Warum sind so viele Investmentfonds so schlecht? (Teil 1): Direkte Kosten

by Karl-Heinz Thielmann on 4. Dezember 2012

Gastbeitrag von Karl-Heinz Thielmann*

Auch zum Ende dieses Jahres wird es wieder soweit sein: Fondsstatistiken werden für das abgelaufene Jahr veröffentlicht, und diese werden als Ergebnis haben, dass bei europäischen Publikumsfonds innerhalb einer Kategorie ca. 80% ein Anlageergebnis haben, das schlechter ist als der jeweilige Vergleichsindex. Bei US-amerikani­schen Fonds wird das Ergebnis etwas besser sein, aber auch hier werden wahrscheinlich nur ca. 30% ihren Vergleichsindex übertreffen.

Weitet man den Performancevergleich über mehrere Jahre aus, sinkt allerdings die Zahl der überdurchschnittli­chen Fonds. Betrachtet man Zeiträume von mehr als 5 Jahren, sieht man nur noch wenige Publikumsfonds, die besser sind als ein Marktindex.

Eine weitere Auffälligkeit ist, dass in vielen Kategorien bei Aktienfonds der durchschnittliche jährliche Performance­rückstand zum Vergleichsindex relativ konstant ca. 2% beträgt. Es gibt immer wieder Ausnahmen von der Regel, doch wiederholt sich im Großen und Ganzen jedes Jahr das gleiche Bild.

Woran liegt dies? Sind die Fondsmanager größtenteils unfähig? Dies fällt schwer zu glauben, wo sich doch so viele hoch qualifizierte Spezialisten in diesem Beruf tummeln, die zudem noch bevorzugten Zugang zu erstklassi­gen Informationsquellen haben. Oder haben die Anhänger der Theorie effizienter Märkte recht, die behaupten, dass Kurse nicht prognostizierbar sind, weil alle Informationen sofort im Preis verarbeitet werden. Dann würden Fondsmanager in ihrem Versuch, besser als die Märkte zu sein, ein aussichtsloses Spiel spielen. Allerdings spricht die augenscheinliche Erfahrung an den Finanzmärkten gegen die Theorie effizienter Märkte. Insbesondere die Krise von 2008 hat drastisch vor Augen geführt, wie ineffizient die globalen Finanz­märkte tatsächlich sind. Zudem gibt es einige Investoren, die es geschafft haben, über mehrere Jahr­zehnte deutlich besser zu sein als ein Marktindex wie z. B. Warren Buffett, Peter Lynch oder Bill Miller. Die Frage ist allerdings: Warum gibt es nur so wenige?

Eine augenfällige Erklärung für die enttäuschende Wertentwicklung der meisten Investmentfonds ist die Kostenbe­lastung. Hierbei unterscheidet man zwischen den direkten und sichtbaren Kosten einerseits und den indirek­ten, auf den ersten Blick unsichtbaren Kosten andererseits.

 

Direkte Kosten bei Investmentfonds

Die sichtbaren Kosten für einen Investor bestehen aus seinen eigenen Transaktionskosten beim Kauf und manch­mal auch beim Verkauf, den Transaktionsspesen innerhalb des Fonds sowie den laufenden Kosten, die sich vor allem aus der Verwaltungsvergütung und den administrativen Gebühren ergeben.

 

Die Transaktionskosten bei Investmentfonds können verglichen mit anderen Wertpapieranlagen relativ hoch sein. Kauft man seinen Fonds direkt bei der Investmentgesellschaft, einem Finanzvertrieb oder einer Bank, so fällt i.d.R. ein sog. Ausgabeaufschlag an, der bis zu 5% der Anlagesumme betragen kann. Viele Fonds sind aller­dings inzwischen börsengehandelt und man kann sie an der Börse zu Spesen erwerben, die nur einen Bruchteil des Ausgabeaufschlags betragen. Hier muss der Anleger aber beachten, dass zwischen An- und Verkaufs­kurs oft beachtliche Spannen bestehen.

Die Erwerbskosten belasten zwar den Anleger, werden aber in Performancestatistiken normalerweise nicht ausgewiesen. Dies hat zum einen damit zu tun, dass diese Kosten vom Fondsmanagement nicht beeinflusst werden können, sondern sich aus dem Vertrieb ergeben. Zum anderen sind Ausgabeaufschläge uneinheitlich und verlieren zunehmend an Bedeutung. Direktbanken ermäßigen sie oder erlassen sie ihren Kunden ganz. Bei großen Privatanlegern ist der Ausgabeaufschlag Verhandlungssache; institutionelle Anleger zahlen keinen Aufschlag.

