Netzwerken für den Untergang der Ökonomie

by Dirk Elsner on 18. November 2008

Etwas voreilig, wie ich finde, präsentierte das Handelsblatt unter der Überschrift „Warum Netzwerken reich macht“ die Studie eines amerikanischen Forscherteams, dass die Frage untersucht hat, welche Wirkungen persönliche Netzwerke auf die Performance von Investmentmanagern haben. Die Überschrift des Artikels nimmt das Ergebnis der Studie vorweg. Eine Antithese dazu lautet: Netzwerken nützt den Netzwerkern, schadet aber der Ökonomie.

Entscheidungen für Kunden oder Dienstleister, die auf Basis von Netzwerkverbindungen getroffen werden, haben Vor- und Nachteile für die Entscheider. Ein Vorteil liegt sicher darin, dass die für Geschäftsverbindungen wichtige Vertrauensbasis schon vorhanden ist bzw. sein sollte. Ob sie tatsächlich stark ist, hängt dabei auch von der Intensität der Verbindung ab. So vertraue ich persönlich einem guten Studienkollegen mehr als einem gespeicherten Xing-Kontakt.

Ein wesentlicher Nachteil liegt allerdings darin, dass das Stützen auf Netzwerke dazu führen kann, dass Unternehmen nicht den besten Dienstleister im Sinne eines sachgerechten Preis-Leistungsverhältnisses auswählen, sondern ökonomiefremde Kriterien den Ausschlag für eine Entscheidung geben. So kann  Netzwerken auch zu einem Problem für Unternehmen werden.

Dieser Effekt wird verstärkt, wenn es im Leistungsverhältnis zwischen Unternehmen, die über Netzwerke zueinander gefunden haben, zu Leistungsstörungen kommt. Besteht eine Geschäftsbeziehungen aufgrund von Netzwerken, dann besteht die latente Gefahr, dass diese Leistungsstörung verharmlost und im schlimmsten Fall sogar ignoriert wird. Andererseits sind möglicherweise Probleme in der Leistungsbeziehung einfacher zu beheben.

Die Datenbasis der vom Handelsblatt besprochenen Studie reicht bis zum Jahre 2006 und soll die These, Networking hilft den Vermögensverwaltern, bestätigen. Der anschließende Zeitraum bis heute ist in dem im Mai 2008 erschienen Papier nicht berücksichtigt.

Interessant wäre es nämlich zu erfahren, wie gut die Netzwerke in der aktuelle Krisensituation funktionieren. Vielleicht gibt es sogar weitere Anhaltpunkte für meine Antithese. Diese könnte lauten, dass die aktuelle Krise, die ja insbesondere auch eine Managementkrise ist, dadurch verursacht ist, dass gerade nicht die „besten“ Führungskräfte, Risikomanager und Vertriebsleute ausgewählt wurden, sondern diejenigen, zu denen die besten Netzwerkverbindungen bestanden. Und möglicherweise habe viele Manager in den letzten Jahren die Risiken auch deswegen falsch eingeschätzt, weil zu den Geschäftspartnern, von denen sie die Risiken eingekauft haben, ein so ausgezeichnetes Netzwerk bestand. Da wurde dann vertraut statt kontrolliert. Unplausibel ist dies jedenfalls nicht.

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