebühren jährlich um ca. 0,75% höher.

Doch hiermit nicht genug. Im Januar 2014 haben sich Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates und der EU-Kommission auf eine Reform der EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID, Markets in Financial Instruments Directive) geeinigt. Mit ihr können wir uns auf eine neue Welle von neuen Regeln und Ausnahmeregeln freuen. Den sie bringt uns die Unterscheidung in komplexe und nicht-komplexe Anlageprodukte. Komplexe Anlageprodukte sollen wegen ihrer möglicherweise intransparenten Risikosituation in Zukunft von Banken nicht mehr beratungsfrei verkauft werden dürfen. Dies scheint auf den ersten Blick vernünftig. Nur leider steckt der Teufel wieder im Detail: Denn die genaue Abgrenzung der Begriffe „komplex“ und „nicht-komplex“ ist nicht wirklich klar.

So ist anscheinend geplant, Finanzprodukte, die Derivate einsetzen, als komplex einzustufen, z. B. auch Garantiefonds. Man mag ja diesen Produkten vorwerfen, dass sie nicht gerade Ertragsperlen sind, aber das haben sie unglücklicherweise mit vielen deutschen Finanzprodukten gemeinsam. Sie aber grundsätzlich als besonders erklärungsbedürftig einzustufen ist schon sehr eigenartig. Und was ist mit informierten Privat-Anlegern, die sich gut oder teilweise besser mit Finanzprodukten auskennen als ein Berater? Müssen diese in Zukunft jetzt immer ein 7-seitiges Beratungsprotokoll durchackern, bevor sie ihr „komplexes Finanzprodukt“ kaufen dürfen?

Ein zentrales Element im ersten Beitrag von 2012 war die unfaire Gestaltung vieler Performance-Gebühren bei Publikumsfonds. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hatte die beschriebene Problematik schon seit längerem erkannt und parallel zu meinem ersten Artikel eine Verordnung erarbeitet, die um 1. Juli 2013 umgesetzt wurde. Einige der angesprochenen Missstände bei Erfolgsvergütungen wurden hiermit beseitigt bzw. entscheidend abgemildert:

• Performancefees aus Gewinnjahren dürfen in Zukunft nur noch verlangt werden, wenn vorher keine Verlustjahre relativ zur Berechnungsbasis vorhanden waren. Bevor Performancegebühren erhoben werden, müssen erst die Verluste ausgeglichen werden.
• die für die Berechnung der Performance Fee relevante Periode darf nicht kürzer sein als 12 Monate.
• Die Berechnung der Performancefee muss auf der Basis der Nettoperformance eine Fonds, also der Wertentwicklung nach Abzug der Fixkosten erfolgen.

Hiermit hat die BaFin zumindest für deutsche Fonds den übelsten Abzockmethoden bei der Berechnung von Performancefees einen Riegel vorgeschoben. Allerdings sind noch eine Reihe von Schlupflöchern offengelassen worden:
• So werden Verlustvorträge nach 5 Jahren gestrichen. Die BaFin hat mit dieser Bestimmung anscheinend im Auge gehabt, Fonds, die ein sehr schlechtes Jahr gehabt haben, nicht für alle Zeit den Anreiz zur Erzielung einer Performancefee zu nehmen.
• Die Regelungen gelten nur für in Deutschland beheimatete Fonds. Für Produkte, die deutsche Kapitalanlagegesellschaften über luxemburgische oder irische Tochterfirmen auflegen, sind sie nicht relevant. Damit bleibt ein Großteil der in Deutschland verkauften Fonds von dieser Regelung ausgenommen.
• Die BaFin hat nicht in die genaue Gestaltung der Fees eingegriffen, also weder Ober- noch Untergrenzen für die Berechnungsgrundlagen festgelegt. Abzocke bleibt also möglich, auch wenn sie jetzt für den Anleger leichter erkennbar wird.

Abschließend lässt sich feststellen, dass die Regeln der BaFin nur ein Zwischenschritt zur Beseitigung unfairer Performancegebühren sind, aber keine Lösung. Diese ist auch nicht absehbar, so lange sie von der europäischen Politik blockiert wird. Insofern muss trotz der erfolgten Verbesserungen die Empfehlung aus dem Oktober 2012 aufrecht erhalten werden:

„Des weiteren sollten Anleger von Fonds mit Performancefees Abstand nehmen, es sei denn, sie wollen mehrere Abende damit verbringen, das Kleingedruckte in Fondsprospekten genau zu analysieren.“  

Teil 1 der Fortsetzung von „Warum sind so viele Investmentfonds so schlecht?“ ist am 18. Februar auf Blicklog erschienen.

Dieser Beitrag erschien in leicht abgewandelter Form zuerst in „Mit ruhiger Hand“ Nummer 22 vom 3. Februar 2014.

Dividenden-Sammler Februar 23, 2014 um 02:02 Uhr

Kein Wunder, das alle nur noch Tagesgeld empfehlen…
Ich glaube die Menschen bei den Banken schlagen auch nur noch die Hände über dem Kopf zusammen.

Es ist eine schwere Grätsche zwischen „Schutz der Anleger“ und „Die Banken sollen Geld verdienen“.

Ich persönlich setze nur noch auf den eigenen Kopf – inklusive aller Risiken 😉

Beste Grüße
D-S

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