Direkte Kosten innerhalb der Fonds ergeben sich auch aus den Transaktionsspesen, der Verwaltungsvergü­tung für den Fondsmanager sowie aus den administrativen Aufwendungen.

Die Transaktionsspesen hängen relativ stark davon ab, wie oft ein Fonds umschichtet und ob er viele Mittelzu­flüsse oder -abflüsse hat. Messgröße für die Umschichtungen ist der Umschlagfaktor. Bei langfristig ausgerichte­ten Fonds ohne Mittelbewegungen liegt dieser Faktor i.d.R. bei ca. 20% p.a.; die durchschnittli­che Verweildauer eines Wert­papiers ist 5 Jahre. Bei den meisten Fonds liegt der Umschlagfaktor allerdings bei 150% p.a. bis 200% p.a. Bei diesen Fonds können die Transaktionskosten sehr perfor­mancerele­vant werden.

Ein Faktor bei der Verursachung zu vieler Transaktionen dürfte der bei vielen Fondgesellschaften vorherr­schende Investmentstil des sog. „Enhanced Indexing“ sein. Das Anlageziel des Fonds wird durch die Wahl eines Marktindex definiert. Der Fondsmanager soll durch das kontrollierte Eingehen von Abweichungen gegen­über diesem Markindex Zusatzperformance generieren. Das Problem dabei ist, das Fondsmanager nicht nur langfristig beurteilt werden, sondern ihre Performance vor allem kurzfristig gemessen und bewertet wird; bei einigen Fondsgesellschaften sogar täglich. Sie sind damit irrationalen Kursschwankungen hilflos ausgelie­fert, weil bei kurzfristigen Performanceabweichungen sofort Druck von internen Risikomanagern und Vorgesetz­ten aufgebaut wird, sich wieder an den Index anzupassen. Insofern werden viele Erfolg verspre­chende Wetten vorzeitig zurückgefahren, was einerseits erhöhte Transaktionskosten bedeutet, andererseits aber auch die Festschreibung von Werteinbußen. Viele Fondsmanager resignieren aber auch und verzichten ganz auf signifikante Abweichungen zum Index. Die Fondsgesellschaften kassieren aber dann auch weiterhin hohe Gebühren für aktives Management, selbst wenn dies eigentlich nicht mehr erfolgt.

Ein wichtiges Instrument zur Verminderung der Transaktionskosten ist der sog. Programmhandel geworden. Hierbei werden große Aktienkörbe mit Brokern gehandelt, die ihr Risiko über Derivate absichern. Hierdurch sind sie in der Lage, sowohl günstige Spesen wie auch gute Ausführungskurse zu garantieren. Insbesondere Indexfonds machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, aber auch für die meisten aktiven Fonds ist es inzwi­schen üblich geworden, bei Umschichtungen oder auch bei größeren Mittelbewegungen den Programmhan­del einzusetzen.

Banken hatten ihre Fondsgesellschaften ursprünglich gegründet, um ihre Handelsabteilungen mit Aufträgen zu versorgen. Inzwischen haben sich aber viele der großen Investmentgesellschaften von ihren Müttern emanzi­piert und stehen nicht mehr unter dem Druck, Provisionseinnahmen für ihre verbundene Handelsabtei­lung generieren zu müssen. Bei einigen kleineren Banken sieht es aber noch anders aus, hier steht das Fondsmanage­ment nach wie vor in der Pflicht, permanent Gebühren zu produzieren und wird daher zu vielen überflüssigen Transaktionen verleitet.

Allerdings hat die Bedeutung der reinen Handelskosten inzwischen abgenommen. Der Provisionssatz ist i.d.R. inzwischen auf niedrige Promillesätze geschrumpft, kann aber bei bankabhängigen Vermögensverwaltern auch noch etwas höher liegen. Insgesamt erscheint die Annahme einer jährlichen Belastung der Fonds durch direkte Transaktionskosten in Höhe von 0,2% bis 0,3% realistisch, in Ausnahmefällen wird mehr erreicht.

Wichtigster Kostenblock bei den direkten Kosten ist die Verwaltungsvergütung. Sie gilt als eigentliche Entloh­nung des Fondsmanagers. Allerdings hat die abnehmende Bedeutung von Ausgabeaufschlägen dazu geführt, dass Vertriebspartner an ihr beteiligt werden. Als Faustregel kann man derzeit sagen, dass die Verwaltungsvergü­tung bei Aktienfonds jährlich ungefähr 1% bis 2% des Nettoinventarwertes beträgt. In der Regel verbleibt ca. die Hälfte hiervon beim Fondsmanager und die andere Hälfte fließt an den Vertrieb zurück.

