Nachrichten-Wildwest an den Finanzmärkten macht Durchatmen unmöglich

by Dirk Elsner on 30. September 2008

Die Finanzmärkte spielen wirklich verrückt. In diesen Tagen passieren Dinge, werden Entscheidungen getroffen und Informationen veröffentlicht, die sonst über Tage und Wochen von Wirtschaftsexperten diskutiert werden. Heute sind es bestenfalls Randnotizen. Hier eine Auswahl:

  1. Die Meldung des Tages kommt von Spiegel Online: „US-Parlamentarier verschwinden nach dem Riesencrash in den Urlaub. Mit Angst sehen die Amerikaner den kommenden Stunden entgegen: Stürzen die Börsen nach dem Scheitern des Rettungspakets weiter ab? Die Kongressabgeordneten, die für das Debakel mitverantwortlich sind, gingen dagegen erst einmal in den Kurzurlaub. Experten sind entgeistert.“
  2. Auf die Banken kommt ein neues Problem zu, wie die FTD berichtet: Firmen wie General Motors und Goodyear nehmen ihre revolvierenden Kreditlinien in Anspruch – nicht, weil sie das Geld brauchen, sondern um einer Finanzierungskrise vorzubeugen. Die Finanzbranche ist alarmiert.
  3. BayernLB mit Problemen, berichtet u.a. die Welt: „Die erneute Verschärfung der Finanzkrise bringt offenbar auch die BayernLB in Bedrängnis. Nach Informationen der WELT hat die angeschlagene Landesbank erhebliche Bonitätsprobleme. Das Kreditinstitut brauche in naher Zukunft eine Kapitalerhöhung, hieß es in Finanzkreisen. Dazu komme ein massives Kostenproblem: Mit fast 20 000 Mitarbeitern sei die Bank gemessen an ihren Erträgen eindeutig überdimensioniert.“
  4. Die irische Regierung hat eine Garantie für alle Bankeinlagen für die nächsten zwei Jahre abgegeben.
  5. Der Kurs der gestern gebeutelten Hypo Real Estate schnellt trotz der Turbulenzen um zeitweise 30% nach oben.
  6. Nach dem Einbruch an der Wall Street hat die Deutsche Börse für den Handel in Frankfurt in diesem Jahr erneut den sogenannten Fast-Market-Status ausgerufen. Die Ausnahmeregel für den Handel auf dem elektronischen Xetra-System tritt in besonders hektischen Marktphasen in Kraft. Für Anleger erhöht dies das Risiko.
  7. Die Weltpresse kritisiert den naiven Umgang europäischen Politiker mit der Finanzkrise. Insbesondere die der australische Business Spectator rät „Finanzminister Peer Steinbrück zu mehr Demut und Bescheidenheit: Er solle nicht darüber schwadronieren, dass die USA ihren Supermacht-Status verlieren werden, sondern sich glücklich schätzen, dass die Krise nicht in Berlin, Paris oder Rom passiert sei. „Das europäische Bankensystem ist längst nicht so gesund, wie es scheint“, das Drama um die belgische Bank Fortis zeige dies beispielhaft. Fakt sei, dass viele europäische Banken inzwischen viel zu groß seien, als dass eine Regierung im Falle einer Krise wie der in den USA noch aushelfen könne. „Fraglich wäre auch, von wo aus ein Hilfspaket schnell und unbürokratisch geschnürt werden könnte. In der Zeit, die es braucht, um alle europäischen Minister in Brüssel zusammen zu bekommen, wäre der Finanzmarkt doch schon längst kollabiert“, höhnt das Blatt. Auch wenn die Amerikaner einen noch besseren Rettungsplan gebrauchen könnten – was Europa noch viel mehr brauche sei ein System, mit dessen Hilfe ein solches Hilfspaket überhaupt möglich wäre.“
  8. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im September um 115 000 auf 3,081 Millionen gesunken. Das waren 463 000 weniger als vor einem Jahr, berichtete das Handelsblatt. Der Arbeitsmarkt zeige sich bisher von der Abschwächung der konjunkturellen Dynamik und den Turbulenzen an den Finanzmärkten unbeeindruckt.
  9. Belgien, Frankreich und Luxemburg wollen den angeschlagenen Immobilienfinanzierer Dexia mit einer Kapitalerhöhung in Höhe von 6,4 Mrd. Euro retten.
  10. Die Millionen-Überweisung an die insolvente US-Investmentbank Lehman Brothers hat weitere Folgen: Nachdem das Förderinstitut KfW bereits gestern zwei Vorstände entlassen hat, schickt das Institut nun einen Bereichsleiter in den Vorruhestand.

  11. Die Reaktionen auf den „Schwarzen Montag“ in den USA fasst Spiegel Online lesenswert zusammen: Dort heißt es u.a. „In San Francisco witzelt ein Mann in einem Café über die Folgen des schwarzen Montags: „Ich hörte, sie springen inzwischen schon wieder von der Golden Gate Bridge – dieses Mal von der Westseite. Das zeigt, wie verzweifelt sie sind.“ Denn an der Westseite der Brücke wartet der Pazifik – dort ist die Rettung schwieriger.“
  12. Die deutsche Financial Times nimmt in einem Dossier unter dem Titel „Banken unter Generalverdacht“ die Überlebensfähigkeit von Geldinstituten ins Visier.
  13. Das Wallstreet Journal gibt Tipps angesichts des Anlagenotstandes von Kapitalanlegern, die nicht wissen, wo sie ihre Geld überhaupt noch anlegen können. Interessantes Schlusswort: Die einzige wahre Sicherheit ist die der Überraschung. Aktuell sollte man darüber nachdenken, welche positiven Auswirkungen die aktuell Krise hat, wie z.B. das Fallen des Ölpreises, die niedrigen Zinsen und andere Möglichkeiten, die im Moment noch keiner vorhersehen kann.
  14. Time berichtet über Untersuchungen der Buchhaltungspraxis bei den von der US-Regierung übernommenen Hypothekenfinanzierern Fannie Mac and Freddie Mac
  15. Und dann ist da noch die politische Topnachricht des Tages zum „Wahlcrash“ in Bayern: Der Rücktritt eines bayerischen CSU-Vorsitzenden.

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