Mittlerweile zu riskant: Warum die Postbank als Liquiditätslieferant für die Deutsche Bank ausgedient hat

by Dirk Elsner on 27. April 2015

imageDie Deutsche Bank wirft also mal wieder ihre Privatkundenstrategie um. Am vergangenen Freitag verkündete das Institut erneut einen Umbau, den sie heute noch einmal erläutern wird. Begleitet wird dies von einem intensiven Storytelling in einigen Medien, mit dem schon vorab der Boden für eine breite Akzeptanz vorbereitet werden soll.

Im Archiv meines Blogs fand ich den Beitrag aus 2008 “Postbank und Deutsche Bank macht wenig Sinn”. Damals hatte Josef Ackermann auf einer Tagung gesagt, eine solche Beteiligung passe strategisch und dies unbestritten. Der Deutsche-Bank-Konzern sollte damals unabhängiger vom schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft gemacht werden.

Ich hatte bereits in der Frühzeit meines Blogs Zweifel an der Strategie, weil die Deutsche Bank sich vorher kaum für das Privatkundengeschäft interessierte. Zu einem der vielen Strategiewechsel des größten deutschen Kreditinstitutes gehörte es, das Privatkundengeschäft in die Bank 24 auszulagern* und ein paar Jahre später wieder zurückzunehmen.

Ich sah also damals den Sinn der Postbank-Beteiligung nicht. Auf der Kundenseite waren keine Synergieeffekte erkennbar und ich konnte mir nicht vorstellen, dass in den Filialen der Postbank Produkte der Deutschen Bank verkauft werden. Einzig im Backofficebereich hätte man Synergien erzielen können. Aber die Deutsche Bank hat bereits vor einigen Wochen die Entwicklung einer gemeinsamen IT-Plattform ausgesetzt.

Mein Zweifel äußerte ich damals noch vor der großen Finanzkrise. Nach der Pleite von Lehman und der Vertrauenskrise der Banken untereinander – ältere Semester werden sich daran erinnern – versiegt der private Geldmarkt. Banken mochten sich kaum noch Geld untereinander leihen. Und auch am Anleihemarkt, über den sich die Deutsche Bank hauptsächlich finanzierte, wurden plötzlich hohe Risikoprämien verlangt, so dass sich die Refinanzierung verteuerte, sofern sie überhaupt ohne staatliche Garantien möglich war. Da passte die Postbank wunderbar ins Konzept der Deutschen Bank. Denn über die vielen kurzfristigen Einlagen konnte man sich im Zweifel wunderbar finanzieren. Damals schrieb die Zeit:

“Um die Abhängigkeit von den Unbilden der Märkte zu verringern, will etwa die Deutsche Bank die Postbank kaufen, die über 200 Milliarden Euro Kundeneinlagen verfügt.”

Vor dem Hintergrund der heißen Phase der Finanzkrise machte also die Postbank absolut Sinn und ihr Kauf war ein kluger Schachzug, der die Deutsche Bank vielleicht sogar vor der direkten Hilfe aus dem staatlichen Rettungsschirm bewahrt hatte. Aber was damals ein Segen war, ist heute eine große Last geworden. Die kurzfristigen Einlagen werden längst nicht mehr gebraucht. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Die Niedrigzinsen, die Abflachung der Zinsstrukturkurve und die Liquiditätsregulierung im Zusammenhang mit Basel III** machen kurzfristige Einlagen heute zu einer tickenden Zeitbombe. Kurzfristiges Geld zu niedrigen Zinsen aufzunehmen und längerfristig zu höheren Zinsen zu verleihen (Fristentransformation), birgt heute enorme Risiken und ist von den Regulatoren nicht mehr gewollt. Das Handelsblatt wies bereits 2010 auf das gefährliche Spiel der Banken mit den kurzfristigen Zinsen hin. Glück für viele Institute war bisher, dass die Zinsen noch weiter gesunken waren. Aber irgendwann wird das vorbei sein. Viele Banker sagen mittlerweile, eigentlich müsse man auch die normalen Spar- und Tagesgeldeinlagen mit einer negativen Verzinsung ausstatten. Davor scheuen aber noch viele Banken und erhöhen somit die eigenen Risiken.

Das wissen natürlich auch die Manager der Deutschen Bank. Die Postbank wird als Liquiditätslieferant nicht mehr gebraucht. Im Gegenteil. Sie ist sogar zu einem großen Risiko geworden, wie alle Banken die Fristentransformation betreiben. Der Schritt, sich von der Postbank zu trennen, macht unter diesem Gesichtspunkt absolut Sinn, ist aber eher eine taktische als eine langfristige strategische Maßnahme. Vor diesem Hintergrund kann freilich niemand ernsthaft Aktien der Postbank kaufen. Aber jede Wette, dass die Deutsche Bank diese Risiken hübsch hinter wolkigen Worten verpacken wird und uns das professionelle Storytelling eine ganz andere Geschichte servieren wird. Heute im Laufe Tages erfahren wir mehr.


* Die Süddeutsche erinnerte jüngst an die “Bank 24”-Episode:

“Postbank-Chef Frank Strauß dürfte in diesen Tagen ein Déjà-vu-Erlebnis haben: Er war vor gut 15 Jahren an verantwortlicher Stelle bei der "Deutschen Bank 24". In ihr bündelte Deutschlands größtes Geldhaus damals sein Geschäft mit den normalen Privatkunden, während das Investmentbanking, das Firmenkundengeschäft und die Vermögensverwaltung bei der Kernbank blieben.”

** Hier geht es um vergleichsweise komplex klingende Anforderungen, die insbesondere unter den Stichworten Net Stable Funding Ratio (NSFR) und Liquidity Coverage Ratio (LCR) von Banken eine systematischere Steuerung ihrer Liquidität verlangt.

PS

Ich hatte in der vergangenen Woche bereits in mehreren Beiträgen (zuletzt hier: Gefahr für Finanzmarktstabilität? 5,8 Billionen Dollar Zinsrisiko für Staatsschulden (Teil 2) auf die Risiken aus steigenden Zinsen für Banken und das Finanzsystem hingewiesen. Das Thema Fristentransformation hatte ich da noch ausgeklammert. Das werde ich in den nächsten Tagen nachholen.

Berichte zum Verkauf der Postbank

Claudius April 27, 2015 um 05:51 Uhr

„Die Deutsche Bank verkauft die Postbank. Wenn die Comerzbank kauft, würde daraus ein Unternehmen, in dem der Name Programm wäre : Compostbank“ (Dirk Müller)
Das hat Dirk Müller auf Facebook dazu veröffentlicht. Ich bin mal gespannt wie die Geschichte um die Postbank weiter gehen wird…

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