Diese Beteiligung des Vertriebs an den Verwaltungskosten hat zwei positive Aspekte gehabt: Zum einem wird er am langfristigen Erfolg des Fonds beteiligt. Damit hat er grundsätzlich einen Anreiz, möglichst gute Fonds zu verkaufen. Eine Entlohnung des Vertriebs mit Ausgabeaufschlägen verführte früher oft dazu, dass Kunden zu überflüssigen Transaktionen verleitet wurden. Dies wird mit einer Umstellung auf die Beteiligung an der Verwaltungsvergütung vermieden. Darüber hinaus werden die Vertriebskosten in die Performancerechnung einbezogen, damit quasi in Performancevergleichen sichtbar und für auch den Kunden vergleichbarer. Anderer­seits muss man natürlich auch festhalten, dass der Vertriebsanteil zu einer strukturel­len Erhöhung der Grundkosten geführt hat, die insbesondere für Langfristanleger nachteilig ist.

Ein weiterer fester Block bei den direkten Kosten sind die administrativen Kosten. Hierzu gehören neben der Depotbankvergütung die auf den Fonds bezogenen Verwaltungskosten. Weiterhin enthalten sind Aufwendun­gen, die sich aus den Verpflichtungen der Fondsgesellschaft ergeben, sich regelmäßig von einem Wirtschaftsprü­fer testieren zu lassen. Anleger werden dann in Pflichtveröffentlichungen über ihre Aktivitäten zu informiert. Diese Kosten dienen letztlich dem Anlegerschutz und sind unbedingt notwendig. So gab es unse­res Wissens nach bei in Deutschland oder der Schweiz zugelassenen Publikumsfonds schon sehr lange keinen Skandal mehr über die Veruntreuung von Fondsgeldern, lediglich sehr wenige Beanstandungen wegen missbräuchlicher Verwendung einiger Mittel. In anderen schwächer regulierten Bereichen wie geschlossenen Fonds, Hedgefonds oder Managed Accounts werden hingegen immer wieder schwere Betrugsfälle bekannt.

Ein zunehmend umstrittener Punkt bei den Verwaltungsgebühren sind sog. Performancefees, also Zusatzgebüh­ren, die bei besonders guter Wertentwicklung fällig werden. Die Grundidee hinter den Performance­fees ist richtig, nämlich den Fondsmanager ähnlich wie bei Hedgefonds an einer außergewöhn­lich guten Entwicklung auch finanziell zu beteiligen. Allerdings ist die praktische Umsetzung bei vielen Fondsgesell­schaften mehr als problematisch. Zum einen orientiert sich die Performancevergütung i.d.R. an einem Jahr. Dies ist aber für Langfristanleger viel zu kurz, zumal die Kursentwicklung von Aktien erfahrungsge­mäß sehr stark schwanken kann. Eine solch kurze Frist fördert das Eingehen von kurzfristigen Risiken zulasten einer langfristigen Positionierung. Während Hedgefonds ihre Performancevergütung an der absoluten Wertent­wicklung orientieren, sind viele Publikumsfonds an der relativen Entwicklung zu einem Index ausgerich­tet. Dieser Ansatz mag zwar aus Sicht des Fondsmanagers gerechter sein, weil er sich an der tatsächli­chen Managementleistung relativ zu einer Benchmark orientiert, aus der Sicht des Kunden kann dies aber dazu führen, dass er auch in absoluten Verlustjahren Performancefee zahlen muss. Weiterhin fehlt bei vielen Fonds eine ausreichende Regelung zur Verrechnung zwischen Jahren, in denen der Fonds sein Performance­ziel schafft mit den Jahren, in denen er sein Ziel verfehlt.

Derzeit kann deshalb jedem Anleger vom Engagement in einem Fonds mit Performancefees dringend abgera­ten werden, es sei denn, er studiert vorher eingehend das Kleingedruckte im Fondsprospekt.

Als Maß zur Bestimmung der Kostenbelastung wird oftmals die sogenannte Gesamtkostenquote TER (Total Expense Ratio) verwendet. Sie erfasst alle Kosten, die sich aus der laufenden Verwaltung des Fonds ergeben. Diese Kosten werden über ein Geschäftsjahr ermittelt und durch den durchschnittlichen Nettoinventarwert des Fonds während dieses Jahres geteilt. Nicht erfasst werden allerdings Transaktionsspesen sowie die indirek­ten Kosten. In einigen Ländern werden auch Performancefees herausgerechnet. Insofern ist der Begriff eigentlich irreführend, da er 1) nur den offensichten Fixkostenanteil beinhaltet und 2) bei Fonds mit hohen Mittelbewegungen oder Umschichtungen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten erfasst.

In den USA ist die Kostenbelastung durch Verwaltungsaufwendungen grundsätzlich niedriger als in Europa, was auf das stärkere Kostenbewusstsein von Anlegern zurückgeführt werden kann. Darüber hinaus werden mehr Anlagegelder durch von Banken unabhängige Fondsgesellschaften verwaltet, die erfahrungsgemäß eine sehr viel größere Rolle auf die Minimierung der Kosten legen. Diese beiden Faktoren erklären relativ gut, wa­rum amerikanische Fonds normalerweise etwas besser sind als ihre europäischen Wettbewer­ber. Allerdings sollte dies keinen europäischen Anleger dazu verleiten, jetzt grundsätzlich amerikanische Pro­dukte zu bevorzu­gen. Die großen amerikanischen Fondsgesellschaften haben extra für ihre europäischen Kun­den Tranchen mit „europäischen“ Gebühren aufgelegt, um vom niedrigen Wettbewerb in Europa zu profitie­ren.

Im zweiten Teil geht es um die indirekte Kosten bei Investmentfonds


Erstveröffentlichung: Mit ruhiger Hand, 1. 10. 2012

* Kurzporträt des Autors

Die Analyse wurde verfasst von Karl-Heinz Thielmann. Er ist seit 12 Jahren unabhängiger Berater für Unternehmen, Vermögensverwaltungen und Privatpersonen in Kapitalmarktfragen. Darüber hi­naus ist er Dozent für globale Volkswirtschaftslehre an der Karlshochschule International University in Karlsruhe. Davor war er 4 Jahre als Analyst für europäische Aktienmärkte beim Dresdner Bank Investment Research sowie 7 Jahre als Fondsmanager beim Deutschen Investment Trust DIT (heute: Allianz Global Investors) tätig.

Während seiner Zeit als Fondsmanager beim DIT hat Karl-Heinz Thielmann an der Konzeption vieler Produkte mitgewirkt und zahlreiche Anerkennungen für herausragende Performance bekommen. Darunter waren mehrere Standard & Poor’s Micropal Awards sowie Auszeichnungen als Finanzen Fondsmanager des Jahres. Auch in den Jahren als unabhängiger Berater konnte er nachweisbar sei­ner Kunden überwiegend zu einem weit überdurchschnittlichen Anlageergebnis verhelfen.

Die LONG-TERM INVESTING Research AG – Institut für die langfristige Kapitalanlage ist eine Ana­lyse- und Beratungsgesellschaft, die speziell auf die Bedürfnisse langfristiger Anleger ausgerichtet ist. Sie ist völlig unabhängig von Finanzinstituten und verfolgt keinerlei Vertriebsinteressen für Finanzpro­dukte. Stattdessen wird auf objektive Analyse gesetzt, wobei auch auf neuste Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung über Kapitalmärkte zurückgegriffen wird.

Dieter Fromm Dezember 4, 2012 um 10:18 Uhr

Guten Morgen Herr Thielmann,
ich bin gespannt auf den zweiten Teil Ihrer Ausführungen und insbesondere auf Ihr Fazit. Wenn ich richtig vermute, werden die direkten Kosten, die Sie heute beschreiben, und die indirekten Kosten im folgenden 2. Teil die Hauptursache dafür sein, dass viele Fonds schlechter als der Index sind.
Wir haben bei einem durchschnittlichen Fonds errechnet, dass alleine die Kostenanteile die für den Vertrieb gezahlt werden, sich in neuen Jahren bei einem durchschnittlichen Aktienfonds auf rund 14 % belaufen (www.moneymeets.com Kurzfilm „Beste Preise“). Dabei haben wir sogar schon unterstellt, dass die Fonds über die gesamte Zeit gehalten werden.
Dies sowie Ihr wichtiger Hinweis, dass der mangelnde Wettbewerb in Europa durch die US-Fondsgesellschaften durch künstlich verteuerte Tranchen „ausgenutzt“ wird, schreit nach mehr Transparenz zu den Kosten der einzelnen Fonds und gibt die m. E. klare Tendenz für den Verbraucher vor: Neben gutem Management ist eine Verringerung der Kostenstruktur ein signifikanter Ertragsvorteil. Berücksichtigt man diese beiden Kriterien wird man unter den vielen tausend Fonds exzellente Investmentmöglichkeiten finden. moneymeets.com hilft dabei. Das soziale Netzwerk für Finanzfragen bietet zu allen Fonds kostenlose vierseitige Factsheets mit umfangreichen Performance- und Kostendaten sowie Vergleichsmöglichkeiten an. Als erster Anbieter auf dem Markt werden die Vertriebskosten zu allen Fonds komplett transparent gemacht und zu bis zu 66 % davon an den Anleger zurückgezahlt.
Freundliche Grüße
Dieter Fromm

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